100 Quadratmeter für 39.000 Euro – der freie Fall der Lira belebt den türkischen Immobilienmarkt

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Angesichts der schwachen Landeswährung Lira haben die Investitionen von Ausländern in den türkischen Immobilienmarkt zugenommen. Im November seien in der Türkei mehr als 7000 Häuser an Ausländer verkauft worden und damit 48,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, teilte das Statistikamt am Dienstag mit. Im Vergleich zum Vormonat Oktober lag der Anstieg bei 25 Prozent. Am meisten investierten demnach Iraner, Iraker und Russen in den türkischen Immobilienmarkt, Deutsche folgen auf dem vierten Platz.

Auch generell tut sich am türkischen Immobilienmarkt derzeit viel. Insgesamt wurden in der Türkei im November fast 179 000 und damit 59 Prozent mehr Immobilien verkauft als im selben Monat vergangenen Jahres, vor allem in der Millionenmetropole Istanbul. Dort lag der durchschnittliche Preis pro 100 Quadratmeter 2021 bei rund 633 000 türkische Lira (etwa 39 000 Euro).

Die Lira hat seit Jahresbeginn zu Dollar und Euro rund die Hälfte ihres Werts verloren. Im November hatte sich der Verfall weiter beschleunigt, innerhalb eines Monats büßte die türkische Landeswährung rund ein Viertel ihres Wertes zu Dollar und Euro ein.

Auch Touristen aus dem EU-Land Bulgarien profitieren von der schwachen Lira und kommen zum Einkaufen über die Grenze ins Nachbarland. Hotels in der Grenzstadt Edirne sind nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur DHA bis zum Jahreswechsel restlos ausgebucht. Der bulgarische Lew ist an den Euro gebunden.

Für die Türken verteuert sich das Leben dagegen immer weiter. Die Inflation liegt offiziell bei mehr als 20 Prozent. Die Opposition zweifelt diese Daten jedoch an und geht davon aus, dass die reale Teuerungsrate deutlich höher ist. Der ehemalige Wirtschaftsminister und Chef der Oppositionspartei Deva, Ali Babacan, warnte am Dienstag: „Wir stehen mitten in der schlimmsten Krise unserer jüngsten Vergangenheit. Die mächtige Türkei ist nahezu der „Alles-1-Lira-Laden“ der Nachbarländer geworden.“

Hintergrund der Lira-Krise ist nach Ansicht von Kritikern unter anderem die Einmischung von Präsident Recep Tayyip Erdogan in die Geldpolitik der Notenbank. Erdogan drängt immer wieder auf niedrige Zinsen und vertritt entgegen gängiger volkswirtschaftlicher Lehre die Ansicht, hohe Zinsen förderten die Inflation.

Redaktion onvista / dpa-AFX

Foto:Seqoya / Shutterstock.com

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