Adidas zieht Schlussstrich unter "Yeezy"-Affäre

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München (Reuters) - Nach zwei Jahren hat Adidas den Streit um die Trennung vom US-Skandal-Rapper Kanye West ("Ye") beigelegt.

"Wir schulden ihm nichts mehr, und er schuldet uns nichts mehr", sagte Adidas-Vorstandschef Björn Gulden am Dienstag in Herzogenaurach. Im Zuge des Vergleichs sei kein Geld mehr geflossen. "Damit ziehen wir einen Schlussstrich unter die Sache." Beide Seiten hätten ihre Klagen zurückgezogen. Der Sportartikelhersteller hatte sich vor zwei Jahren - noch unter Guldens Vorgänger Kasper Rorsted - von Ye getrennt, nachdem dieser mit rassistischen und antisemitischen Äußerungen mehrfach Negativschlagzeilen gemacht hatte. Ye hatte jahrelang eine erfolgreiche Schuh-Linie unter dem Namen "Yeezy" designt, die Adidas Milliardenumsätze brachte, und dafür millionenschwere Tantiemen erhalten.

Gulden hatte entschieden, den Restbestand an "Yeezy"-Schuhen, die bereits produziert waren, noch auf den Markt zu werfen, um sie nicht vernichten zu müssen. Der Lagerbestand an "Yeezy"-Schuhen sei - zu Einkaufspreisen - inzwischen von 500 Millionen auf 50 Millionen Euro geschrumpft, sagte Finanzvorstand Harm Ohlmeyer. Der Rest soll noch in diesem Jahr kostendeckend verkauft werden. Im Zusammenhang mit der Einigung habe Adidas Rückstellungen von 100 Millionen Euro aufgelöst und den Betrag an die Adidas-Stiftung gespendet. Insgesamt habe der Konzern aus den "Yeezy"-Erlösen wie versprochen fast 250 Millionen Euro Spenden getätigt.

Vor allem mit Retro-Modellen wie "Samba" oder "Gazelle" aus den 1970er und 1980er Jahren hat Adidas die Einbußen durch den Wegfall von "Yeezy" wettgemacht. Die schrumpfenden Umsätze aus dem "Yeezy"-Schlussverkauf herausgerechnet, erwirtschaftete die Nummer zwei auf dem weltweiten Sportartikelmarkt im dritten Quartal in den USA wieder ein Umsatzplus. Mit einem Umsatz von 1,36 Milliarden Euro waren die USA und Kanada - die Heimat des kriselnden Rivalen und Weltmarktführers Nike - im Quartal der zweitgrößte Markt für Adidas nach Europa, wo der Umsatz von Juli bis September um 18 Prozent nach oben schnellte.

ADIDAS LÄUFT NIKE IN CHINA DAVON

Auch in China geht es für Adidas wieder aufwärts. Dort stieg der Umsatz im dritten Quartal trotz der Wirtschaftsflaute währungsbereinigt um neun Prozent auf 946 Millionen Euro. So viel hatte Adidas dort seit Anfang 2022 nicht mehr umgesetzt. Er wäre nicht überrascht, wenn es im vierten Quartal mehr als zehn Prozent wären, sagte Gulden. "Wir sind mit den Umständen in China wirklich zufrieden, wir gewinnen Marktanteile und sind profitabler." Bis zum Jahresende will Adidas in der Volksrepublik 300 eigene Läden eröffnen.

Westliche Mode- und Sportartikelmarken waren in China ins Hintertreffen geraten, weil die Kunden stattdessen auf einheimische Marken setzten. Adidas versuchte sich unter Gulden mit eigenständigen Designs für China mehr an den Geschmack der Käufer dort anzupassen - mit Erfolg. Nike hinke im Vergleich mit Adidas weit hinterher, hatte der größte chinesische Sporthändler Topsports in der vergangenen Woche erklärt.

"Wir haben geliefert, was wir versprochen haben - und ein bisschen mehr", sagte Gulden. Adidas hatte bereits Mitte Oktober die Erwartungen für das laufende Jahr zum dritten Mal nach oben geschraubt und erwartet nun ein operatives Ergebnis von 1,2 Milliarden Euro - 200 Millionen mehr als bisher. Der Umsatz soll währungsbereinigt um rund zehn Prozent steigen. Guldens Rezept, mit dem er die operative Umsatzrendite auf zehn Prozent steigern will: eine Buttomarge von 50 bis 52 Prozent, ein Marketingbudget von zwölf Prozent und 30 Prozent Verwaltungskosten.

Adidas-Aktien stiegen am Mittwoch um 2,5 Prozent auf 219,10 Euro und führten damit den Dax an. Seit Guldens Amtsantritt Anfang 2023 hat sich der Kurs mehr als verdoppelt. Der ehemals größte Adidas-Aktionär nutzte das, um Kasse zu machen: Die belgische Investment-Holding Groupe Bruxelles Lambert (GBL) hat ihre Beteiligung auf 3,51 Prozent abgebaut und damit wohl einen Milliardengewinn gemacht. Bereits im August hatte GBL mitgeteilt, den Anteil von 7,6 auf 5,1 Prozent gesenkt zu haben. GBL-Vorstandschef Ian Gallienne ist stellvertretender Aufsichtsratschef von Adidas.

(Bericht von Alexander Hübner; Mitarbeit: Linda Pasquini und Helen Reid, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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