Konjunkturängste machen Dax und Euro zu schaffen

Frankfurt (Reuters) - Rezessionssorgen haben den Anlegern am Freitag die Lust auf Aktien genommen.
Der Dax rutschte nach enttäuschenden Einkaufsmanagerindizes aus der Euro-Zone ins Minus und verlor zeitweise 0,6 Prozent auf 19.036 Zähler. Noch deutlicher fiel der Kurseinbruch beim Euro aus, der um bis zu 1,3 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Tief von 1,0333 Dollar fiel. Die Daten hätten den Hoffnungen auf eine baldige Konjunkturwende zum Besseren einen spürbaren Dämpfer versetzt, erklärte Commerzbank-Analyst Ralph Solveen. "Die Wirtschaft im Winterhalbjahr dürfte weitgehend stagnieren." Dabei werde Frankreich neben Deutschland zusehends zum zweiten Schwachpunkt der Währungsunion.
Der Einkaufsmanagerindex für die Euro-Zone sank überraschend um 1,9 auf 48,1 Punkte. Das Barometer rutschte damit wieder unter die Wachstumsschwelle von 50 Zählern. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem unveränderten Wert von 50 Punkten gerechnet. Der Indikator fasst Industrie und Dienstleister zusammen und fußt auf Einschätzungen von Führungskräften zum Geschäftsumfeld.
ANLEGER SETZEN AUF WEITERE ZINSSENKUNGEN DER EZB
Die enttäuschenden Konjunkturdaten fachten auch die Zinssenkungsfantasien vieler Anleger wieder an. "Die Märkte reagieren, weil sie meinen, die EZB müsse mehr tun", sagte Frederik Ducrozet von Pictet Wealth Management. Am Anleihemarkt ging in Erwartung einer weiteren geldpolitischen Lockerung der Europäischen Zentralbank (EZB) vor allem der Zins kürzer laufender Staatspapiere in die Knie. Die Rendite der zweijährigen deutschen Bonds fiel mit 1,979 Prozent auf den tiefsten Stand seit Dezember 2022. Am Geldmarkt wird die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung um 50 Basispunkte bei der EZB-Sitzung im Dezember nun auf über 50 Prozent taxiert. Vor der Veröffentlichung der Einkaufsmanagerindizes hatte die Wahrscheinlichkeit dafür noch bei 20 Prozent gelegen. Die EZB hat angesichts der rückläufigen Inflation bereits dreimal den Leitzins in diesem Jahr gesenkt.
Bei den Einzelwerten hatten die Bankaktien angesichts der Konjunkturängste das Nachsehen. Der europäische Branchenindex fiel um bis zu 2,7 Prozent. Im Dax bildeten die Titel Deutschen Bank und der Coba mit Abschlägen von 3,4 beziehungsweise 2,7 Prozent die Schlusslichter. Die Aussicht auf fallende Zinsen, aber auch die Furcht vor Kreditausfällen sorgten laut Börsianern für die Abverkäufe.
Profiteure der Zinssenkungsfantasien waren dagegen die Immobilienwerte. Mit zu den größten Gewinnern im Dax gehörten Vonovia, die 3,7 Prozent zulegten. LEG und TAG Immobilien gewannen im MDax jeweils rund 4,5 Prozent, Aroundtown rückten um 3,5 Prozent vor. Der europäische Sektorindex notierte 2,7 Prozent höher.
GOLD ALS SICHERER HAFEN GEFRAGT
Am Rohstoffmarkt richteten die Anleger ihren Fokus vor allem auf Gold. Das Edelmetall war aufgrund der Furcht vor weiteren Eskalationen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine als sicherer Hafen gefragt. Es verteuerte sich um bis zu 1,5 Prozent auf 2.709 Dollar je Feinunze und näherte sich damit wieder seinen Rekordstand von Ende Oktober mit 2790,15 Dollar je Feinunze. Den USA zufolge hat Russland bei seinem Angriff auf die Stadt Dnipro in der Ukraine am Donnerstag eine noch nie zuvor eingesetzte ballistische Mittelstreckenrakete abgefeuert. Laut einer Pentagon-Sprecherin könnte die Rakete so umgerüstet werden, dass sie verschiedene Arten von konventionellen oder nuklearen Sprengköpfen tragen kann. Auf der Suche nach risikoarmen Investments trieben die Investoren auch die US-Währung nach oben - der Dollar-Index stieg in der Spitze um ein Prozent auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 108,0710 Punkte.
Eher enttäuschend fiel der Handelstag für die Bitcoin-Anleger aus. Nach einem erneuten Anlauf auf die 100.000-Dollar-Marke rutschte die älteste und wichtigste Cyber-Devise am Freitagvormittag wieder unter 99.000 Dollar. In der Nacht war sie noch auf ein Rekordhoch von 99.525,18 Dollar gestiegen. Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten Anfang November hat der Bitcoin-Kurs rund 40 Prozent zugelegt. "Viele Investoren verbinden mit Trump die Hoffnung auf eine Lockerung der Regulierungen für Kryptowährungen", erklärten die Analysten der LBBW.
(Bericht von: Daniela Pegna. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)