Dax stoppt seine Talfahrt vorerst – Handelskonflikt wieder in der Schwebe – Bundesanleihen-Renditen fallen auf Rekordtief von minus 0,59 Prozent

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Der Dax hat am Mittwoch seine jüngste Talfahrt erst einmal gestoppt. Am Markt dominierte letztlich die Erleichterung, dass sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China vorerst nicht weiter verschärft hat. Dieser hatte die Aktienmärkte in den vergangenen Tagen deutlich nach unten gezogen. Damit beendete der deutsche Leitindex den Tag 0,71 Prozent höher bei 11650,15 Punkten, nachdem er zwischenzeitlich minimal ins Minus gerutscht war. Der MDax, der die Aktien mittelgroßer deutscher Unternehmen versammelt, stieg um 0,73 Prozent auf 25125,86 Punkte.

Zentralbanken im Pazifik-Raum reagieren

Marktanalyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets schrieb, die Anleger wägten derzeit ab zwischen den Belastungen durch den US-chinesischen Handelskonflikt und den Entlastungen durch die Geldpolitik. In Indien, Thailand und Neuseeland hätten gleich drei Zentralbanken in Asien die Zinsen teils stärker als erwartet gesenkt. Niedrigere Zinsen lassen Aktien gegenüber anderen Anlageformen wie Anleihen in einem günstigeren Licht erscheinen.

Bayer-Aktie startet dank Currenta-Geldsegen durch

Hierzulande setzten sich die Aktien von Bayer mit einem Plus von rund 6 Prozent klar an die Dax-Spitze. Für die Papiere von Lanxess ging es um MDax um gut 4 Prozent nach oben. Die Anteilsscheine reagierten damit jeweils positiv auf den Verkauf von Beteiligungen an Currenta. Der Chemieparkbetreiber geht für 3,5 Milliarden Euro inklusive Schulden an eine Fondstochter der australischen Investmentbank Macquarie. Der Verkaufspreis liege deutlich über den Erwartungen, hieß es von Börsianern.

Zudem ging die Berichtssaison der Unternehmen in eine neue Runde. So bereitet der schwierige Markt in Großbritannien dem Energieriesen Eon weiterhin Probleme. Die Aktien fielen am Dax-Ende um rund 3 Prozent.

Wirecard muss trotz starker Zahlen nachgeben

Der Zahlungsdienstleister Wirecard kann zwar weiter auf den Boom beim Online-Shopping zählen und erhöhte zum zweiten Mal in diesem Jahr seine Prognose. Allerdings legte das Neukundenwachstum nicht mehr ganz so rasant zu wie zuletzt. Für die Papiere ging es um mehr als 2 Prozent nach unten.

Commerzbank leidet unter den schweren Zeiten

Im MDax reagierten die Anleger mit einem Verlust von mehr als 6 Prozent auf den Quartalsbericht der Commerzbank. Die Ergebnisse im Handel seien schwach, die Gebühren niedriger als erwartet, die Rückstellungen dagegen höher als angenommen, kritisierte Analyst Jernej Omahen von Goldman Sachs. Spitzenreiter im Index waren die Morphosys-Aktien, die um knapp 5 Prozent anzogen. Das Biotechnologie-Unternehmen hatte einen Zulassungsantrag für das hauseigene Blutkrebs-Medikament Tafasitamab in Europa eingereicht.

Außerhalb der viel beachteten Indizes schnellten die Papiere von Hapag-Lloyd  um rund 28 Prozent nach oben und erreichten damit ein Rekordhoch. Die Container-Reederei hatte sich im zweiten Quartal dank höherer Frachtmengen und gestiegener Preise in die Gewinnzone zurückgekämpft.

Der europäische Leitindex EuroStoxx 50 legte um 0,56 Prozent auf 3309,99 Punkte zu. Der Pariser Cac 40 und der Londoner FTSE 100 schlossen ähnlich hoch im Plus. In New York aber verlor der Dow Jones Industrial zum europäischen Börsenschluss mehr als 1 Prozent.

Deutsche Staatsanleihen gehen weiter durch die Decke

Die Kurse deutscher Bundesanleihen haben am Mittwoch ihren Höhenflug weiter fortgesetzt. Im Gegenzug hielt die Talfahrt der Renditen an. Der Terminkontrakt Euro-Bund-Future stieg am späten Nachmittag um 0,36 Prozent auf 177,33 Punkte. Zuvor hatte der Bund-Future ein neues Rekordhoch bei 177,74 Punkten erreicht.

Im Gegenzug ging es weiter abwärts mit den Renditen. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe fiel auf ein neuerliches Rekordtief von minus 0,59 Prozent. Auch in anderen Ländern der Eurozone gaben die Renditen weiter nach.

Wegen des eskalierenden Handelskonflikts zwischen den USA und China werden Bundesanleihen weiter als sicherer Anlagehafen gefragt. Hinzu kamen am Mittwochmorgen schwache Daten aus der deutschen Industrie. Im verarbeitenden Gewerbe fiel Produktion im Juni deutlich stärker als erwartet. Im Jahresvergleich fiel die Herstellung so stark wie seit Ende 2009 nicht mehr.

Das Bruttoinlandsinlandsprodukt in Deutschland dürfte im zweiten Quartal „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ geschrumpft sein, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Dahinter steckten die Handelskonflikte und das noch immer nur mit angezogener Handbremse wachsende China. Der ungelöste Brexit-Prozess belaste Deutschland zusätzlich.

Außerdem schlossen sich Notenbanken aus dem asiatisch-pazifischen Raum dem Zinssenkungskurs der US-Notenbank an und üben damit Druck auf die Renditen aus. Vor einer Woche hatte die US-Notenbank Fed erstmals seit der großen Finanzkrise 2008 ihre Leitzinsen gesenkt.

(onvista/dpa-AFX)

Titelfoto: anathomy / Shutterstock.com

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