Drei Fragen an Bernecker: Wie schätzen Sie die Staatsbeteiligung an Hensoldt ein, holt VW langsam zu Tesla auf und hat Bitcoin jetzt das Gütesiegel „ernstzunehmende Assetklasse“ verdient?
In unserer heutigen Ausgabe fragen wir nach einer Einschätzung zur Beteiligung des Bundes an Hensoldt, ob VW mittlerweile nicht doch deutlich näher an Tesla herangezogen ist und ob Bitcoin jetzt ein Gütesiegel verdient hat.
onvista-Redaktion: VW hat die Wogen in der Chef-Etage nun vorerst geglättet, der Elektro-Umbau geht voran und zuletzt hat die VW-Beteiligung Quantumscape eine vielversprechende neue Feststoff-Batterie vorgestellt, die das Potenzial zum Gamechanger hat. Ist der Abstand zu Tesla im Rennen um die Zukunft vielleicht kleiner als gedacht?
Die deutschen Autokonzerne jagen dem Vorsprung von Tesla nach. Wie immer: Sie sind nicht die Schnellsten, aber dafür die Gründlichsten. Tesla hat besondere Vorteile in der Batterietechnik und in der Software, aber keine Einmalpatente. Dafür arbeitet Tesla wie alle Amerikaner nach dem Prinzip: Learning by doing. Das bedeutet, dass man der Erste im Markt ist und diese Vorteile nutzt, in dem die Produkte zunächst den Markt bestimmen. Das gab es auch früher, z. B. für Nylon und Perlon in der Chemie oder auch bei Viagra in der Pharmazeutik etc. Also lautet die Frage: Wie lange benötigen Daimler, BMW und VW um gleichzuziehen? Darin liegt die Wette der nächsten zwei bis drei Jahre. Die Aufholjagd hat jedenfalls begonnen. Der eine muss zurückstecken und die anderen werden aufholen. Das ist nun mal in freien Märkten so und bleibt so.
onvista-Redaktion: Der institutionelle Sektor ist heiß auf Bitcoin, immer mehr Investmentunternehmen kaufen in großem Stil ein. Ist es vielleicht nicht doch Zeit, das Gütesiegel der „ernstzunehmenden“ Assetklasse an der Kryptowährung anzubringen? In der Vergangenheit hatten Sie sich ja eher skeptisch geäußert.
Bitcoin ist die Anwendung mathematischer Gesetze/Regeln im Finanzmarkt. Tatsächlich entstand daraus ein Medium, also ein in sich geschlossener Markt, der keine Verbindung zu der realen Wirtschaft hat. In einem solchen Exklusivmarkt bewegen sich die Preise anders und auch die Einschätzungen, weil dahinter die mathematische Regel steht, die angewendet wird. So entsteht ein eigenes Währungssystem in Konkurrenz zum bekannten Weltwährungssystem. Niemand kann es ignorieren, auch Banken und Notenbanken nicht, aber: Der gesamte Bitcoin-Markt hat nach aktuellen Schätzungen einen Anteil von etwa 2 bis 2,2 % der gesamten Weltwährung als Summe. Mithin: In einem solchen Markt mitzumischen, orientiert sich an der unmittelbaren Markttechnik der daran beteiligten Investoren. Die jeweiligen Preisschübe entstehen aus der Verfügbarkeit des Angebotes an Bitcoin und orientieren sich nicht an ökonomischen Fakten. Also: Mitspielen in einem solchen Mediummarkt macht Spaß oder Sinn, aber mit begrenzten Beträgen.
onvista-Redaktion: Der Bund steigt mit 25 Prozent in den Rüstungselektronik-Hersteller Hensoldt ein – Wie ist das zu bewerten? Sichert das dem Unternehmen Chancen, die sonst vielleicht nicht bestehen würden?
Hensoldt ist ein Spezialist für Militärtechnik sehr hochwertiger Art, die vor drei Jahren von Airbus zum Verkauf stand. Merkwürdigerweise war kein deutscher Investor bereit, die Firma für 1,1 Mrd. € zu übernehmen. Warum, ist unbekannt. Mit der Beteiligung des Bundes sichert sich die Bundesregierung ein Zugriffsrecht auf Entscheidungen in der Miliärtechnik. Hensoldt beliefert nicht nur die Bundeswehr, sondern auch andere NATO-Staaten, und ist offenbar ein Schlüsselbetrieb. Im Falle Heckler & Koch würde eine solche 25 %-Beteiligung ebenfalls Sinn machen. Auch im Falle Krauss-Maffei (Leopard-Panzer) ist noch offen, ob die Beteiligung einer Familie zur Disposition steht. Sie steht hinter der deutsch-französischen Kombination als Gesellschafter. Dafür gibt es angeblich eine Option. Mehr ist nicht bekannt. Kurzum: Sperrminoritäten an solchen wichtigen Firmen der Militärtechnik sind für Deutschland nachvollziehbar und richtig.
Vielen Dank für Ihre Antworten!
Foto: Bernecker
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