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Delisting: Rückzug von der Börse

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Es gibt verschiedene Gründe, warum sich Unternehmen vom Börsenparkett verabschieden. Für Anleger ist es wichtig, die Folgen und Optionen zu kennen, die ein solches Delisting mit sich bringt.

Quelle: onvista

Unternehmen, die den Sprung auf das Börsenparkett wagen, haben in der Regel ein Ziel: Sie wollen möglichst viel Geld bei Investoren einsammeln, um damit ihr Wachstum zu finanzieren. Allerdings müssen börsengelistete Unternehmen Quartals- und Jahresberichte publizieren und eine jährliche Hauptversammlung abhalten. Das alles kostet Zeit und Geld. 

In manchen Fällen stellt sich heraus, dass der Börsengang sich unterm Strich für das Unternehmen doch nicht rechnet. Zum Beispiel, wenn die Kosten und der Aufwand zu groß sind, oder die Nachfrage nach den ausgegebenen Aktien zu gering ist. Dann besteht die Möglichkeit, eine Rolle rückwärts einzulegen und sich wieder vom Börsenparkett zu verabschieden. Dieser Vorgang wird als Delisting bezeichnet. 

Unterschiedliche Gründe

Beim sogenannten regulären Delisting verabschiedet sich ein Unternehmen freiwillig von der Börse. Dazu stellt es einen Antrag auf „Widerruf der Zulassung zum Handel“ bei der Zulassungsstelle der Börse. Ein aktuelles Beispiel ist das Bremer Raumfahrtunternehmen OHB, das sich nach über 22 Jahren von der Börse verabschiedet, weil sich Aktionäre trotz guter Zahlen zu stark zurückhielten. Jetzt will OHB mithilfe des Finanzinvestors KRR abseits der Börse wachsen, profitabler und agiler werden.

Ein Rückzug von der Börse kann aber auch von außen bestimmt sein. Manchmal sind dabei etwa Großaktionäre die treibende Kraft. Sie wollen dadurch schnellere Entscheidungen treffen und das Unternehmen leichter umstrukturieren können. Das ist aktuell beispielsweise beim Softwareunternehmen Suse der Fall. Dieses soll auf Betreiben seines Großaktionärs – dem schwedischen Finanzinvestor ETQ – aus dem regulären Handel verschwinden und mit einer nicht börsennotierten Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg verschmelzen. 

Doch nicht nur Großaktionäre, sondern auch eine Börsenaufsicht kann Unternehmen zum Delisting zwingen. Zum Beispiel dann, wenn ein erhöhtes Insolvenzrisiko für die AG besteht. Auch Unternehmen, die ihre Pflichten gravierend vernachlässigen, können betroffen sein. Zum Beispiel, wenn sie falsche Angaben machen, wichtige Informationen verschweigen oder Geld veruntreuen. Die Börsenaufsicht zieht auch die Notbremse, wenn ein ordnungsgemäßer Handel der Aktien langfristig nicht möglich oder gewährleistet ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Nachfrage nach den betreffenden Wertpapieren zu gering ist. 

Auch politische Gründe, wie ein sich zuspitzender Handelsstreit zwischen zwei Ländern, können dafür sorgen, dass Unternehmen vom Börsenparkett verschwinden. Diese Art des Delisting wird als kaltes Delisting bezeichnet.

Optionen für Ex-Aktionäre: Spekulieren und OTC-Handel

Delistings erfolgen für Investoren oft ohne Vorwarnung. Vielleicht fragst du dich daher, welche Konsequenzen ein Delisting für dich als Anleger hat, und ob du dein investiertes Geld dabei verlieren kannst. Die gute Nachricht: Ein Totalverlust des Geldes ist ausgeschlossen. Zwar hast du als Aktionär bei einem Delisting kein Veto-Recht. Du musst aber ein Übernahmeangebot für deine Aktien erhalten, das den Vorschriften des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes entspricht. Die Höhe dieser Abfindung orientiert sich in der Regel an dem Aktien-Durchschnittskurs der letzten sechs Monate und muss in Euro sein. 

Anleger sind aber nicht verpflichtet, ihren Anteil an den Offerten-Geber zu verkaufen, sondern können ihre Aktien auch für unbestimmte Zeit weiter halten, wenn sie das wünschen. Das kann sinnvoll sein, wenn sie auf bessere Konditionen in der Zukunft hoffen. Beispielsweise darauf, dass ein Großaktionär das Angebot weiter aufstockt, um zögernde Aktienbesitzer doch noch zu einem Verkauf ihrer Papiere zu überreden. Diesen Vorgang nennt man einen sogenannten Squeeze Out. Eine Garantie, dass diese Rechnung aufgeht, gibt es aber nicht. Genauso gut kann die Aktie stark an Wert verlieren, falls die erhoffte Nachfrage ausbleibt und kein hohes Angebot kommt.

Alternativ können Aktien-Inhaber delistete Papiere auch über den außerbörslichen Handel verkaufen, den sogenannten Freihandel, oder auch OTC-Handel (Over the Counter). Dieser ist rund um die Uhr geöffnet, allerdings weniger reguliert und intransparenter als der Handel an der Börse. Für Börsen-Laien ist diese Option daher eher ungeeignet. 

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