Übernahme-Fieber bei Funktürmen - Telekom verkauft Mehrheit

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Düsseldorf (Reuters) - Die Konsolidierungswelle am attraktiven Markt für Funktürme rollt: Die Deutsche Telekom verkauft die Mehrheit ihrer Tochter GD Towers an zwei Investoren aus Nordamerika.

Die kanadische Brookfield Asset Management sowie DigitalBridge aus Florida, ein Spezialist für digitale Infrastruktur, übernehmen 51 Prozent der Anteile für 10,7 Milliarden Euro, wie die Telekom am Donnerstag mitteilte. Insgesamt wird das Geschäft mit 17,5 Milliarden Euro bewertet. Es ist der größte Deal in Deutschland in diesem Jahr. Die Anleger nahmen die Transaktion, die Ende 2022 abgeschlossen werden soll, wenig begeistert auf: Telekom-Aktien gaben am Morgen mehr als zwei Prozent auf 18,77 Euro nach.

Mit rund 800 Beschäftigten betreibt GD Towers Funktürme an mehr als 40.000 Standorten in Deutschland und Österreich. Das Unternehmen erzielte 2021 einen Umsatz von rund 1,1 Milliarden Euro, der bereinigte operative Ertrag lag bei rund 640 Millionen Euro. Die restlichen 49 Prozent verbleiben bei der Telekom. Der Konzern betonte, DigitalBridge und Brookfield hätten Expertise im Funkturmgeschäft und Kapital, um die strategischen Pläne von GD Towers weiterzuentwickeln. Telekom-Chef Tim Höttges zufolge kann die neue Gesellschaft auch eine Rolle bei der weiteren Konsolidierung der Branche spielen - die Mehrheitseigner aus Übersee brächten viel Geld mit. Auch im deutschen Markt könnte es weiter Bewegung geben.

ÜBERRASCHENDE WENDUNG IM BIETER-RENNEN

"Wir machen den Wert unseres Funkturmgeschäfts sichtbar und schaffen damit Wert für unsere Aktionäre", bilanzierte Höttges nach dem Bieter-Rennen, in dem sich die beiden Nordamerikaner überraschend und in letzter Minute durchgesetzt hatten. "Es war keine einfache Entscheidung", sagte Höttges. Doch habe sich die Telekom in dem Deal einen bedeutenden Minderheitsanteil, eine mögliche Rückkaufoption für das Geschäft und umfassende Mitspracherechte gesichert. Die Einnahmen aus dem Verkauf kommen dem Bonner Konzern sehr gelegen - er will Schulden abbauen und nach der Mehrheit an der US-Tochter T-Mobile US greifen. Die Telekom hat dazu Optionen mit dem japanischen Tech-Investor Softbank geschlossen, der über Anteile an dem US-Unternehmen verfügt, einer Ertragsperle der Telekom.

In der Funkturmbranche herrscht seit einiger Zeit viel Dynamik, weil der 5G-Netzaufbau und die zunehmende Digitalisierung für eine hohe Nachfrage sorgen. Aber auch Investitionen müssen gestemmt werden. Infrastrukturanbieter können einfacher als Mobilfunkkonzerne die Masten am Boden und auf Hausdächern an mehrere Nutzer gleichzeitig vermieten, was über Jahre hinweg wiederkehrende Einnahmen und planbare Investitionen verspricht. Deswegen haben Konzerne wie Vodafone und Telefonica bereits vor einiger Zeit ihre Funktürme ausgegliedert oder verkauft.

"TIEFE TASCHEN" FÜR WEITERE ÜBERNAHMEN

Auch das Telekom-Geschäft rund um die Funktürme hatte zahlreiche Interessenten auf sich gezogen. Insidern zufolge hatte ein Konsortium um den US-Finanzinvestor KKR seinen Hut in den Ring geworfen. Auch die spanische Cellnex hatte mit Partnern - darunter anfänglich auch Brookfield - die Funktürme in Deutschland und Österreich im Visier. Ein Zusammenschluss mit dem Geschäft des Konkurrenten Vodafone stand ebenfalls im Raum - dieser hätte Höttges zufolge aber lange Untersuchungen der Kartellbehörden nach sich gezogen. Die Telekom habe aber nicht über ein Jahr auf eine Entscheidung warten wollen. Letztlich konnten sich die beiden Unternehmen aus Nordamerika durchsetzen, deren Offerte es der Telekom möglich macht, weiter ein gewichtiges Wort in dem Geschäft mitzureden. Zudem kann sie mit ihrem Minderheitsanteil von künftigem Wachstum profitieren.

Die beiden Investoren haben Höttges zufolge "tiefe Taschen": "Wir haben jetzt potente Partner, mit der wir über eine weitere Konsolidierung nachdenken können", unterstrich der Telekom-Chef. Die Vodafone-Tochter Vantage Towers arbeite etwa sehr professionell - und eine weitere Konsolidierung in Deutschland brächte Vorteile.

(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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