BlackRock-CEO Larry Fink: Ukraine-Krieg setzt den letzten 30 Jahren Globalisierung ein Ende

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Während der unmittelbar durch den Ukraine-Krieg verursachte Schock mittlerweile größtenteils von den Märkten verdaut worden ist, wird nun von vielen Finanzmarktexperten die langfristige Auswirkung der ins Chaos gestoßenen geopolitischen Lage diskutiert.

Larry Fink, der CEO von BlackRock – dem größten Vermögensverwalter der Welt – hat sich jüngst in einem Brief an die Aktionäre zu der derzeitigen Situation an den Märkten geäußert. Sein düsteres Fazit: Der Ukraine-Krieg wird die Globalisierung, die in den letzten drei Jahrzehnten stattgefunden hat, beenden.

„Die russische Invasion in der Ukraine hat der Globalisierung, die wir in den letzten drei Jahrzehnten erlebt haben, ein Ende gesetzt. Es hat dazu geführt, dass sich viele Gemeinschaften und Menschen isoliert fühlen und nach innen schauen. Ich glaube, dies hat die Polarisierung und das extremistische Verhalten, das wir heute in der gesamten Gesellschaft sehen, verschärft,“ schreibt Fink in seinem Brief. Er beschreibt die Sanktions-Maßnahmen der westlichen Regierungen und Unternehmen als „Wirtschaftskrieg“ gegen Russland, an dem sich auch BlackRock beteiligt. Er sagte, BlackRock habe auch Schritte unternommen, um den Kauf russischer Wertpapiere in seinen aktiven oder Index-Portfolios auszusetzen. „In den letzten Wochen habe ich mit unzähligen Interessenvertretern gesprochen, einschließlich unserer Kunden und Mitarbeiter, die alle wissen wollten, was getan werden könnte, um zu verhindern, dass Kapital nach Russland entsandt wird.“ Die effektiven Maßnahmen zeigen laut dem BlackRock-CEO, wie wirkungsvoll die westlichen Finanzstrukturen funktionieren.

Fink positioniert sich als klarer Befürworter der Globalisierung und sieht auch Russland als klaren Profiteur der vergangenen Jahre. Nach dem Kalten Krieg wurde Russland in das globale Finanzsystem aufgenommen und erhielt Zugang zu den globalen Kapitalmärkten, schrieb Fink. Die Ausweitung der Globalisierung habe den internationalen Handel beschleunigt, die globalen Kapitalmärkte vergrößert und das Wirtschaftswachstum gesteigert. Auch das zu dieser Zeit gegründete BlackRock habe erheblich von der Globalisierung profitiert. „Ich glaube seit langem an die Vorteile der Globalisierung und die Macht der globalen Kapitalmärkte. Der Zugang zu globalem Kapital ermöglicht es Unternehmen, Wachstum zu finanzieren, Ländern die wirtschaftliche Entwicklung zu steigern und mehr Menschen finanzielles Wohlergehen zu erfahren“, sagte Fink.

Neben den offensichtlichen Auswirkungen auf die Aktienmärkte, die allgemeinen Lieferketten und die Öl-Preise, sieht er zwei weitere Bereiche, die durch die Situation gravierend verändert werden könnten. „Ein weniger diskutierter Aspekt des Krieges ist schließlich seine potenzielle Auswirkung auf die Beschleunigung der Entwicklung digitaler Währungen. Der Krieg wird Länder veranlassen, ihre Währungsabhängigkeiten neu zu bewerten. Bereits vor dem Krieg wollten mehrere Regierungen eine aktivere Rolle bei digitalen Währungen spielen und die regulatorischen Rahmenbedingungen definieren, unter denen sie operieren. Die US-Notenbank beispielsweise hat kürzlich eine Studie gestartet, um die möglichen Auswirkungen eines digitalen US-Dollars zu untersuchen. Ein durchdacht konzipiertes globales digitales Zahlungssystem kann die Abwicklung internationaler Transaktionen verbessern und gleichzeitig das Risiko von Geldwäsche und Korruption verringern. Digitale Währungen können auch dazu beitragen, die Kosten für grenzüberschreitende Zahlungen zu senken, beispielsweise wenn ausländische Arbeitnehmer ihre Einkünfte an ihre Familien zurücksenden. Angesichts des zunehmenden Interesses unserer Kunden untersucht BlackRock digitale Währungen, Stablecoins und die zugrunde liegenden Technologien, um zu verstehen, wie sie uns dabei helfen können, unsere Kunden zu bedienen.“

Langfristig sieht er auch erhebliche Skaleneffekte für die weitere Entwicklung und Verbreitung der Erneuerbaren Energien, da die Umwälzungen an den Energiemärkten eine schnellere Veränderung notwendig machen. „Langfristig glaube ich, dass die jüngsten Ereignisse die Umstellung auf grünere Energiequellen in vielen Teilen der Welt sogar beschleunigen werden. Während der Pandemie haben wir gesehen, wie eine Krise als Katalysator für Innovationen wirken kann. Unternehmen, Regierungen und Wissenschaftler kamen zusammen, um in Rekordzeit Impfstoffe in großem Maßstab zu entwickeln und einzusetzen.“

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onvista-Redaktion

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