Heiko Böhmer: An der Börse zählt jeder Tag

Heiko Böhmer · Uhr
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Die Jazzsängerin Dinah Washington sang 1959: „What a difference a day makes“. An der Börse gilt dieser Spruch mehr denn je. Schauen wir nur kurz zurück auf einen Tag, den wir alle nicht so schnell vergessen werden: Ich meine natürlich den 10. November 2022! Der Tag, an dem die Börsen durchstarteten und eine selten gesehene Tagesrallye stattfand. Damit so etwas passiert, müssen schon viele Punkte zusammenkommen. Doch eine Sache ist für langfristig orientierte Investoren viel wichtiger: Wer bei solchen Tagen nicht mit dabei ist, der verringert langfristig gesehen seine Gesamtrendite signifikant.

Hierzu liegen beeindruckende Daten aus den USA vor, bei denen der marktbreite S&P500 Index die Basis ist. Wer in den vergangenen 20 Jahren die 20 besten Tage an den Börsen verpasst hat, der hat in diesem langen Zeitraum eine Jahresrendite von 2,6 Prozent erzielt. Wer hingegen nur die 10 besten Tagen verpasst hat, der konnte immerhin eine Rendite von 4,7 Prozent erreichen. Und wer einfach die komplette Zeit investiert geblieben ist, hat in den vergangenen 20 Jahren auf Basis des S&P 500 rund 6,5 Prozent Jahresrendite erzielt.

Hier sieht man also deutlich: Es zahlt sich aus, durchgängig investiert zu bleiben. Zwar muss man dabei auch mögliche Schwächephasen aushalten – das liegt in der Natur der Sache – doch ebenso nimmt man alle Kurssprünge mit, die auf dem Weg nach oben immer wieder vorkommen

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Inflationshoch in den USA liegt wohl hinter uns

Eine Sache möchte ich aber noch festhalten, zu diesem besonderen Börsenereignis: Auch wenn man fast den Eindruck haben könnte, dass die Inflation in den USA über Nacht nahezu verschwunden ist. Dem ist nicht so!

Die Teuerungsrate in den USA lag im Oktober bei 7,6 Prozent, wofür die Analysten im Vorfeld einen Wert von 7,9 Prozent erwartet hatten. Das Ergebnis war nur minimal besser. Doch die Börse kennt in den meisten Fällen keine angemessene Reaktion. Genau das macht die Finanzmärkte auch so spannend – und das immer wieder. Wir erleben Übertreibungen nach unten – wie zuletzt bei einigen der großen US-Hightech-Namen. Wir erleben aber genauso Übertreibungen nach oben – wie am 10. November.

Zu betonen ist noch, dass die Investoren nicht die Zahl an sich gefeiert haben. Es geht um den Trend. Das Inflationshoch haben wir wohl, zumindest in den USA, jetzt gesehen. In den kommenden Monaten könnte sich der Abwärtstrend verfestigen und das sollte dann auch die Zeit einläuten, in der die US-Notenbank bereits wieder auf die Zinsbremse tritt und ihre Zinserhöhungen einstellt. Eventuell könnte uns schon bei der nächsten Fed-Sitzung im Dezember ein neuerliches Zinssignal erspart bleiben.

Doch noch wichtiger sind die Signale an die Märkte: Wenn die Fed sagt: „Wir haben den Kampf gegen die Inflation gewonnen!“, dann dürfte das den Börsen weiteren Auftrieb geben. Doch bis dahin heißt es: Wachsam bleiben! Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Und ein herausragender Handelstag bildet noch nicht das stabile Fundament für den nächsten Bullenmarkt.

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