Merz lehnt EU-Vergemeinschaftung nationaler Einlagensicherungen ab

Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Friedrich Merz und Finanzminister Lars Klingbeil haben den deutschen Banken zugesichert, dass sie in der EU eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung verhindern werden.
Bei einem Auftritt bei Volksbanken und Raiffeisenbanken bezeichnete Merz deren Einlagensicherungssystem als vorbildlich. Sie sei privatwirtschaftlich organisiert, stabil und habe ihre Funktionsfähigkeit über Jahre und Jahrzehnte erwiesen. "Es gibt keinen Grund, daran etwas zu ändern." Damit sprach Merz - wie seine Vorgänger - dem dreigliedrigen deutschen Bankensystem, das in der EU immer wieder unter Druck steht, eine Bestandsgarantie aus. Zugleich machte er den USA den Vorwurf, bei der Bankenregulierung einen doppelten Standard anzulegen.
Er sei ein "wirklich zutiefst überzeugter Europäer", betonte Merz. "Aber das heißt ja nicht, dass wir alles vergemeinschaften müssen." Das, was auf nationaler Ebene gut laufe, könne und sollte bleiben. "Wir wollen nicht alles zentralisieren." Da, wo vernünftige Systeme existierten, "brauchen wir keine Vergemeinschaftung". Er habe in der EU und auch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron über die Kapitalmarktunion gesprochen, die unbedingt vertieft und geöffnet werden müsse. "Wir müssen dabei (aber) andere Themen in den Fokus nehmen als das Thema Einlagensicherung."
Finanzminister Klingbeil unterstrich, dass auch er sich für den Erhalt des deutschen Bankensystems einsetze. "Ich halte das ganze System, was wir haben, für sehr wichtig", sagte er auf derselben Veranstaltung. Ihm habe noch niemand glaubhaft sagen können, "warum der Erhalt eines Systems, das wir in Deutschland haben und was sehr wertvoll ist, der europäischen Entwicklung entgegensteht. Ich habe die feste Überzeugung, das geht zusammen." Dies habe er auch beim letzten Treffen der Finanzminister in Luxemburg deutlich gemacht. Die nun vorliegenden politischen Eckwerte in der EU gingen in die richtige Richtung. "Aber ich erlebe eben auch, dass wir erst zufrieden sein dürfen, wenn alles beschlossen ist", fügte der SPD-Co-Parteichef hinzu.
Merz machte den USA Vorwürfe bei der Bankenregulierung und forderte eine Überprüfung des europäischen Kurses. "Die Amerikaner treiben uns in die Richtung, immer dichtere Regulierungen zu machen, auch was Insolvenzanforderungen und so weiter betrifft", sagte der Kanzler. Die USA erklärten dann aber im selben Atemzug, sie würden die neuen Standards nicht übernehmen. "Wir müssen über unsere Prinzipien reden, ob das richtig ist, was wir bisher gemacht haben", mahnte Merz.
Ohnehin sei es wichtig, dass die Europäer aus ihrer Entschlossenheit keinen Hehl machten, auf eigenen Beinen zu stehen. Denn die Zweifel würden wachsen, ob Europa "auf Dauer mit den Vereinigten Staaten von Amerika gemeinsame Interessen wahrnehmen. Ja, die Zweifel sind da, und sie mögen sogar gerechtfertigt sein", sagte Merz in Anspielung auf US-Präsident Donald Trump. Mit Blick auf die Sicherheitspolitik sagte er, dass man alles tun werde, um die USA an der Seite der Europäer zu halten. Dies sei aber nicht sicher. "Jetzt ist es Zeit für Europa, erwachsen zu werden."
(Bericht von Andreas Rinke und Holger Hansen; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)