Plattform-Unternehmen sind nicht gleich Plattform-Unternehmen

Stefan Riße · Uhr

Die Plattform-Ökonomie prägt seit geraumer Zeit unser Leben. Alle großen Highflyer der vergangenen Jahre sind Unternehmen dieser Art. Ob Meta mit seinen Plattformen Facebook, Instagram und WhatsApp, Netflix, Google, Apple oder Microsoft, die berühmt berüchtigten FAANMG-Aktien nennen alle eine Plattform ihr Eigen. Zugegeben, Apple ist dann doch in erster Linie ein Hardwarehersteller, doch das Unternehmen aus Cupertino hat es so geschickt geschafft, seine Hardware aus Smartphones, Tablets und Uhren so miteinander zu verbinden, dass auch sie eine Plattform bilden, die man nur schwer verlassen kann, hat man sich einmal für sie entschieden. Microsoft als beherrschendes Quasi-Monopol in unseren Büros gab es zwar schon als von Plattform-Ökonomie noch niemand gesprochen hat, doch auch dieses Unternehmen hat mit all seinen Anwendungen und seinem eigenen Betriebssystem eine Plattform par excellence geschaffen und ist vielleicht das erste Plattform-Unternehmen der Welt, als dieser Begriff eben noch gar nicht erfunden war.

Längst nicht alles sind reine Plattformen

Auch der Essenslieferant Delivery Hero wie auch seine Mitbewerber werden als Plattform-Unternehmen bezeichnet. Auf den ersten Blick sind sie dies natürlich auch, stellen Sie doch eine Plattform ins Netz und per App zur Verfügung, auf der sich Hungrige und Restaurants finden können. Doch die Plattform zu bauen und zu pflegen, ist bei diesen Unternehmen die eher geringere Herausforderung. Die große ist die Logistik. Seitdem Unternehmen wie Delivery Hero oder auch Lieferando das Liefern der Speisen in Ballungszentren überwiegend selbst übernommen haben, stehen sie vor nicht gerade kleinen Aufgaben. Sie müssen das Personal finden, das zum Mindestlohn bereit ist zu arbeiten, und das auch bei Regen, Schnee und Eis, wenn die Bestellungen gerade nach oben gehen. Höhere Löhne sind kaum drin, soll das Angebot für den Kunden attraktiv bleiben. Die Diskussionen um widrige Arbeitsbedingungen kennen wir alle aus der Presse. Dass Delivery Hero mit seinem gestrigen schwachen Ausblick an der Börse abgestraft wurde, wundert insofern nicht weiter. Dass sie sich als DAX-Unternehmen aus Deutschland nun zum zweiten Mal zurückgezogen haben aufgrund zu großer Konkurrenz, spricht Bände.

Bei Amazon ist es das gleiche. Sie haben eine Plattform, aber die große Herausforderung ist das gesamte riesige Sortiment ständig und überall lieferbar zu halten. Genau genommen ist Amazon mit seinem Versandgeschäft nichts anderes als Otto und Neckermann früher mit ihren Katalogen. Heute findet man die Angebote aber eben nicht mehr im Katalog, sondern im Internet. Das macht vieles bequemer, wie die Bestellung und die Möglichkeit, ständig neue Produkte zu listen, streng genommen ist es aber eben ein Versandhandel und nichts anderes. Amazon bekommt das hervorragend hin, keine Frage, aber das große Geld verdienen sie nicht mit dem Versand von Artikeln sondern mit dem Cloud-Geschäft, wie wir wissen.

Reines Plattform-Geschäft ist deutlich weniger komplex

Aber es gibt sie, die reinen Plattform-Unternehmen. Apple gehört insofern eben nicht dazu, als das auch sie bei der Produktion ihrer Hardware so manche Schwierigkeiten haben können, wie zuletzt die Lieferengpässe. Und da, wo Microsoft Hardware anbietet, sieht es natürlich genauso aus. Aber Facebook wie Instagram und WhatsApp brauchen nur ihre Plattform. Sie müssen nichts ausliefern oder herstellen, sie müssen nur die Plattform am Laufen halten. Airbnb ist ebenfalls ein wunderbares Beispiel für ein reines Plattform-Unternehmen. Da gibt es natürlich die „Hardware“ in Form der Unterkünfte, die vermietet werden. Und die müssen nach jeder Vermietung gereinigt werden, Schlüssel müssen übergeben werden etc., aber das regeln Vermieter und Mieter alles untereinander selbst. Airbnb bringt sie nur zusammen und verdient bei jeder Vermietung mit. Genauso sieht es aus

mit allen Dating-Plattformen oder denen zur Partnersuche. Das Restaurant für das erste gemeinsame Treffen wählen die Mitglieder selbst aus. Wäre dann noch Spotify zu nennen, die nur Musik auf ihre Plattform stellen. Sie sind allerdings schon wieder etwas abhängiger von den Künstlern, wie sich zuletzt in der Diskussion um den umstrittenen Podcaster Joe Rogan gezeigt hat. Auch Netflix ist mehr als eine reine Plattform, weil sie viele Inhalte bekanntermaßen selbst produzieren. Dafür braucht es Regisseure, Schauspieler und die richtigen Locations. All das will organisiert sein.

Selbstverständlich können beide beschriebenen Formen von Plattform-Unternehmen hohe Gewinne erzielen. Doch man sollte sich vorher genau anschauen, wie groß der Aufwand drum herum ist und ob sie auch das Prädikat erfüllen, eine „The Winner Takes It All“- Plattform zu sein, wie es fraglos Google ist. Amazon ist es in gewisser Hinsicht auch und auch die Social Media Plattformen. Bei Essenslieferanten gilt das nämlich schon weniger. Ständig gibt es neue Mitbewerber, denn für ein Restaurant ist es egal, ob nun Lieferando oder Volt oder Uber Eats die Bestellung reinschickt, je mehr desto besser.

Fazit: Plattform-Unternehmen sind ein hochinteressantes Investitionsziel, aber längst nicht jede verspricht die Traumgewinnmargen und Renditen der genannten Großen, die uns in unserem Leben quasi täglich begegnen.

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