Kutzers Zwischenruf: Anleger müssen Geduld mit der Konjunktur haben

Hermann Kutzer · Uhr

Pandemie verzögert Aufschwung, Demografie bremst Wachstum – das sind die wichtigsten Aussagen des heute vorgelegten Frühjahrsgutachtens. Was die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute darin prognostizieren, ist keine Überraschung. Wichtige Einschätzungen der Märkte werden bestätigt. Und die optimistischen Klänge beim Blick nach vorn stehen unter Vorbehalt.

Einmal mehr wird meine Prognose bekräftigt, dass gesamtwirtschaftliche Prognosen immer wieder angepasst – sprich: korrigiert – werden müssen. Diesmal mit einem Corona-bedingten negativen Vorzeichen. Die Institute gehen jetzt von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 3,7 Prozent im laufenden Jahr (= 1 Prozentpunkt weniger als im Herbstgutachten!) und um 3,9 Prozent im Jahr 2022 aus. Der erneute Lockdown verzögert die wirtschaftliche Erholung, aber sobald die Infektionsgefahren vor allem durch das Impfen gebannt sein werden, wird eine kräftige Erholung einsetzen. Etwa zu Beginn des kommenden Jahres dürfte die Wirtschaft zur Normalauslastung zurückkehren, so die Wissenschaftler in ihrer Vorschau.

Die Ökonomen gehen davon aus, dass der derzeitige Lockdown zunächst fortgesetzt wird und dabei auch die zuletzt erfolgten Lockerungen wieder weitgehend zurückgenommen werden. Erneute Lockerungsschritte werden erst ab Mitte des zweiten Quartals erwartet, eine Aufhebung der Beschränkungen dann bis zum Ende des dritten Quartals. Im Zuge der Lockerungen wird dann für das Sommerhalbjahr eine kräftige Ausweitung der Wirtschaftsaktivität vorhergesagt, vor allem bei den von der Pandemie besonders betroffenen Dienstleistungsbereichen.

Für noch spannender halte ich den Blick weiter nach vorn, auch wenn Börsianer den folgenden Aspekt vernachlässigen: Die Corona-Pandemie hinterlässt nämlich auch Spuren beim Produktionspotenzial. Nach der aktuellen Schätzung dürfte es in den Jahren 2020 bis 2024 durchschnittlich rund 1,1 Prozent unter dem Niveau liegen, das vor der Corona-Krise geschätzt wurde. Zudem rücken die Konsequenzen des demografischen Wandels in Deutschland immer näher. Mit dem Eintritt der Babyboomer in das Rentenalter wird die Erwerbsbevölkerung in wenigen Jahren schrumpfen und der Anteil der Älteren deutlich steigen. Die Folgen für das Potenzialwachstum sind beträchtlich: Bis zum Jahr 2030 muss mit einer Verringerung der jährlichen Potenzialwachstumsrate um rund einen Prozentpunkt gerechnet werden.

Was solche Wirtschaftsprognosen wert sind (und was vielleicht nicht), wird von den Instituten in klaren Worten mitgeliefert: Die weitere Entwicklung der Pandemie ist weiterhin das bedeutendste Abwärtsrisiko für die Prognose. Nach wie vor kann es bei der Lieferung von Impfstoffen und Tests zu Engpässen und Verzögerungen kommen. Darüber hinaus könnte das Auftreten neuer Mutationen des Virus die Wirksamkeit der Impfstoffe reduzieren, wodurch der Öffnungsprozess möglicherweise gestoppt werden müsste und damit die wirtschaftliche Erholung abermals zurückgeworfen würde. Ich ergänze: Das bedeutet für Sie, geschätzte Anleger, bei kurz- bis mittelfristiger Orientierung ein relativ höheres Risiko als bei einem betont langfristigen Investment. Bleiben Sie also geduldig!

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