Merck dämpft Umsatzerwartungen - Halbleitermarkt bremst Wachstumskurs

Frankfurt (Reuters) - Merck hat die Nachfrageschwäche nach dem Corona-Boom der Vorjahre überwunden und ist im Laborgeschäft wieder auf Wachstumskurs.
Erstmals seit fünf Quartalen konnte der Darmstädter Konzern im größten Unternehmensbereich Life-Science, der Produkte für die Pharmaforschung und Arzneimittelherstellung anbietet, wieder ein organisches Umsatzplus verzeichnen. Doch da sich die Erholung des Markts für Halbleitermaterialien länger hinzieht als erwartet, muss der Pharma- und Technologiekonzern Abstriche bei seinen Umsatzerwartungen für dieses Jahr machen. Zwar profitiert Merck vom Boom um moderne Halbleiter und KI-Materialien. "Wir warten aber noch auf eine Erholung im restlichen Markt für Halbleitermaterialien", erklärte Finanzchefin Helene von Roeder am Dienstag.
Der Umsatz dürfte sich nun in der unteren Hälfte der bisher für 2024 prognostizierten Bandbreite von 20,7 und 22,1 (2023: 21) Milliarden Euro bewegen. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) erwartet Merck im mittleren Bereich der in Aussicht gestellten Spanne von 5,8 bis 6,4 (5,9) Milliarden Euro. "Der gesamte Halbleitermarkt ist nicht zu dem Wachstum zurückgekehrt, das wir für 2024 erwartet hatten", sagte von Roeder. Ein Teil der Prognose sei jedoch stark davon abhängig gewesen. "Es war mehr oder weniger eine Überraschung für den gesamten Markt, dass sich der Halbleiterzyklus nicht so verhält, wie erwartet." Merck geht nun davon aus, dass sich die Erholung bis 2025 hinziehen wird.
Die Aktien des Unternehmens verloren in der Spitze zeitweise 2,5 Prozent auf 147,70 Euro und gehörten damit zu den größten Verlierern im Dax.
Im dritten Quartal stieg der bereinigte operative Gewinn von Merck um knapp zwölf Prozent auf 1,62 Milliarden Euro. Analysten hatten im Schnitt mit 1,55 Milliarden gerechnet. Neben Zuwächsen in allen Geschäftsbereichen profitierte Merck auch von Kostensenkungen und geringeren Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) im Pharmageschäft. Dort musste der Konzern zuletzt eine Reihe von Rückschlägen bei der Entwicklung neuer Medikamente hinnehmen, weshalb teure Projekte wie das Krebsmittel Xevinapant gestoppt wurden. Dies führte zu einem vorübergehenden stärkeren Rückgang der F&E-Ausgaben als Analysten erwartet hatten.
Merck setzte von Juli bis September 5,26 Milliarden Euro um, ein Plus von 1,8 Prozent. Gegenwind kam von negativen Wechselkurseffekten; bereinigt um diese lag das organische Wachstum bei 3,8 Prozent. Im Life-Science-Bereich erzielte Merck ein organisches Wachstum von gut zwei Prozent - der erste Zuwachs seit dem ersten Quartal 2023. In der Pharmasparte profitierte Merck vor allem von guten Geschäften mit Mavenclad zur Behandlung von Multipler Sklerose und dem Krebsmittel Erbitux. Eine starke Nachfrage nach Materialien für moderne Halbleiter und Anwendungen für Künstliche Intelligenz unterstützte den Unternehmensbereich Electronics. Gegenwind kam jedoch vom anhaltenden Preisdruck bei Flüssigkristallen. Rückläufig entwickelte sich auch das Pigmentgeschäft, dessen Verkauf Merck jedoch bereits im Sommer angekündigt hatte.
(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)