Kutzers Zwischenruf: Gewinne mitnehmen, denn der Dax spinnt

Hermann Kutzer · Uhr

Macht Euch locker, denn alles wird gut! So etwa könnte das Motto seit einigen Tagen lauten. Auch für die Börsianer. Vor allem ausländische Investoren interessieren sich besonders für den Dax, weil unser Leitindex (angeblich) Nachholbedarf gegenüber der Wall Street hat. Krise war gestern. Eine zweite Pandemie-Welle gibt’s nicht. Rezession schon auf der Talsohle. Spannungen USA-China sind nur Wortgefechte. Aufstände und militanter Rassismus in amerikanischen Großstädten berühren Europa nicht. Häh? Außerdem läuft Trump für die Fotografen mit der Bibel durch Washington D.C. Was kann da noch passieren? Und dann die Bilder von vollen Stränden (und Klo-Knappheit) da und dort. Die Sonne scheint heftig.

Der Modus – längst ein Modewort von Analysten und Journalisten – hat sich geändert. Vom Corona-Modus sind die Menschen (und vor allem die Kapitalanleger) in einen Erleichterungs- oder sogar Erholungsmodus gewechselt. Statt einem Baisse- jetzt der Hausse-Modus. Massives monetäres Doping ist erlaubt, sogar dringend erwünscht: Neben den Notenbanken spendieren auch die Regierungen unfassbar hohe Beträge, um neuen Schwung in die Wirtschaft zu bringen – bei uns wird ja gerade in diesen Stunden von der GroKo über ein Hilfspaket diskutiert.

Ein bedeutender internationaler Fondsmanager liefert eine plausible Argumentationskette für die Börse: Realwirtschaftlich gesprochen befinden wir uns in einer disinflationären Situation. Obwohl die Zentralbanken unbegrenzt Geld drucken und in die Wirtschaft pumpen, sind die schleppende ökonomische Erholung, die Depression an vielen Arbeitsmärkten, die abzusehende Konkurswelle bei den Unternehmen, die ausfallende Nachfrage und der Verfall des Ölpreises zumindest kurzfristig disinflationär. Das überschüssige Geld fließt vor allem in die Assetpreise (gemeint sind Aktien), was wiederum zu einer Assetpreisinflation führt.

Die ist in meinen Augen überdreht – der Dax ist soeben über die Marke 12.000 gesprungen – und mutmaßlich nicht dauerhaft. Momentan regiert der Herdentrieb, niemand will etwas verpassen. Deshalb sollten Sie, geschätzte Anleger, über Gewinnmitnahmen nachdenken. Zumindest für einen Teil Ihres Depots. Der Chefanlagestratege der Deutschen Bank resümiert in seinem heutigen Newsletter: „Ich halte die positive Reaktion der Börsen auf die geplanten staatlichen Hilfspakete und die damit verbundenen positiven Konjunkturerwartungen für gerechtfertigt.“ Ich nicht.

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