Kolumne

Bitcoin: Ist ein „Super-Zyklus“ doch eine Möglichkeit?

decentralist.de · Uhr
Quelle: AlyoshinE/Shutterstock.com

Der letzte Bullrun liegt nun schon über ein Jahr zurück und der in 2022 eingetroffene Bärenmarkt hat den ganzen Krypto-Sektor auf eine harte Probe gestellt. Allerdings konnte Bitcoin sich mittlerweile wieder von seinen Bärenmarkt-Tiefs absetzen und aus charttechnischer Sicht deutet alles darauf hin, dass Bitcoin in einen neuen langfristigen Aufwärtstrend übergegangen ist. Der Abwärtstrend aus dem Bärenmarkt wurde durchbrochen und wichtige charttechnische Indikatoren wie der 200-Tage-Trend, der 200-Wochen-Trend, der exponentielle 21-Monats-Trend, sowie das Bullmarket-Supportband konnten erneut überschritten werden.

Quelle: Tradingview

Diese Preisentwicklung spielt dem Modell der gängigen Bitcoin-Preiszyklen in die Karten, die sich bereits seit der Entstehung der Kryptowährung ausspielen und von den ungefähr alle 4 Jahre stattfindenden Halbierungen der Bitcoin-Neuerzeugungsrate maßgeblich geprägt werden. Die Halbierungen haben ohne Zweifel einen großen Einfluss auf das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage und damit auf den Preis. Die Adaption von Bitcoin spielt jedoch ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Preisentwicklung.

Super-Zyklus-Theorie erhält neues Futter

Und hier gibt es eine interessante alternative Sichtweise, die sich seit dem letzten Bullenmarkt als mögliches Szenario in den Köpfen vieler Krypto-Investoren festgesetzt und die durchaus ihren Reiz hat, wenn man auf die jüngsten Entwicklungen schaut. Dieses Szenario beschreibt einen sogenannten Super-Zyklus für Bitcoin, bei dem das anbrechende institutionelle Interesse die bisherigen Bitcoin-Preiszyklen außer Kraft setzt und neue Maßstäbe für die Preisfindung von Bitcoin setzt, da viel größere Summen in die Kryptowährung investiert werden und Bitcoin in seiner Rolle als Wertspeicher und Asset von internationaler Relevanz gefestigt wird. Bereits 2020 mit dem Einstieg von MicroStrategy und dessen CEO und Bitcoin-Advokat Michael Saylor wurden die Hoffnungen am Markt geschürt, dass nun die große Welle an institutionellem Geld in Bitcoin fließen und einen Super-Zyklus in Gang setzen wird, der die Kryptowährung bis in Bereich von 1.000.000$ pro Coin und höher schießen lässt.

Der letzte Bullrun hat zwar sehr viel in Sachen Adaption, Preisentwicklung und der Festigung von Bitcoin und Co. in der traditionellen Finanzwelt erreicht – der institutionelle Bullrun ist aber definitiv ausgeblieben. Das liegt nicht zuletzt an der immer noch unklaren Regulierung, sowie der teilweise feindlichen Haltung der Behörden gegen den Sektor – vor allem in den USA hat sich dies zuletzt als immer größere Herausforderung herauskristallisiert.

Nichtsdestotrotz wurde in den letzten Wochen wichtige Fundamente gelegt, die einen Super-Zyklus doch nicht ganz abwegig machen. Es scheint, als würde jetzt, gut 1,5 Jahre nach dem letzten Bullrun, endlich der Grundstein für den echten institutionellen Einstieg in Bitcoin gelegt, nachdem BlackRock, der größte Vermögensverwalter der Welt und eine Macht an der Wall Street, einen Antrag für einen Bitcoin-Spot-ETF eingereicht und damit eine Welle an institutionellem Interesse ausgelöst hat.

Wenn nun endlich die Schleusen auf breiter Front geöffnet werden und Anbieter wie BlackRock Zugang zu Krypto in Form von gut regulierten und für traditionelle Spieler einfach zugängliche Produkte ermöglichen, dann könnte tatsächlich eine große Welle an neuem Kapital in Bitcoin strömen. Die fundamentalen Bedingungen dafür stehen gut, denn sowohl die Situation an den globalen Finanzmärkten, im Banken-Sektor, als auch auf geopolitischer Ebene ist so unsicher wie selten. Ein unabhängiger und flexibel nutzbarer Wertspeicher ohne zentralen Angriffspunkt wirkt in diesem Umfeld umso attraktiver. Wenn wir uns für das Modell eines Super-Zyklus nicht an den gängigen Bitcoin-Preiszyklen, sondern an dem Standard-Modell einer Blasenbildung an den Finanzmärkten orientieren, dann dürfte der letzte Bullrun und anschließende Bärenmarkt lediglich die erste Welle plus Sell Off in dieser Bewegung gewesen sein.

Quelle: Holstea University

Ausgehend von diesem Chart war der letzte Bullrun, der nicht zuletzt durch den Einstieg einiger institutioneller Investoren wie MicroStrategy in Gang gesetzt wurde, lediglich der Anfang eines Super-Zyklus, der nun durch den Startschuss von BlackRock und der Welle an weiteren institutionellen Playern erst richtig ins Rollen geraten könnte. Ausgehend von der enormen Menge an Kapital in Kombination mit der breiten medialen Aufmerksamkeit und entsprechenden Markt-Reaktion ist die Beschreibung eines solchen Szenarios mit dem Modell-Chart einer Blasenbildung an den Märkten treffender als mit den Preiszyklusmodellen für Bitcoin.

Wie wahrscheinlich ist ein solcher Super-Zyklus?

Die Ereignisse der letzten Wochen um BlackRock, Fidelity, die neue institutionelle Krypto-Exchange EDX, sowie Anträge der Deutschen Bank und weiteren Banken für eine Krypto-Verwahrlizenz zeigen eines ganz klar: der Adaptionspfad von Bitcoin geht trotz der Herausforderungen unaufhaltsam weiter und damit ist auch der Boden für weitere extreme Preissteigerungen bereitet. Zudem sind wir mit Blick auf die Charts, auch wenn man sich weiterhin an den „traditionellen“ Preismodellen von Bitcoin orientiert, wieder in einen langfristigen Aufwärtstrend übergegangen. Das lässt eher Überraschungspotenzial nach oben denn nach unten zu, selbst wenn weitere negative Meldungen den Markt kurz- bis mittelfristig erschüttern sollten. Hinzu kommt die fundamentale Lage auf makroökonomischer Ebene. Diese ist zwar mit Blick auf die immer noch brodelnde Bankenkrise, einer immer noch in den Karten steckenden Rezession und weiteren geopolitischen Unsicherheiten alles andere als rosig, für Bitcoin bietet sie langfristig jedoch eher Chancen als Risiken, da Bitcoin genau für diese Probleme als Lösungswerkzeug bereitstehen will. All diese potenziellen Preistreiber treffen zudem auf ein Angebotsumfeld, welches laufend geringer wird. Bereits seit 2020 sinkt auch das auf den Handelsplattformen verfügbare Bitcoin-Angebot kontinuierlich. Sollte die Nachfrage deutlich anziehen, wäre eine Preisexplosion definitiv möglich.

Dementsprechend ist ein durch institutionelles Interesse entfachter Super-Zyklus nicht komplett abwegig. Es gibt jedoch natürlich auch einige Gegenargumente. Zum einen ist alles andere als gesichert, dass der Vorstoß von institutioneller Seite, der in den letzten Wochen geschehen ist, nicht doch von regulatorischer Seite ausgebremst wird – vor allem in den USA. Zum anderen bleiben die mannigfaltigen systemischen Risiken, die sich bei einem Ausbruch ohne Zweifel auch für Bitcoin und Co. zumindest unmittelbar als schmerzhaft erweisen würden, auch wenn Bitcoin als Alternative für das derzeitige Finanz- und Geldsystem herhalten möchte. Die Frage bleibt, ob Bitcoin schon bereit dafür wäre.

Desweiteren gibt es noch einige spezifische Risiken für den Krypto-Sektor. Das derzeit größte ist die Krypto-Börse Binance. Die Plattform ist der mit Abstand größte Spieler im Sektor und der regulatorische Gegenwind ist zuletzt extrem angezogen. Binance agiert seit jeher in einer regulatorischen Grauzone. Abseits fehlender Lizenzen kommen jedoch noch Vorwürfe der Marktmanipulation, sowie Löcher im Balancesheet und andere problematische Aktivitäten rund um den CEO Changpeng Zhao hinzu. Sollte sich nur eines dieser Gerüchte als handfestes Problem für die Börse erweisen und Binance strukturell schädigen, wäre ein Szenario wie um die US-Skandal-Börse FTX denkbar – nur in wesentlich größerem Ausmaß – und das würde den Markt eine Menge Tribut kosten.

Wie sollte man aus Investment-Perspektive damit umgehen?

Wie so oft in der Krypto-Welt halten sich absolut euphorische und apokalyptische Zukunftsaussichten gegenseitig in der Waagschale. Ich gehe weiterhin von einem Szenario aus, welches sich irgendwo in der Mitte ansiedelt. Und deswegen bleiben die bisherigen Bitcoin-Preiszyklen vorerst mein relevantester Orientierungspunkt. Sie haben in der Vergangenheit eine starke Reputation aufgebaut und das Halving hat einen messbaren Einfluss auf das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage und wirkt dadurch preistreibend. Sollte sich ein Negativ-Szenario ausspielen (beispielsweise Binance) dann wird das den Sektor zwar in Mitleidenschaft ziehen, langfristig würde das meiner Meinung nach jedoch weder den weiteren Adaptionspfad noch die Halving-Preiszyklen maßgeblich beeinflussen. Ein extremes Positiv-Szenario wie der angesprochene institutionelle Einstieg in großem Stil könnte das Upside-Potenzial jedoch tatsächlich deutlich nach oben beeinflussen.

Denken Sie langfristig!

Der Krypto-Sektor liefert viele lukrative Möglichkeiten, kann jedoch vor allem für Neulinge überfordernd sein. In der neuen Video-Ausgabe von decentralist stelle ich 10 gängige Methoden vor, wie man im Krypto-Sektor Kapital aufbauen kann und gebe Schritte an die Hand, wie man sie umsetzen kann.

Das könnte dich auch interessieren

Meistgelesene Artikel