„Deutlich schlimmer als befürchtet“

Das hat Trump angekündigt: Die wichtigsten Details zu den Zöllen

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

US-Präsident Donald Trump hat am Mittwoch ein umfassendes Zollpaket angekündigt – weit mehr, als der Markt erwartet hat. Diese Details musst du jetzt kennen.

Quelle: quyggit4/Shutterstock.com

Was hat Trump angekündigt?

In einer Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses verkündete Donald Trump umfassende Zölle. Einerseits soll es einen Basis-Zoll von zehn Prozent geben. Darüber hinaus gibt es für viele Länder aber eine spezifische, reziproke Zollrate. Für Importe aus Länder, die keine individuelle Rate haben, gilt der grundsätzliche Zoll von zehn Prozent.

Was sind reziproke Zölle?

„Reziprok“ bedeutet wechselseitig – Trump will also Importe aus diesen Ländern so verzollen, wie diese Einfuhren aus den USA verzollen.

Wann kommen die Zölle?

Die zuvor angekündigten Zölle auf Autos und Autoteile aus ausländischer Produktion gelten seit Mitternacht. Das Gros der gestern angekündigten Zölle wiederum soll ab dem 9. April gelten – also in rund einer Woche.

Wie werden die Importe bestimmter Länder belastet?

Für Einfuhren aus bestimmten Ländern gelten bald deutlich höhere Zölle. Für chinesische Waren beträgt die geplante Zollrate 54 Prozent – 20 Prozent bestehende Zölle, plus die gestern angekündigten 34 Prozent. Eine vollständige Liste gibt es beispielsweise hier bei „Forbes“.

Ohnehin trifft es asiatische Länder besonders – so etwa Vietnam mit 46 Prozent, Taiwan mit 32 Prozent, Kambodscha mit 49 Prozent, Bangladesch mit 37 Prozent. Für Japan, einen der engsten Handelspartner der USA in Asien, soll eine Rate von 24 Prozent kommen.

Für die Europäische Union (EU) hat die US-Regierung die Zölle bei 20 Prozent festgesetzt. Eine der wenigen Ausnahmen unter den Industrieländern ist Großbritannien. Warenimporte von dort werden nur mit den grundsätzlichen zehn Prozent belegt.

Wie kommt die US-Regierung auf diese Zahlen?

In einer langen Tirade kritisierte Trump bei der Pressekonferenz, andere Länder hätten die USA „jahrzehntelang ausgeraubt“ sowie Arbeitsplätze dort zerstört. Zugleich sagte Trump, dass die USA noch „gütig“ bleiben bei den Zöllen und nur die Hälfte der Zölle aufschlagen, die andere Länder erheben.

Wie genau aber diese Raten entstanden sind, welche die US-Regierung als Bezugszahl nimmt, ist fraglich. Laut Trump beinhalten diese auch den Effekt von „Devisenmanipulation und Handelsbarrieren“.

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Allerdings gibt es den Verdacht, dass die tatsächlichen Zölle gar keine Rolle spielen. Japan beispielsweise verlangt extrem geringe Zölle – laut der Welthandelsorganisation WTO liegt die Durchschnittsrate bei rund vier Prozent. Trotzdem taucht das Land mit einer angeblichen Rate von 46 Prozent in der Tabelle auf.

Offenbar hat sich die US-Regierung an einer einzigen Kennzahl orientiert – dem Handelsdefizit mit anderen Ländern. Einer Formel des US-Außenhandelsrepräsentanten zeigt, dass schlicht der Überschuss des Importeurs durch die gesamten Importe in die USA geteilt wurden, und diese Rate nachfolgend halbiert wurde, wie Bloomberg an dieser Stelle erklärt.

Über diese Berechnung – offenbar Resultat von Trumps Obsession mit Handelsdefiziten – wird in Internetforen bereits gespottet.

Sind Länder nicht betroffen?

Nein. Für Länder, mit denen die USA einen ausgeglichenen Handel unterhält, oder sogar einen Überschuss erzielt, gilt mindestens der oben genannte Basis-Zoll von zehn Prozent. Es gibt einige kuriose Ausreißer. So zeigt Trumps Tabelle, dass Afghanistan auf US-Einfuhren nach der oben genannten Berechnung „Zölle“ von 49 Prozent erhebt. Trotzdem soll für das Land nur die Basis-Zollrate von zehn Prozent gelten.

Ob es sich dabei um einen Fehler handelt, ist unklar. Ebenso unklar ist, warum selbst vernachlässigbare Regionen ins Visier der US-Handelspolitik geraten. So tauchen etwa die Heard- und McDonald-Inseln auf der Länderliste auf. Diese Inseln gehören zu Australien, liegen im indischen Ozean, nahe der Antarktis – und sind unbewohnt.

Nicht auf der Liste finden sich indes Mexiko und Kanada, mit denen Trump jeweils einen eigenen Zoll-Streit ausficht. Auch Länder, die von den USA sanktioniert sind, fehlen – wie etwa Russland und Nordkorea.

Gibt es Ausnahmen für einzelne Produkte?

Ja. Einerseits gelten für Autos und Autoteile die zuvor angekündigten und mittlerweile gültigen Zölle von 25 Prozent. Auch für Stahl und Aluminium gelten nochmal andere Zölle. Zudem gibt es eine breite Liste mit einzelnen Gütern, die nicht von den Einfuhrgebühren betroffen sein werden – darunter etwa Energieträger wie Gas und Öle, seltene Erze und auch Halbleiter.

Was sagen Ökonomen?

Praktisch einhellig erklärten Ökonomen, dass diese Zölle selbst die pessimistischsten Erwartungen übertreffen. So hieß es im täglichen Briefing des Aktienmarktanalysten Jim Reid der Deutschen Bank: „Unsere US-Volkswirte werden sich durch die vollen Implikationen [der Zölle] durcharbeiten, aber die erste Einschätzung ist, dass, wenn die Zölle so kommen, mühelos 1,0 bis 1,5 Prozent des US-Wachstums in diesem Jahr kosten werden und die Inflation in ähnlicher Größenordnung treiben werden.“

Gegenüber Bloomberg erklärte Mary Lovely, Volkswirtin am Peterson Institut für Internationale Ökonomie, dass die reziproken Zölle „deutlich schlimmer als befürchtet“ ausgefallen sind. Es werde dadurch „enorme Konsequenzen für die Umleitung des Handels“ geben.

„Es gibt keine Gewinner in einem globalen Handelskrieg“, zitiert indes „CNBC“ David Rosenberg von Rosenberg Research. „Und ständig hört man, dass die US-Verbraucher dafür nicht zahlen, sondern nur der ausländische Produzent. Da rolle ich nur mit den Augen, denn es zeigt, dass es keinerlei Verständnis für den Handel gibt. Das importierende Unternehmen zahlt, nicht das exportierende Land.“ Laut Rosenberg wird das in den kommenden Monaten zu einem signifikanten Preisschock für US-Haushalte führen.

Wie werden Gegenmaßnahmen aussehen?

Die Antwort auf Trumps Ankündigungen folgten prompt. Konkrete Details aber gibt es noch nicht wirklich - nur Absichtserklärungen. China beispielsweise, als größter Handelspartner der USA, kündigte Gegenmaßnahmen an, sollte es keine andere Lösung geben.

Die wechselseitigen Zölle, die auf "subjektiven und einseitigen Einschätzungen der USA" beruhten, stünden nicht im Einklang mit den internationalen Handelsregeln, kritisierte das chinesische Handelsministerium. "Rechte und Interessen der betroffenen Parteien" würden untergraben, es handele sich um eine "typisch einseitige Art der Schikane". Die Behörde forderte die US-Regierung auf, ihre Zölle unverzüglich aufzuheben und Differenzen im Dialog zu lösen

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Die EU hatte vorab angekündigt, entsprechende Vergeltungsmaßnahmen vorzubereiten. Auch hier will man sich aber Gespräche offenhalten, wie eine Nachricht des EU-Handelskommissars Maros Sefcovic bei X zeigt. „Wir werden ruhig, wohlüberlegt und einheitlich handeln, während wir an unserer Reaktion arbeiten und zugleich angemessen Zeit für Gespräche einräumen“, so Sefcovic. Sollte es aber kein Abkommen geben, werde man „nicht tatenlos zusehen“.

Ähnliches verkündeten ebenfalls stark betroffene Länder wie Taiwan. Die Zölle seien „höchst unangemessen“ und „bedauerlich“. Trotzdem wolle das Land mit den USA in Gesprächen bleiben.

Werden diese Zölle wirklich kommen?

Das ist die wohl wichtigste Frage für Anleger. Die Art der Berechnung, sowie einige Unstimmigkeiten legen den Schluss nahe, dass die US-Regierung diese Zölle hastig beschlossen hat. Womöglich ist das Ziel dabei, für die USA vorteilhafte Handelsabkommen herauszuschlagen, und mit den Zöllen Druck auszuüben.

Über die wahren Motive kann jedoch nur spekuliert werden. Was gegen diese These spricht: Die Zölle sollen schon ab kommender Woche gelten, was weitreichende Verhandlungen mit dutzenden Handelspartnern unwahrscheinlich macht.

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