Kutzers Zwischenruf: Toller Dollar – Auch ZEW tut weh

Hermann Kutzer · Uhr
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Frisches Futter für das Lager der Börsen-Bären – und eine Bestätigung für die Skepsis gegenüber den europäischen Perzeptiven: Der schwache Euro = fester Dollar belegt, dass der Fokus vieler internationaler Investoren vor allem Amerika und China gilt. Gleichzeitig brechen die Konjunkturerwartungen der Finanzfachleute für Deutschland steil ein. Der 12. Juli ist so gesehen ein besonderer Tag. So trübe sich das Bild auch präsentiert, zeigt es doch keine gravierenden Überraschungen. Deshalb sind stärkere Kursreaktionen am (ohnedies wieder schwächeren) Frankfurter Aktienmarkt zunächst auch ausgeblieben.  

Die Talfahrt des Euros gegenüber der Weltleitwährung US-Dollar setzt sich erwartungsgemäß fort. Am heutigen Vormittag erreichte die europäische Währung die Parität zum Greenback. Zu Recht konstatierten die Kollegen des Handelsblatts: Für die Währung ist dies ein historischer Moment. Zuletzt hatte der Euro vor knapp 20 Jahren im Oktober 2002 dieses Niveau erreicht, also kurz nach seiner Einführung als Papiergeld. Vor Jahresfrist lag er noch über dem Niveau von 1,20 Dollar. Jetzt gehen Analysten davon aus, dass der Euro auch nach dem Unterschreiten der Parität zum Dollar weiter fallen wird. Die Stärke der US-Währung wird in erster Linie auf ihre Funktion als besonders sicherer Vermögenswert im weltweiten Finanzsystem zurückgeführt sowie auf den vergleichsweisen guten Zustand der amerikanischen Volkswirtschaft. Zwar hält auch in den USA die Sorge vor einer Rezession an, aber sie ist weniger groß als die Angst vor einem Wirtschaftseinbruch in der Eurozone und dramatischen Folgen der Energiekrise.

Die Konjunkturerwartungen für Deutschland haben sich tatsächlich weiter eingetrübt: Sie brechenin der aktuellen Umfrage des ZEW förmlich ein. Die Einschätzung der konjunkturellen Lage geht ebenfalls sehr stark zurück. Lageeinschätzung und Erwartungen liegen damit sogar etwas unter den Werten, die sich im März 2020 zu Beginn der Coronakrise ergaben. Kommentieren die Forscher vom Mannheimer ZEW: Die aktuell großen Sorgen über die Energieversorgung in Deutschland, der angekündigte Zinsanstieg der EZB sowie weitere coronabedingte Einschränkungen in China führen zu einer erheblichen Verschlechterung des Konjunkturausblicks. Die Experten bewerten die aktuelle Wirtschaftslage deutlich schlechter als im Vormonat und senken ihre ohnehin ungünstige Prognose für die nächsten sechs Monate weiter ab.

Seit 1991 werden im Rahmen des ZEW-Finanzmarkttests monatlich bis zu 300 Experten von Banken, Versicherungen und Finanzabteilungen ausgewählter Großunternehmen nach ihren Einschätzungen und Prognosen wichtiger internationaler Finanzmarktdaten befragt. Der ZEW-Finanzmarkttest fängt die vorherrschende Stimmung unter den deutschen Finanzanalysten ein. Die wichtigsten internationalen Finanzkennzahlen sind Gegenstand dieser Befragung: Inflationsraten, Zinsen, Aktienindizes, Wechselkurse sowie der Ölpreis. Die ZEW-Konjunkturerwartungen sind ein Frühindikator für die wirtschaftliche Lage in Deutschland, vergleichbar mit den ifo-Geschäftserwartungen. An der jüngsten Umfrage haben sich 179 Analysten und institutionelle Anleger beteiligt. 

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