Bank-Debakel

Schweizer Abgeordnete rügen Versäumnisse der Behörden vor Credit-Suisse-Kollaps

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)
Quelle: Kent Johansson/Shutterstock.com

Zürich (Reuters) - Die obersten Behörden in der Schweiz haben beim Niedergang der Credit Suisse nach Ansicht einer Untersuchungskommission zahlreiche Fehler begangen.

Zu diesem Ergebnis kommen die 14 Abgeordneten der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) nach einer 18-monatigen Untersuchung des Zusammenbruchs des einst zweitgrößten Bankhauses des Landes. Die Finanzmarktaufsicht Finma habe der Credit Suisse zu viele Eigenmittelerleichterungen gewährt und sich mit ihren Forderungen nach einem Kurswechsel bei der Spitze des Instituts zu wenig durchgesetzt, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Bericht. Dem damaligen Finanzminister wirft die PUK Geheimniskrämerei vor. Die Behörden seien aber nicht verantwortlich für den Kollaps. "Die PUK beurteilt das jahrelange Missmanagement der CS als ursächlich für die Krise."

Denn die Credit Suisse blickte auf eine jahrelange Pannen- und Skandalserie zurück, die schließlich zu einem Bankensturm führte. Im März 2023 orchestrierte die Schweizer Regierung eine Notübernahme durch die Rivalin UBS. Diese half zwar, eine weltweite Finanzkrise zu verhindern. Doch das Ende der eng mit der Geschichte des Landes verbundenen Credit Suisse erschütterte das auf Solidität und finanziellen Sachverstand gründende Selbstverständnis der Schweiz.

"DRINGENDER HANDLUNGSBEDARF"

Als Form der Krisenverarbeitung nahm die PUK ab Juni 2023 die Arbeit der Behörden wie der Finma, der Regierung und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) unter die Lupe. Eine PUK ist das schärfste Instrument des Schweizer Parlaments und wurde in der modernen Geschichte des Landes damit erst fünfmal eingesetzt. Nach Ansicht der Untersuchungskommission haben die Regierung und das Parlament den Anliegen der Großbanken ab 2015 zu viel Gehör geschenkt und internationale Standards zu zögerlich umgesetzt. Die Finma habe ihre Aufsichtstätigkeit zwar intensiv ausgeübt, diese habe aber nur eine eingeschränkte Wirkung gezeigt. Die PUK bedauere, dass die Finma keine Tätigkeitsverbote für Verantwortliche ausgesprochen habe. Nicht nachvollziehbar sei auch, dass die Behörde der CS 2017 umfassende Eigenmittelerleichterungen gewährt habe. "Aus Sicht der PUK besteht dringender Handlungsbedarf hinsichtlich der Gewährung von Erleichterungen an systemrelevante Banken."

Als Reaktion auf die Krise hatte die Schweizer Regierung im April 2024 einen Bericht zur Reform der Bankenregulierung vorgelegt und darin unter anderem strengere Eigenmittelanforderungen für den Brachenprimus empfohlen. Demnach könnte die UBS weitere 15 bis 25 Milliarden Dollar an Kapital benötigen. Die UBS versucht indes, umfangreiche zusätzliche Kapitalanforderungen zu verhindern, weil sie befürchtet, damit an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Die Regierung will in der ersten Hälfte 2025 Entwürfe für Änderungen von Gesetzen und Verordnungen vorlegen.

BONI VON 40 MILLIARDEN FRANKEN

Im August 2022 sei die Regierung ein erstes Mal kurz über den kritischen Zustand der Credit Suisse informiert worden. In den darauffolgenden Monaten tauschten sich Behördenvertreter dem PUK-Bericht zufolge zwar immer wieder aus, doch nicht alle seien auf dem gleichen Wissensstand gewesen, "was ein früheres dezidiertes Eingreifen möglicherweise erschwert hat." Insbesondere die Information der Regierung habe zu wünschen übrig gelassen. Auch die informellen Treffen, die im Herbst vom ehemaligen Finanzminister Ueli Maurer und SNB-Präsident Thomas Jordan angestoßen wurden, stufte die Kommission als "bedingt zweckmäßig" ein. Gegen Ende des Jahres 2022 erklärte Maurer bei der Amtsübergabe an seine Nachfolgerin Karin Keller-Sutter, dass die Bank über die Festtage zwar Schwierigkeiten bekundet habe, die Lage jedoch stabil sei. Keller-Sutter wird vorgeworfen, das Kabinett nicht rasch genug über den möglichen weiteren Verlauf der Krise informiert zu haben.

Teil des Berichts sind auch 30 Lehren, um eine zukünftige Schieflage der letzten verbleibenden Schweizer Großbank zu verhindern. So müsse der Informationsaustausch verbessert werden. In kaum einem anderen Land ist eine Bank gemessen am Bruttoinlandprodukt so groß wie die UBS in der Schweiz. "Die PUK hält es deshalb für unerlässlich, diesen Umstand in der Regulierung angemessen zu berücksichtigen." Die Finma solle zusätzliche Befugnisse erhalten und etwa auch Geldbussen verhängen können. Und schließlich schlägt die PUK Maßnahmen vor, um falsche Anreize zu verhindern. So sollen keine Boni ausgezahlt werden, wenn der Geschäftserfolg eines Instituts ausbleibt. Bei der CS hätten sich die Leistungsprämien an die Manager zwischen 2010 und 2022 auf 39,8 Milliarden Franken summiert. Die Verluste des Konzern hätten sich im gleichen Zeitraum auf 33,7 Milliarden Franken belaufen.

(Bericht von Oliver Hirt und Dave Graham, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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