Bitcoin: El Salvador setzt riesigen Meilenstein für die Kryptowährung – hat das kleine Land in Südamerika nun den Stein ins Rollen gebracht?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Ein überraschender Vorstoß des kleinen südamerikanischen Landes El Salvador hat Bitcoin und dem restlichen Krypto-Sektor neue Hoffnung verliehen und die Preise ordentlich nach oben schnellen lassen. Die Nation hat Bitcoin nun als erstes Land weltweit zum gesetzlichen Zahlungsmittel gemacht. Die Kryptowährung ist im Zuge dessen um knapp 7 Prozent gestiegen, zurück bis an die Marke von 35.000 Dollar, nachdem der Kurs am Vortag noch an der Marke von 31.000 Dollar gekratzt hatte.

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Das Parlament stimmte in der Nacht zum Mittwoch mit breiter Mehrheit für einen entsprechenden Vorschlag von Präsident Nayib Bukele. „Das wird finanzielle Inklusion, Investitionen, Tourismus, Innovation und wirtschaftliche Entwicklung für unser Land bringen“, twitterte Bukele kurz vor der Abstimmung im Kongress, der von seiner Partei und Verbündeten kontrolliert wird. Der Vorschlag erhielt 62 von 84 möglichen Stimmen und soll binnen 90 Tagen umgesetzt werden.

Die meisten Bewohner haben kein Bankkonto

70 Prozent der Bevölkerung des mittelamerikanischen Landes besitzen amtlichen Angaben zufolge kein Bankkonto. „Aber fast alle besitzen ein Mobiltelefon und können sich über eine App mit dem Finanzsystem verbinden“, sagte Spyros Galanis vom Department of Economics an der City, University of London. „Andererseits kann die extreme Preisvolatilität von Bitcoin ihn für Menschen, die relativ arm sind und keine übermäßigen Risiken eingehen wollen, ungeeignet machen.“

Keine Spekulation, sondern ein echter Anwendungsfall

Mit der Anerkennung von Bitcoin als Zahlungsmittel soll es den im Ausland lebenden Salvadorianern zudem erleichtert werden, Geld an ihre Familien in der Heimat zu schicken. Bislang gehe bei Überweisungen „ein großer Teil dieser sechs Milliarden Dollar an Vermittler verloren“, sagte Bukele kürzlich. Angaben der Weltbank zufolge machen die Überweisungen aus dem Ausland fast ein Fünftel des Bruttoinlandsproduktes aus – eine der höchsten Quoten der Welt. Experten warnen, dass der Bitcoin-Beschluss die Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erschweren könnte. Dort will sich El Salvador mehr als eine Milliarde Dollar leihen.

Seit 2001 wird in El Salvador nicht mehr eine einheimische Währung, sondern der US-Dollar benutzt. Dadurch ist das Land von der Geldpolitik der US-Notenbank abhängig. Für das Wirtschaftswachstum der Nation sei es nötig, die Zirkulation einer digitalen Währung zuzulassen, deren Wert allein von marktwirtschaftlichen Kriterien abhänge, heißt es im Gesetzestext. Zudem haben demnach etwa 70 Prozent der rund sechs Millionen Bewohner El Salvadors keinen Zugang zu traditionellen Finanzdienstleistungen.

Die Anerkennung von Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel ist unabhängig von der derzeitigen Preisentwicklung zudem ein riesiger Meilenstein für die Akzeptanz der Kryptowährung, da der Vorstoß des Landes nichts mit finanzieller Spekulation zutun hat, sondern auf der Grundlage eines echten Anwendungsfalls passiert. Durch Bitcoin wird die Gesellschaft von El Salvador in die Lage versetzt, ein funktionierendes Zahlungssystem zu nutzen, wo sie vorher mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln keinen Zugang hatte.

Hat El Salvador den Stein ins Rollen gebracht?

El Salvador ist ein praktisches Beispiel für die wahre Stärke der Technologie hinter Bitcoin, die abseits der Spekulation an den Finanzmärkten oder der Narrative in den westlichen Ländern liegt, dass Bitcoin als Inflationsschutz gegen die ausufernde Notenbankpolitik dienen kann. Es wird spannend sein zu sehen, ob weitere südamerikanische oder auch afrikanische Länder mit ähnlichen wirtschaftlichen Problemen dem Beispiel von El Salvador folgen werden und nun eine Welle der Adaption losgetreten wird. In Panama, Paraguay und auch von manchen Politikern in Brasilien und Mexiko wird bereits diskutiert, ob man entsprechende Schritte ebenfalls wagen soll.

„Das ist wichtig. Und Panama darf nicht zurückgelassen werden. Wenn wir ein echtes Technologie- und Unternehmertumszentrum sein wollen, müssen wir Kryptowährungen unterstützen. Wir werden einen Vorschlag vorbereiten, der auf der Versammlung präsentiert wird. Wer Interesse an einer Teilnahme hat kann mich kontaktieren“, sagte beispielsweise zuletzt Gabriel Silva, Kongressabgeordneter in Panama, auf Twitter.

Ähnliche Töne stößt auch Kongressabgeordneter Carlitos Rejala aus Paraguay an und pocht darauf, dass sich die Nation zusammen mit der jungen Generation weiterentwicklen muss. „Wie ich schon vor einiger Zeit sagte, muss sich unsere Nation Hand in Hand mit der neuen Generation entwickeln. Der Moment, unser Moment, ist gekommen. In dieser Woche starten wir ein neues Projekt, um Paraguy als weltweiter Vorreiter weiterzuentwickeln!“

Anders als in El Salvador sind es in den anderen lateinamerikanischen Ländern noch vereinzelte Politiker, die sich kryptofreundlich zeigen und einen Vorstoß wagen wollen, doch der Trend in dieser Region der Welt ist unübersehbar. Zudem ist die wirtschaftliche Lage in ganz Südamerika in einem Zustand, der geradezu nach einer Alternative schreit, um endlich aus dem Schuldensumpf und dem wirtschaftlichen Stillstand herauszufinden. Bitcoin als externes, lange geprüftes und sehr widerstandsfähiges Zahlungssystem könnte für diese Länder wie gerufen kommen, vor allem nach den letzten drei Jahren, in dem der Krypto-Sektor durch wachsende Adaption und das Überstehen eines langen Bärenmarktes gezeigt hat, dass die ganze Branche und die Technologie dahinter gekommen ist, um zu bleiben.

onvista-Redaktion/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: Travis Wolfe / Shutterstock.com

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