Aktienmärkte

Die Stimmung ist fragil wie lange nicht – wie viel Negatives ist bereits eingepreist?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Lage am Markt bleibt extrem angespannt. Nach der heftigen Korrektur seit Jahresbeginn bewegen sich die Märkte nun auf einem fragilen Pfad, indem bereits einige Schmerzen eingepreist sind, die durch den weiteren Fahrplan der US-Notenbank und einer möglichen Rezession entstehen. Es warten jedoch auf beiden Seiten des Spektrums Impulse, die die Richtung schnell ändern könnten – dabei liegt das Gewicht jedoch deutlich auf der negativen Seite.

Bank of America sieht Tiefpunkt bei der Anlegerstimmung aber auch weiteres Abwärtspotenzial

Laut einer neuen Marktanalyse der Bank of America ist die Stimmung unter vielen Anlegern derzeit auf einem Tiefpunkt, wie zuletzt im Jahr 2009 nach der globalen Finanzkrise. Einzelne Anleger haben Angst“, äußerte sich Stephen Suttmeier, technischer Forschungsstratege bei der BofA, in einer Mitteilung. Ein bärisches Stimmungsmaß der American Association of Individual Investors hat „einen Kapitulationswert von 59,4 Prozent gemessen, den höchsten Stand seit März 2009“, oder ungefähr zu der Zeit, als der Aktienmarkt inmitten der globalen Finanzkrise seinen Tiefpunkt erreichte.

Zwar spreche die derzeitige Stimmung und der äußerst schwach abgeschlossene April dafür, dass die Chancen auf eine kurzfristige Erholung gut sind, jedoch zeichnen andere Indikatoren laut dem Analysten weiteres Abwärtspotenzial. Vor allem die Schwäche an den Kreditmärkten deuten darauf hin, dass noch weitere Tiefststände bevorstehen könnten. Der Analyst spricht von Zielmarken zwischen 4000 und 3800 Punkten für den S&P 500.

Tech-Sell-off noch nicht vorbei?

Der Konsens unter Analysten bleibt groß, dass die Korrektur an den Märkten noch eine Menge Potenzial für eine weitere Entfaltung hat. So sieht der Vermögensverwalter Dan Suzuki von Richard Bernstein Advisors weitere Gefahr vom Tech-Sektor ausgehen. Zwar hat der Sektor bereits einigen Tribut zahlen müssen, doch die bisherige Schwäche spiegelt laut dem Analysten noch nicht das charakteristische Platzen einer Blase wider, in der sich Tech-Aktien laut Suzuki immer noch befinden.

„Gehen Sie zurück und schauen Sie sich die Geschichte der Blasen an. Sie korrigieren nicht leise und kommen sechs Monate später wieder zu neuen Höhen zurück. Man sieht normalerweise eine große Korrektur, 50 Prozent oder mehr. Und typischerweise kommt es im Zuge des Platzens zu einem kurzfristigen Überschießen“, so der Analyst gegenüber dem Nachrichtensender CNBC.

Politik der Fed bleibt das Maß aller Dinge

Entscheidender Faktor für die weitere Richtung der Märkte werden die Zinsentscheidungen der US-Notenbank Federal Reserve haben. Die Fed muss die Wirtschaft und die Nachfrage durch steigende Zinsen bremsen, um die Inflation einzudämmen, aber nicht so sehr, dass es zu einer Rezession kommt – ein Drahtseilakt mit unklarem Ausgang. „Eine Rezession ist in diesem Stadium fast unvermeidlich“, so die Einschätzung des früheren stellvertretenden Vorsitzenden der Fed, Roger Ferguson, die er gegenüber CNBC geäußert hat. „Es ist ein Hexengebräu, und die Wahrscheinlichkeit einer Rezession ist meines Erachtens leider sehr, sehr hoch, weil ihr Werkzeug grob ist und sie nur die Gesamtnachfrage kontrollieren können.“

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Am Markt eingepreist dürfte der Fahrplan sein, dass die Fed am Mittwoch die Zinsen um 0,5 Prozent erhöht und mit einer Reduzierung der Bilanz beginnt. Mittelfristig dürften mit der Korrektur der ersten vier Monate dieses Jahres auch weitere Zinserhebungsschritte bis zu einem Wert von 2,5 Prozent bis Jahresende und eine leichte Rezession der US-Wirtschaft am Markt eingepreist sein. Die Frage wird sein, wie heftig eine mögliche Rezession ausfallen wird und wie tief das Abwärtspotenzial an den Märkten dann noch ist. Der Abbau der Notenbankbilanz und die fehlenden Käufe der Fed sorgen für ein Umfeld mit wenig Liquidität, was die Volatilität und damit die Kursbewegungen deutlich ausweiten dürfte. Angesichts der extrem pessimistischen Anlegerstimmung dürften positive Überraschungen bei Konjunkturdaten und den geopolitischen Entwicklungen jedoch auch für entsprechend starke Bewegungen nach oben sorgen.

Von Alexander Mayer

Titelfoto: Karol Moraes/ Shutterstock.com

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