Heiko Böhmer

Steht die De-Industrialisierung Deutschlands bevor?

Heiko Böhmer · Uhr
Quelle: JOKE_PHATRAPONG/Shutterstock.com

Vor wenigen Tagen haben die aktuellen deutschen Zahlen zur Entwicklung der Produktion ein Warnsignal geliefert: Im April stagnierte die Produktion in Deutschland, nachdem es im März im Vergleich zum Februar sogar um rund 2 Prozent nach unten ging. Nun ist das kein neues Phänomen. Der Produktionsindex des produzierenden Gewerbes notiert aktuell noch klar unter dem Rekordhoch aus dem November 2017. Selbst das direkte Vor-Corona Niveau hat die deutsche Wirtschaft bei diesem wichtigen Faktor noch nicht erreicht. Zudem ist der Trend mit der Entwicklung der vergangenen Monate jetzt wieder abwärtsgerichtet. Steht also so etwas wie die De-Industrialisierung Deutschlands bevor?

Eine Tatsache ist hier unbestreitbar: Wie haben keine Alphabets und Amazons in Deutschland, die als global agierende Tech-Konzerne viel zum Börsenaufschwung in den USA in den vergangenen Jahren beigetragen haben. Was wir aber gleichwohl haben in Deutschland das sind global starke Marken. Hier stehen natürlich die großen Automobilkonzerne an der Spitze.

Autokonzerne wie BMW stehen für Zukunftsfähigkeit

Hier ergeben sich auch globale Chancen – wenn man als Autokonzern weiter technologieoffen agiert. Bei VW oder Daimler ist das Aus für den Verbrenner-Motor schon beschlossene Sache. Anders sieht es bei BMW aus. Dort werden in den kommenden Jahren neue Verbrenner-Motoren entwickelt. Ein fixes Datum für den Ausstieg aus dieser bewährten Technologie gibt es auch noch nicht. Hinzu kommt mit der Wasserstoff-Technologie sogar noch eine weitere Zukunftschance bei BMW.

Genau darin kann ein Alleinstellungsmerkmal deutscher Firmen liegen und genau das kann dann auch die deutsche Industrie weiter stützen. Also einfach gesagt: Das Umfeld für deutsche Firmen bleibt sicherlich herausfordernd im globalen Wettkampf. Deshalb aber die De-Industrialisierung Deutschlands auszurufen ist doch deutlich übertrieben.

Zudem bietet der Umbau der Volkswirtschaft hin zur Klimaneutralität viele neue Chancen. Hier kann die global anerkannte deutsche Ingenieurskunst sicherlich in den kommenden Jahrzehnten noch viel Potenzial freisetzen.

Alternative Energie als Investment – da braucht man gute Nerven

Wichtig dabei: Die Branche der alternativen Energieträger muss sich aus den Fängen der Subventionsabhängigkeit befreien. Zusätzlich muss es schlicht und einfach schnell gehen mit dem Ausbau von Sonne und Wind in Deutschland. Die Ziele der Bundesregierung allein schon bis 2030 sind mit ambitioniert nur unzureichend beschrieben. Und beim Tempo des Ausbaus ist noch viel Luft nach oben.

So musste in diesen Tagen ein Oberlandesgericht in NRW über die Rechtmäßigkeit eines einzigen Windrads entscheiden. Dabei müssten in Deutschland zum Erreichen der Ausbauziele eigentlich viele neue Windräder installiert werden

Und trotz des höheren Tempos in diesem Jahr liegt die Anzahl der neuen Windräder doch rund 10 Prozent unter den Zubauzielen für das laufende Jahr. Das geht aus dem stetig aktualisierten Energiemonitor hervor. So wird das wohl nichts mit der raschen Energiewende. Hinzu kommen die massiven Schwankungen der Aktien in diesem Sektor.

Wer in den vergangenen Jahren nur auf Titel aus dem Alternativen Energie-Segment gesetzt hat, der brauchte einen langen Atem. Beispiel MSCI World Clean Energy. Auf Sicht von 10 Jahren liegen beide Indizes fast gleichauf.

Doch bis zur Corona-Krise hat der marktbreite S&P 500 Index den Clean Energy Index doch klar abgehängt mit einem Plus von rund 100 Prozent im Gegensatz zu knapp 60 Prozent. Dann kam der Boom in der Corona-Krise, wo die Schere zwischen den Clean-Energy Aktien und dem brieten Markt weit auseinander ging.

In der Spitze legte so der Clean Energy Index um fast 450 Prozent zu in Bezug auf den Starttermin im Juni 2013. Der S&P 500 schaffte hier nur ein Plus von knapp 250 Prozent. Doch mittlerweile haben sich die beiden Indizes wieder angeglichen im Bereich um 250 Prozent Zuwachs auf Sicht von zehn Jahren. An diesem Vergleich werden die großen Schwankungen im Bereich der Alternativen Energieträger schon deutlich.

Dennoch bleibt der Energiesektor insgesamt weiterhin spannend – denn die Bereitstellung von ausreichender und gleichzeitiger bezahlbarer Energie wird eines der großen Themen nicht nur bei uns in Deutschland bleiben.

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