Daimler, BMW und VW: EU-Kommission hat deutsche Autobauer wegen illegaler Absprachen im Visier – Drohen Milliardenstrafen?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Autokonzerne BMW , Daimler und VW haben nach Erkenntnissen der EU-Wettbewerbshüter zwischen 2006 und 2014 illegale Absprachen zu Technologien der Abgasreinigung getroffen und somit gegen die europäischen Kartellvorschriften verstoßen. Dies teilte die EU-Kommission am Freitag in Brüssel auf Basis eines vorläufigen Ergebnisses der Ermittlungen mit. Man habe eine entsprechende Mitteilung an die Hersteller geschickt. Die Unternehmen können nun zu den Vorwürfen noch Stellung nehmen. Ihnen droht eine Strafe in Milliardenhöhe.

Die EU-Kommission hatte 2017 Voruntersuchungen bei den Autobauern begonnen und war auch bei den Herstellern vorstellig geworden. Die formelle Untersuchung hatte sie 2018 eingeleitet.

Verstoß gegen europäisches Kartellrecht bei SCR-Katalysatoren

Im Einzelnen sollen sich die Autobauer bei der Einführung von SCR-Katalysatoren für Dieselmotoren und von Feinstaub-Partikelfiltern für Benzinmotoren (OPF) unerlaubterweise abgesprochen haben. Diese Absprachen seien bei Treffen der Automobilhersteller in den sogenannten 5er-Kreisen getroffen worden.

Die Unternehmen hätten den Innovationswettbewerb in Europa bei diesen beiden Abgasreinigungssystemen eingeschränkt und den Verbrauchern somit die Möglichkeit verwehrt, umweltfreundlichere Fahrzeuge zu kaufen – obwohl sie über die entsprechende Technologie verfügten, teilten die Wettbewerbshüter weiter mit. Sollte sich der Verdacht endgültig bestätigen, wäre es ein Verstoß gegen europäisches Kartellrecht – auch wenn es sich nicht um Preisabsprachen handele.

Drohen 10 Prozent des Jahresumsatzes als Strafzahlung?

Mögliche Verstöße gegen Umweltvorschriften seien nicht Teil des Verfahrens, hieß es weiter. Die Ermittlungen seien zudem unabhängig von laufenden Untersuchungen etwa von Staatsanwaltschaften zur Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen der Autohersteller.

Sowohl Daimler als auch Volkswagen hatten nach Bekanntwerden der Vorwürfe im vergangenen Jahr den Antrag auf Kronzeugenregelung gestellt. Der Kronzeuge in Kartellverfahren kann auf den größten Straferlass oder gar Straffreiheit hoffen. Im äußersten Fall können hingegen bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes fällig werden.

Daimler erwartet trotz der Vorwürfe keine Bußgeldzahlungen. "Daimler hat frühzeitig und umfassend mit der Europäischen Kommission als Kronzeuge kooperiert und erwartet in dieser Sache deshalb kein Bußgeld", teilte der Autobauer am Freitag mit. Man habe Kenntnis über den Erlass der Beschwerdepunkte und warte auf die förmliche Zustellung, hieß es von Daimler. Darüber hinaus äußere man sich nicht, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.

Volkswagen hat eine Prüfung der Beschwerde angekündigt. Erst nach Auswertung der Untersuchungsakte werde man sich äußern, teilte der Konzern am Freitag mit. Nach VW-Einschätzung erkennt die Kommission "grundsätzlich an, dass Kooperationen zwischen Herstellern zu technischen Fragen in der Automobilindustrie weltweit üblich sind".

Laut VW beschränkt sich das Verfahren auf die Kooperation der deutschen Hersteller BMW, Daimler, Volkswagen, Audi und Porsche zu technischen Fragen, die in den "5er-Kreisen" besprochen wurden.

Aktien der Autobauer unbeeindruckt

Das vorläufige Ergebnis der EU-Kommission hat die Anleger zunächst nicht in Unruhe versetzt. Die Aktientitel der Autobauer folgen weiterhin ihrem Erholungslauf, den sie seit Ende März eingenommen haben.

Aktien der Autobauer im monatlichen Performance-Vergleich

VW stand am Freitag bis zur Mittagszeit mit einem Plus von 0,3 Prozent da, Daimler konnte ebenfalls ein Plus von 0,3 Prozent verbuchen und BMW hielt sich mit einem Plus von knapp 0,9 Porzent an der Spitze der drei Autowerte. Ob die seit letztem Jahr bekannten Vorwürfe und deren Konsequenzen bereits eingepreist sind, wird sich im Laufe des weiteren Verfahrens noch zeigen.

(onvista/dpa-AFX)

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Titelfoto: Jenson/ Shutterstock.com

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