Fed: Tapering dürfte beschlossene Sache sein! – Wie reagiert der Markt auf die Ankündigung? – Goldman Sachs richtet seinen Blick auf starke Dividenden-Titel

onvista · Uhr

Das die amerikanische Notenbank Federal Reserve an diesem Mittwoch (3. November) damit beginnt, aus ihren milliardenschweren Anleihekäufen auszusteigen, daran zweifeln mittlerweile die wenigsten. Mit Engelszungen und -geduld hat Jerome Powell die Märkte auf diesen Schritt vorbereitet. Aus diesem Grund geht auch niemand davon aus, dass die endgültige Umsetzung des Taperings die Märkte in ein Tal der Tränen stürzen wird. Das zeigt auch die heutige Entwicklung an der Wall Street. Während der Dow mit der Marke von 36.000 Punkten ringt ziehen S&P 500 und die Nasdaq auf neue Höchststände.

Wie geht die Fed mit der Inflation um

Spannender dürfte eher die Frage sein, wie sich die US-Notenbank zu der rapide steigenden Inflation äußert. Bisher betrachtet sie die Entwicklung als überwiegend temporäres Ereignis, weshalb steigende Leitzinsen noch kein großes Thema sind. Das hat Jerome Powell nach den vergangenen Sitzungen ebenfalls immer wieder betont.

Bislang einmaliges Krisenprogramm läuft aus

Die Fed hat auf die Corona-Pandemie mit einem breiten Krisenprogramm reagiert. Ein Hauptbestandteil waren seit März 2020 umfangreiche Käufe festverzinslicher Wertpapiere wie Staatsanleihen und Hypothekenpapiere. Als Folge der Käufe, mit denen die Finanzierungsbedingungen in den USA günstig gehalten werden sollten, hat sich die Bilanz der Notenbank in der Pandemie etwa verdoppelt: von gut 4 Billionen US-Dollar auf zuletzt 8,5 Billionen Dollar. Zum Vergleich: Im Jahr 2008, vor der Eskalation der Finanzkrise, betrug die Bilanzsumme gerade mal ein Zehntel des aktuellen Werts.

Derzeit kauft die Zentralbank jeden Monat für 80 Milliarden Dollar Staatsanleihen und für 40 Milliarden Dollar hypothekenbesicherte Wertpapiere. Viele Ökonomen halten die Käufe für nicht mehr erforderlich, da sich zum einen Wirtschaft und Arbeitsmarkt von dem schweren Corona-Schock erholt haben. Zum anderen hat die Inflation stark angezogen. Viele Beobachter plädieren dafür, dass die Fed mit verminderten Anleihekäufen geldpolitisch auf die Bremse tritt.

Der Kurs der Fed ist bereits vorgezeichnet: Schon dem jüngsten Sitzungsprotokoll des FOMC war zu entnehmen, dass die Notenbank eine schrittweise Reduzierung anpeilt, die die Käufe bis Mitte 2022 auf null abschmelzen lässt. Gedacht wird an eine monatliche Reduzierung der Käufe um 15 Milliarden Dollar. Segnet die Fed den Plan ab, werden pro Monat 10 Milliarden weniger für Staatsanleihen und 5 Milliarden weniger für Hypothekenpapiere ausgegeben.

Da die Fed die Finanzmärkte gut auf das anstehende „Tapering“ vorbereitet hat, sind Marktverwerfungen ähnlich wie im Jahr 2013 laut Experten nicht zu erwarten. Seinerzeit hat allein die Aussicht auf geringere Käufe zu einer Panikreaktion („Taper Tantrum“) an den Börsen geführt. „Die Märkte wurden damals überrumpelt, und die Anleiherenditen schnellten in die Höhe“, heißt es vom Investmenthaus Capital Group. Diesmal seien die Anleger besser auf die Straffung der Geldpolitik vorbereitet. Wenn die Geldhähne langsam zugedreht werden, dann könnte es allerdings zu einer Umschichtung an den Märkten kommen. Diesen Aspekt fasst jedenfalls Goldman Sachs ins Auge.

Dividendentitel ins Auge fassen

Die Experten der amerikanischen Investmentbank rechnen zwar auch nicht damit, dass der Beginn des Taperings die Märkte in einen Schockzustand versetzt, aber sie sehen im dem Rollback der Geldpolitik trotzdem ein Problem für die Märkte im kommenden Jahr. Goldman rechnet damit, dass einige Anleger sich umorientieren werden: „In einem solchen Umfeld könnten Anleger zu Dividendenanlagen wechseln. Im Gegensatz zu Wachstumsaktien bieten Dividendenaktien normalerweise keinen dramatischen Kursanstieg, aber sie bieten den Anlegern eine stabile Einkommensquelle.“ Und damit die Anleger direkt einen Anreiz um Wechseln haben, hat Goldman Sachs eine Liste von 50 attraktiven Dividenden-Titel erstellt. Sie enthält Papiere mit einer überdurchschnittlichen Dividendenrendite und dem schnellsten erwarteten Dividendenwachstum.

Schüttet Ford bald doppelt so viel aus?

Goldman Sachs rechnet zum Beispiel damit, dass der amerikanische Autobauer seine Diviende im Jahr 2023 um 100 Prozent gesteigert hat. Zu den weiteren Favoriten der US-Bank gehören unter anderem: Tapestry , Molson Coors Beverage , Pepsi, Devon Energy, Morgan Stanley, Broadrigde Financial, Texas Instruments, Simon Property Group und Pinnacle West Capital .

Zinserhöhung werden wohl erst einmal ausbleiben

Spannend wird es, wenn das Thema Inflation ins Spiel kommt: Da die Teuerung in den vergangenen Monaten deutlich stärker angestiegen ist und vermutlich länger erhöht bleiben wird, als dies die meisten Fachleute bisher erwartet haben, stellt sich die Frage, ob die Fed bei ihrer beschwichtigenden Haltung bleiben wird. Zurzeit heißt es im FOMC, der Inflationsanstieg auf zuletzt mehr als 5 Prozent sei eine zeitweise Angelegenheit. Eine starke geldpolitische Reaktion leitet sich aus dieser Sichtweise nicht ab.

Allerdings gerät die Einschätzung zunehmend ins Wanken: Mit den teils drastischen Lieferproblemen im Welthandel – ein Grund für die anziehende Inflation – hat bis vor wenigen Monaten kaum jemand gerechnet. Derzeit sieht es nicht danach aus, dass die Verspannungen schnell verschwinden werden. Dies dürfte ein Grund sein, warum einige Fed-Offizielle bereits laut über Anhebungen des Leitzinses nachdenken – obwohl ihr Vorsitzender, Fed-Chef Jerome Powell, einen Zusammenhang zwischen weniger Wertpapierkäufen und einer absehbaren Zinswende stets verneint.

Dass die Fed ungehalten reagiert und rasche Zinsanhebungen in Aussicht stellt, halten Experten zwar für unwahrscheinlich. Allerdings könnte die Notenbank ihre geldpolitischen Leitlinien anpassen, vermutet Andrew Hunter vom Analysehaus Capital Economics. So könnte die Fed signalisieren, dass die Inflation länger erhöht bleibt, als sie dies bisher annimmt. Fraglich sei jedoch, ob daraus eine geldpolitische Reaktion folge. Da sich die Fed mehr Sorgen über das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung mache als über die Teuerung, sei eine Zinsanhebung vor 2023 eher unwahrscheinlich, urteilt Hunter.

Redaktion onvista / dpa-AFX

Foto: Orhan Cam / Shutterstock.com

Das könnte dich auch interessieren

Meistgelesene Artikel