Telecom Italia verkauft Festnetz an Finanzinvestor KKR
Mailand (Reuters) - Als erster Telekom-Anbieter eines großen europäischen Landes steht Telecom Italia (TI) vor dem Verkauf seines Festnetz-Geschäfts.
Am Wochenende hatte der Verwaltungsrat des hoch verschuldeten Ex-Monoplisten der milliardenschweren Offerte des US-Finanzinvestor KKR gegen den Widerstand des Hauptaktionärs Vivendi zugestimmt. "Zwei Jahre harter Arbeit gipfeln in einer historischen Entscheidung: Die Gründung zweier Unternehmen mit neuen Wachstumsperspektiven", sagte TI-Chef Pietro Labriola.
An der Mailänder Börsen stiegen die TI-Aktien zur Handelseröffnung am Montag um bis zu 5,4 Prozent. Im weiteren Verlauf drehten sie aber ins Minus.
Das KKR-Gebot bewertet den Angaben zufolge NetCo, in der TI das inländische Festnetz-Geschäft und den internationalen Telekom-Dienstleister Sparkle gebündelt hat, inklusive Schulden mit 18,8 Milliarden Euro. Unter bestimmten Bedingungen könne der Preis auf 22 Milliarden Euro steigen. Im Rahmen des Deals will der italienische Staat für bis zu 2,2 Milliarden Euro eine 20-prozentige Minderheitsbeteiligung an NetCo erwerben, um sich Kontrolle über dieses als strategisch wichtig betrachtete Geschäftsfeld zu sichern.
KEINE AUSSERORDENTLICHE HAUPTVERSAMMLUNG GEPLANT
Gleichzeitig verzichtet TI darauf, den Spartenverkauf den Aktionären zur Entscheidung vorzulegen. Dies ist ein Rückschlag für den französischen Medienkonzern Vivendi, der etwa 24 Prozent an TI hält. Vivendi hatte die KKR-Offerte als zu niedrig kritisiert und bezweifelt die Überlebensfähigkeit des verbleibenden Geschäfts. Die Franzosen bezeichneten die Entscheidung des TI-Verwaltungsrats als unrechtmäßig und kündigten an, alle zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel dagegen ausschöpfen zu wollen.
Der Verwaltungsrat von TI lehnte bei seiner Sitzung außerdem einen Alternativ-Plan ab. Dieser passe nicht zur Firmenstrategie. Einige kleinere Anteilseigner hatten vorgeschlagen, das Inlands-Filialgeschäft und die begehrte brasilianische Tochter TIM Brasil zu verkaufen. Einem ehemaligen TI-Manager zufolge könnten hierbei mindestens 16 Milliarden Euro in die Kasse kommen. Der Anlageberater Merlyn, der diese Aktionärsgruppe vertritt, behielt sich ebenfalls rechtliche Schritte vor.
Der Festnetz-Verkauf ist der Eckpfeiler von Labriolas Sanierungsplan für TI. Mit den Einnahmen will er den 26 Milliarden Euro hohen Schuldenberg um etwa 14 Milliarden Euro abtragen. Außerdem würde der Verluste schreibende Konzern seine Belegschaft von derzeit etwa 40.000 Beschäftigten halbieren und sich künftig auf das Dienstleistungsgeschäft konzentrieren.
(Bericht von Elvira Pollina; geschrieben von Hakan Ersen, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)