Kritik von Kirchen, SPD und Grünen an Asyl-Vorgehen der Union

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Berlin (Reuters) - Kurz vor der Bundestagsabstimmung über zwei Unions-Anträge für eine radikale Änderung der Asylpolitik und der Sicherheitsgesetze üben Kirchen, SPD und Grüne scharfe Kritik am Vorgehen von CDU und CSU.

"Wir stehen vor einem politischen Erdbeben", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, am Mittwoch mit Blick auf die möglicherweise entstehende Mehrheit von Union mit AfD, BSW und FDP. "So eine Person darf dieses Land nicht führen", fügte sie mit Blick auf Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hinzu, dem sie vorwarf, systematisch eine Zusammenarbeit mit der AfD vorzubereiten. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, bezeichnete das Vorgehen der Union als "eklatanten Dammbruch".

Dagegen sagte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien im Deutschlandfunk, dass die Gesellschaft eher dann ins Rutschen komme, wenn man angesichts von Gewalttaten wie in Aschaffenburg nicht handele. Deshalb halte sie das Vorgehen von CDU-Chef Merz für richtig. In Aschaffenburg waren vergangene Woche ein Kind und ein Mann bei einer Messerattacke durch einen offenbar psychisch gestörten 28-jährigen Afghanen getötet worden.

Der Bundestag wird nach einer Regierungserklärung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und einer anschließenden Debatte über zwei Unions-Anträge abstimmen. Umstritten ist vor allem der Antrag, der dauerhafte Kontrollen an den deutschen Grenzen und die Zurückweisung aller Flüchtlinge vorsieht. Die SPD, Grüne und Linke kündigten ihre Ablehnung an, weil die Unions-Pläne gegen deutsches und europäisches Recht verstießen und die Forderungen nichts mit der Tat in Aschaffenburg zu tun hätten.

KIRCHEN: "TONLAGE BEFREMDET UNS ZUTIEFST"

Umstritten ist daneben, dass erstmals eine Mehrheit mit der AfD zustandekommen könnte, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird. Kanzlerkandidat Merz betonte am Dienstag erneut, dass er keine Zusammenarbeit mit der AfD anstrebe. Dies hatte Kanzler Scholz am Dienstagabend angezweifelt. "Ich befürchte, (...) dass Friedrich Merz damit auch die Brandmauer zerstört, aber auch das Vertrauen in ihn als führenden Politiker in unserem Land beschädigt", sagte Grünen-Politikerin Mihalic.

Von der katholischen und der evangelischen Kirche kam ebenfalls scharfe Kritik an CDU und CSU: "Zeitpunkt und Tonlage der aktuell geführten Debatte befremden uns zutiefst. Sie ist dazu geeignet, alle in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten zu diffamieren, Vorurteile zu schüren und trägt unserer Meinung nach nicht zur Lösung der tatsächlich bestehenden Fragen bei", schreiben Prälatin Anne Gidion als Bevollmächtigte des Rates der EKD und Prälat Karl Jüsten für das Kommissariat der deutschen Bischöfe an die Bundestagsabgeordneten. "Die beiden großen Kirchen weisen hiermit darauf hin, dass die nun vorgeschlagenen Gesetzesänderungen nach aktuellem Wissensstand keinen der Anschläge verhindert hätten", heißt es in der Stellungnahme.

UNION WILL AM FREITAG AUCH GESETZ EINBRINGEN

Die Kirchen kritisieren auch die Abstimmung mit der AfD. "Die Fraktionen haben sich mit der Auflösung der Ampelkoalition darauf verständigt, keine Abstimmungen herbeizuführen, in der die Stimmen der AfD ausschlaggebend sind. Wir befürchten, dass die deutsche Demokratie massiven Schaden nimmt, wenn dieses politische Versprechen aufgegeben wird", heißt es mahnend in dem Brief. "Überrascht nicht, interessiert nicht", schrieb der CDU-Abgeordnete Steffen Bilger zu der Kritik der Kirchen auf der Plattform X.

SPD und Grünen wollen am Donnerstag ihrerseits Sicherheitsgesetze einbringen, die zuvor von der Union abgelehnt worden waren. Am Freitag will die Union dann wiederum über ein im Innenausschuss des Bundestags liegendes Gesetz zur "Zustrombegrenzung" abstimmen lassen, das unter anderem einen Stopp des Familiennachzugs für Personen mit eingeschränktem Schutzstatus vorsieht. Hier haben neben der Union die AfD, das BSW und die FDP bereits Zustimmung zugesagt. Erstmals könnte ein Gesetz damit nur mit Stimmen der Rechtspopulisten beschlossen werden.

(Bericht von Andreas Rinke, Holger Hansen. Redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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