onvista Börsenfuchs: Was die Ami-Wahl für die Börse bedeuten kann

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Hallo Leute! Der Endspurt hat begonnen, in weniger als sechs Wochen ist es soweit: Die Amis wählen ihren neuen (?) Präsident – es wird übrigens der 59ste sein. Vergessen wir mal (was voll schwierig ist!) die momentane Schlammschlacht in Washington D.C. und versuchen zu spekulieren, was am 3. November herauskommen könnte und mit welchen Folgen für Wirtschaft und Börse. Bis dahin wird es ‘ne Menge Prognosen der Experten und „Experten“ dazu geben – ich fang heute damit an, besonders interessante Vorschauen von Anlagestrategen zu sammeln.

In Ihrem in die Tiefe gehenden Report „Investing Amid Political Risk“ nutzen Analysten von State Street Global Advisors erstmals auch Daten aus der Medienforschung, da diese einen neuen Blickwinkel bieten können. Hier der Kern des soeben vorgelegten Berichts: Grundsätzlich wird eine Wiederwahl Donald Trumps als eher unternehmensfreundlich, eine Wahl Joe Bidens als eher arbeitnehmerfreundlich angesehen.

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Was zeigt die Historie der Wahlen in Ami-Land? Der Technologiesektor, der in diesem Jahr bislang so gut abschneidet, ist derjenige Sektor, welcher im Vorfeld von US-Präsidentschaftswahlen (Beobachtungszeitraum 1989 bis heute) am volatilsten war, gefolgt von Health Care. Im Gegensatz dazu zeigte sich der Real Estate Sektor von Präsidentschaftswahlen eher unbeeindruckt. Small (und in einem geringeren Ausmaß Mid) Caps zeigten auch eine breite Verteilung Ihrer Performance; sie scheinen stark vom Ausgang der Wahlen beeinflusst zu werden. Grundsätzlich haben Investoren in der Vergangenheit ihre Portfolien vor den Wahlen defensiv aufgestellt. Nach den Wahlen erfolgte der Einstieg in risikobehaftete Anlagen langsam, aber stetig; Renteninvestitionen wurden zurückgefahren. Dies galt allerdings nicht in den Rezessionsjahren 2000 und 2008. Die wirtschaftlichen Aussichten waren in der Vergangenheit entscheidender für den Ausgang der Präsidentschaftswahlen als die aktuelle Situation. Die fünf wichtigsten Unterschiede der beiden Wahlprogramme zeichnen sich ab auf den Gebieten Steuern, Regulierung, Arbeitsmarkt, Kartellrecht und Öffentliche Ausgaben.

Der äußerst umfangreiche und detaillierte Report liefert schließlich vier mögliche Szenarien des Wahlausgangs.

Szenario A – Demokratischer Präsident und demokratischer Kongress: Dies würde zu einem starken Fokus auf „grünen“ Energien, Reformen im Gesundheitswesen und Einschränkungen von Aktienrückkaufprogrammen führen.

Szenario B – Demokratischer Präsident und republikanischer Senat: Folgen wären eingeschränkte Investitionen in Infrastruktur, das Kartellrecht würde wohl nur marginal verschärft und die geplanten Arbeitsmarktreformen wären wohl vom Tisch. Dies wäre nach Einschätzung von State Street das aktienfreundlichste Szenario.

Szenario C – Ein knappes, umstrittenes Wahlergebnis. Selbst ein Umfragevorsprung Bidens von knapp 6% könnte aufgrund des US-Wahlsystems dazu führen, dass die Wahl einzig in Florida und einem weiteren Staat entschieden wird. Das Resultat wäre eine große Unsicherheit über den endgültigen Ausgang der Wahl. Dies sehen die Strategen als das für die Märkte negativste Szenario. Selbst bei einem Wahlsieg Bidens müsste dieser sich dann zunächst um die innenpolitische Situation kümmern und womöglich wenig Zeit für seine ursprünglichen Pläne haben.

Szenario D – Status quo: Donald Trump bleibt im Amt. Hier dürfte sich nicht viel ändern. Infrastruktur könnte profitieren, fossile Brennstoffe würden weiter genutzt und die Beziehungen zu China dürften sich weiter verschlechtern. Small und Mid Cap Unternehmen dürften davon am wenigstens beeinträchtigt sein.

Ich bin sicher, meine Freunde, dass Ihr in den nächsten Wochen öfter den von mir seit Jahren bekämpften, weil blöden (und missverständlichen) Spruch „Politische Börsen haben kurze Beine“ lesen könnt. Der gilt höchstens für die Wahl als solche, also für die kurzfristige Reaktion auf das Wahlergebnis. Börsentrends werden dagegen langfristig von politischen Entwicklungen mitbestimmt, denn Politik und Wirtschaft hängen doch eng zusammen – heute mehr denn je.

Bleibt gesund, Leute, und macht’s gut!

Foto: onvista

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