Studenten und Azubis besonders armutsgefährdet - Hohe Wohnkosten

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2024. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

Berlin (Reuters) - Studierende und Auszubildende sind besonders armutsgefährdet.

Auf gut ein Drittel (35 Prozent) aller Studentinnen und Studenten trifft dies zu, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Bei den Azubis sind es 18 Prozent. Dies gelte jeweils unabhängig davon, ob sie allein, in Wohngemeinschaften oder noch im Elternhaus wohnen. Höher ist das Armutsrisiko allerdings für diejenigen, die allein oder nur mit anderen Studierenden und Auszubildenden zusammenlebten: Unter ihnen betrug die Armutsgefährdungsquote 77 beziehungsweise 54 Prozent. Zum Vergleich: Insgesamt gelten gut 14 Prozent der Bevölkerung in Deutschland als armutsgefährdet.

Armutsgefährdet ist der gängigen Definition zufolge, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2023 lag dieser Schwellenwert für Alleinlebende in Deutschland bei 1314 Euro netto im Monat. Um das Einkommen vollständig zu erfassen, wird das Jahreseinkommen erfragt. Dadurch beziehen sich die Fragen zum Einkommen auf das Vorjahr der Erhebung, in diesem Fall also auf 2022.

"Geringen finanziellen Spielraum lassen Studierenden und Auszubildenden vor allem auch ihre Ausgaben für Wohnen", betonten die Statistiker. "Das gilt insbesondere für diejenigen, die nicht mehr im Elternhaus, sondern allein oder mit anderen Studierenden und Auszubildenden zusammenleben." Im vergangenen Jahr lag der durchschnittliche Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen für diese Studierenden bei 54 Prozent, für die Azubis bei 42 Prozent. Zum Vergleich: Die Wohnkostenbelastung der Gesamtbevölkerung beträgt 25 Prozent.

"STUDIERENDE SPÜREN MIETEXPLOSION IN STÄDTEN GANZ STARK"

Die Hälfte der Studierenden mit eigener Haushaltsführung hat den Angaben zufolge weniger als 867 Euro im Monat zur Verfügung. Bei den Azubis lag dieses sogenannte mittlere Nettoäquivalenzeinkommen bei 1240 Euro. "Dass viele Studierende und Auszubildende über ein insgesamt vergleichsweise geringes Einkommen verfügen, liegt auch daran, dass sie sich in einer Lebensphase befinden, in der sie in ihre Ausbildung und somit in ihr Humankapital und in ihr späteres Berufsleben investieren", erläuterten die Statistiker.

Der Paritätische Gesamtverband warnte vor weiterer Verarmung von Studierenden in Deutschland. "Wer studiert, soll sich auf seine Bildung konzentrieren können und sich nicht ständig Sorgen um den Geldbeutel machen müssen", erklärte Verbands-Hauptgeschäftsführer Joachim Rock. "Studierende spüren die Mietexplosion in den Städten ganz besonders stark. Die Wohnkostenpauschale hält hier nicht Schritt und muss kurzfristig angepasst werden." Mittelfristig sei mehr bezahlbarer Wohnraum für Studierende nötig. Rock bemängelte, dass die finanzielle Ausbildungsförderung BAföG bei ihren regelmäßigen Anhebungen kaum mit den allgemeinen Lohnkostensteigerungen mithalte. "Wir brauchen eine Anpassung des BAföGs an das Bürgergeld und eine regelmäßige gesetzliche Fortschreibung."

(Bericht von Rene Wagner und Klaus Lauer, redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

onvista Premium-Artikel

Das könnte dich auch interessieren