VW kämpft mit Logistikproblemen - Aktie auf Talfahrt

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2023. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

- von Jan Schwartz

Hamburg (Reuters) - Volkswagen lässt wegen der unsicheren Konjunktur und Engpässen in der Logistik Vorsicht walten: Die Wolfsburger schlugen zwar im zweiten Quartal dank der noch vollen Auftragsbücher aus dem Vorjahr mehr Fahrzeuge los und steigerten das operative Ergebnis kräftig.

Bei der Frage, wieviele Autos in diesem Jahr ausgeliefert werden können, wird die Führungsspitze um Konzernchef Oliver Blume aber zurückhaltender. Sie geht für 2023 nun von einer Spanne zwischen neun und 9,5 Millionen ausgelieferten Fahrzeugen aus statt der bisher erwarteten 9,5 (Vorjahr 8,3) Millionen Einheiten, wie Volkswagen am Donnerstag mitteilte. An den übrigen Finanzzielen hielt der Konzern fest. Konkurrent Mercedes-Benz wird dagegen zuversichtlicher und hob nach einem deutlichen Ergebnisanstieg sein Gewinnziel an.

Bei der Rendite liegen zwischen dem Stuttgarter Oberklassehersteller, der auf das hochprofitable Luxussegement setzt, und dem Volumenhersteller aus Wolfsburg Welten. Während bei Mercedes im Kerngeschäft mit Pkws 13,6 Prozent vom Umsatz als operatives Ergebnis hängenblieben, fuhr Volkswagen in der Breite seines Geschäfts im zweiten Quartal mit sieben Prozent nur etwa halb soviel ein. Die Aktien der beiden Dax-Konzerne schlugen sich am Donnerstag unterschiedlich. Während die Papiere von Mercedes um 2,7 Prozent zulegte, verloren die VW-Titel fast drei Prozent.

TRANSPORTENGPÄSSE

Sorgen bereiten den Wolfsburgern vor allem Logistikprobleme: "Wir bewegen uns nun von einem Engpass bei Chips zu einem Engpass beim Transport", sagte Finanzchef Arno Antlitz bei einer Telefonkonferenz mit Analysten. Es fehlten sowohl Züge als auch Lkw-Fahrer, und das nicht nur in Europa.

Deutlich wird das Problem im Barmittelzufluss (Netto-Cashflow), der im Zeitraum April bis Juni um 72 Prozent auf 226 Millionen Euro einbrach. Antlitz sprach von einer anormalen Situation. Einerseits verfüge der Konzern über hohe Auftragsbestände, könne andererseits viele Fahrzeuge aber nicht zu den Kunden bringen. Deshalb habe man Maßnahmen ergriffen, um die Engpässe zu beseitigen. Er sei daher zuversichtlich, dass die Prognose beim Mittelzufluss von sechs und acht Milliarden Euro in diesem Jahr erreicht werde, vermutlich aber eher am untere Ende der Spanne, erläutere Antlitz.

Die Prognosesenkung bei den Auslieferungen begründete der Finanzvorstand auch mit der Situation in China, wo Volkswagen unter dem Druck aufstrebender Konkurrenten steht. Den Konzernumsatz will Volkswagen unverändert um zehn und 15 Prozent steigern und peilt eine operative Rendite zwischen 7,5 und 8,5 Prozent an. Dabei soll der Sparkurs bei den Volumenmarken im zweiten Halbjahr helfen. "Wir sind zuversichtlich, dass wir unser Renditeziel erreichen werden", sagte Antlitz.

Das operative Ergebnis steigerte Volkswagen im zweiten Vierteljahr um fast ein Viertel auf 5,6 Milliarden Euro. Der Umsatz kletterte um 15,2 Prozent auf gut 80 Milliarden Euro. Weltweit wurden in diesem Zeitraum 2,3 Millionen Fahrzeuge an Kunden übergeben, 18 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

PARTNER SOLLEN IN CHINA HELFEN

Auf ihrem wichtigen Markt in China will Volkswagen nun mit Hilfe heimischer Partner den Rückstand aufholen. Dazu schließt die Hauptmarke VW mit dem Autobauer Xpeng eine langfristig angelegte Zusammenarbeit in den Bereichen Elektromobilität, Software und autonomes Fahren. Unterlegt wird die Allianz durch eine knapp fünfprozentige Beteiligung, für die Volkswagen 700 Millionen Dollar zahlt. Aus den Äußerungen am Donnerstag wurde nun klar, dass VW sich dabei Xpengs Plattform bedient. "Wir werden die G9-Plattform nutzen und sie mit Volkswagen-Technologie kombinieren", sagte Konzernchef Blume. Details seiner China-Strategie will der Vorstand beim nächsten Kapitalmarkttag im April in Peking präsentieren.

Dazu weitet die Konzerntochter Audi ihre Zusammenarbeit mit dem chinesischen Joint-Venture-Partner SAIC aus. Analysten bezweifeln, dass mehr Partnerschaften zum Erfolg führen. Das Management gehe ein Komplexitätsproblem mit noch mehr Komplexität an, schrieb Daniel Roeska vom Analysehaus Bernstein. Dies erschwere es, einen Mehrwert für Anleger zu schaffen.

Blume hat allen Marken Renditeziele vorgegeben, um den Konzern insgesamt profitabler machen. Er setzt darauf, dass sich die Strategie am Ende in einer höheren Bewertung von Volkswagen an der Börse auszahlt. Bisher ist davon nichts zu sehen.

(weitere Reporterinnen Ilona Wissenbach und Victoria Waldersee. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Neueste exklusive Artikel