TAG-Co-Chef - Deutsche Immobilienpreise könnten weiter fallen

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- von John O'Donnell und Tom Sims und Matthias Inverardi

Düsseldorf (Reuters) - Den von der Immobilien-Krise gebeutelten Wohnungskonzernen könnte ein weiterer Werteverfall ihrer bereits von milliardenschweren Abwertungen betroffenen Bestände ins Haus stehen.

"Wir erwarten weitere Bewertungsverluste", sagte Martin Thiel, Finanzvorstand und Co-Chef des Konzerns TAG Immobilien, der Nachrichtenagentur Reuters. Im Vergleich zu den Allzeithochs aus dem Sommer 2022 könne es bis Sommer 2024 zu einer "Wertreduktion im (..) Wohnungsportfolio in Deutschland von 20 Prozent" kommen. Es müssten aber auch Vorkehrungen für einen Werteverfall in einer Höhe von 30 Prozent getroffen werden - "den Puffer muss man jetzt einfach haben".

Thiels Aussagen sind brisant für die gesamte Branche - mussten doch auch Konkurrenten wie die LEG Immobilien und Branchenprimus Vonovia ihre Bestände im vergangenen Jahr deutlich abwerten. Vonovia etwa schrieb dadurch per Ende September einen Verlust von rund 3,8 Milliarden Euro.

Rasant gestiegene Zinsen der EZB, explodierende Baukosten, die hohe Inflation und ein Ausbleiben von großen Transaktionen haben den über Jahre vom Wachstum verwöhnten Immobilien-Konzernen zu schaffen gemacht. Zahlreiche Projektentwickler waren durch die Krise bereits im vergangenen Jahr in die Schieflage geschlittert. Die Wohnungskonzerne halten in der Krise ihr Geld zusammen, sie hatten in der Vergangenheit ihre Expansion mit hohen Krediten finanziert. Investitionen in neue Wohnungen gibt es kaum noch. Ein weiterer Verfall der Preise für Wohnimmobilien könnte die Unternehmen empfindlich treffen - denn dann könnten sich weitere Milliarden-Werte in Luft auflösen.

Vonovia-Chef Rolf Buch rechnet allerdings nicht mit deutlichen Abwertungen im laufenden Jahr. Offenbar habe der Markt den Tiefpunkt erreicht, sagte Buch, dessen Konzern über einen Bestand von knapp 550.000 Wohnungen verfügt, zu Reuters. Die Zinsen hätten ihren Höhepunkt erreicht, das Mietwachstum beschleunige sich und potenzielle Käufer zeigten wieder mehr Interesse. Wie bei einem Formel-1-Rennen werde Vonovia bald das Ende der Kurve erreichen und dann wieder Gas geben können. "Dieser Moment kommt näher - aber aktuell stehen wir noch auf der Bremse", bilanzierte er.

Bei Vonovia hatte sich das aus der Abwertung resultierende Minus zum Halbjahr 2023 auf 6,4 Milliarden Euro summiert. Vonovia hatte den Verkehrswert des Immobilienbestandes damals um knapp sieben Prozent nach unten korrigieren müssen, insgesamt sind es bislang rund zehn Prozent. Abwertungen treiben auch den Verschuldungsgrad (LTV) der Konzerne in die Höhe. Dieser ist wiederum zentrale Kennzahl bei der Beschaffung von Krediten und deren Konditionen.

Lars von Lackum, Chef des kleineren Konkurrenten LEG Immobilien mit knapp 170.000 Wohnungen, rechnet nicht mit Abwertungen von bis zu 30 Prozent. Er erwarte nicht, dass dies im deutschen Markt für Wohnimmobilien passieren könnte. "Der Markt wird nicht implodieren", sagte er Reuters. Die LEG werde auch 2024 einige Immobilienpakete verkaufen. Unter Zugzwang stehe sie dabei aber nicht. "Der Transaktionsmarkt ist eben wahnsinnig schwer", beklagte TAG-Co-Chef Thiel: "Man sieht ja kaum große Transaktionen." Aber auch er sieht für sein Unternehmen keinen Verkaufsdruck.

Nach einer Erhebung des Beratungsunternehmens EY hatte Vonovia 2023 für die vier größten Wohnimmobilien-Transaktionen in Deutschland gesorgt - alles Verkäufe. Der Bochumer Konzern, die LEG und weitere Wohungskonzerne werden nun mit ihren Jahresabschlüssen publik machen, ob sie zum Ende 2023 weitere Wertminderungen auf ihre Immobilien verkraften mussten - und welche Erwartungen sie an 2024 knüpfen. Vielleicht wird dann klarer, wann Buch wieder Gas geben kann.

(Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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