Marktüberblick: Aktien-Titel bluten sektorweit aus – wie Anleger jetzt navigieren sollten

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In der übergeordneten Dax-Familie stehen mittlerweile nur noch 8 Prozent der 160 gelisteten Titel oberhalb ihres 200-Tage-Trends und damit in einem langfristigen Aufwärtstrend. Chart-Experten der HSBC schöpfen dadurch jedoch auch ein wenig Mut, denn: Werte unterhalb der 10-Prozent-Marke signalisieren oftmals einen Markt im „Panikmodus“ und damit eine negative Übertreibungsphase. Der Dax selbst signalisiert mit einem Minus von über 10 Prozent seit Kriegsbeginn jedoch Bärenmarkt-Territorium.

Aus charttechnischer Sicht macht kurzfristig der Bounce zurück über die Zone zwischen 12.671 beziehungsweise 12.596 Punkten Hoffnung, die von einigen Chart-Technikern als wichtige Unterstützung skizziert wird.

Besonders schwer leiden derzeit der Auto- und der Bankensektor. Dank der angekündigten Zinswende eigentlich wieder auf einem guten Weg, musste der europäische Bankenindex seine Gewinne seit Jahresbeginn wieder hergeben und notiert mit 10 Prozent im Minus. Aufgrund der Isolation des russischen Staates müssen viele Banken Kredite und andere Geschäfte, die sie in Russland getätigt hatten, vorerst als Verluste abschreiben.

Der Autosektor hat ohnehin mit Lieferengpässen vor allem im Chipbereich zu kämpfen. Der nun ausgebrochene Krieg verschärft die Lieferprobleme, stellt teilweise auch Hürden bei der Produktion auf, da Fabriken in den Krisengebieten geschlossen werden und Russland als Absatzmarkt vorerst wegfallen dürfte, auch wenn es nicht der relevanteste Markt für die meisten europäischen Autobauer ist. Der europäische Sektor-Index ist auf Dreimonatssicht um mehr als 18 Prozent in die Knie gegangen.

Den Luftfahrtsektor hat es aufgrund der ausgerufenen Flugverbotszone und damit einhergehenden Schwierigkeiten, vor allem aber wegen der explodierenden Sprit-Preise in den Keller geworfen. Der europische Index für Tourismus und Luftfahrt steht auf Monatssicht gut 14 Prozent im Minus.

Auch auf Ebene der Einzelwerte sieht man die Folgen des Konfliktes vermehrt durchsschlagen. So hat beispielsweise das Textilunternehmen Inditex zuletzt seine Pforten in Russland vorerst dichtgemacht – die Aktie ist als Folge dessen um 20 Prozent abgerauscht. Beispiele dieser Art gibt es viele und dürften sich in den nächsten Tagen und Wochen noch wiederholen.

Geduld ist nun das Mittel der Wahl

Für Trader, besonders Anhänger der Kunst des Shortens, hat nun die Stunde geschlagen, doch man sollte auch als kurzfristiger Investor die Unberechenbarkeit der Situation niemals unterschätzen. Einen möglichen Boden abzuschätzen ist angesichts der politischen und militärischen Unsicherheit derzeit reines Glücksspiel. Genauso können überraschende Erfolge bei den Gesprächen zwischen Russland und der Ukraine für kurzfristige Erholungsbewegungen sorgen. Klar ist jedoch, dass die Börsen durch den Ukraine-Krieg kurzfristig in einen Bärenmarkt gestoßen worden sind. Ein Boden wird sich erst bilden können, wenn sich mehr Klarheit in den Verhandlungen und im Verlauf des Krieges abzeichnet.

Für langfristig investierte Anleger gilt daher: Geduld haben und abwarten, bzw. die Situation mit einem langfristigen Horizont aussitzen. Sparpläne können weiter befüllt und die tieferen Preise damit automatisch genutzt werden. Jetzt mit größeren Summen auf Schnäppchenjagd zu gehen, dürfte sich allerdings noch als verfrüht erweisen. Den Cash-Bestand bereitzuhalten lässt einem derzeit den größten Handlungsspielraum.

Wer besonders auf Sicherheit bedacht ist, für den könnte zusätzlich ein Engagement oder ein Ausbau der vorhandenen Positionen in Gold eine Option sein. Eine überwältigende Performance kann man von dem Edelmetall nicht erwarten, doch wer auf Kapitalschutz bedacht ist, kann mit Gold im Portfolio besser schlafen.

onvista-Redaktion

Titelfoto: Who is Danny / Shutterstock

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