Vermögensverwalter bleibt Optimist

„Die Schwäche des Dollars können US-Aktien mehr als kompensieren“

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Politik Donald Trumps lastet gleich in mehrfacher Hinsicht auf dem Kurs des Dollar. Das macht US-Aktien weniger attraktiv für deutsche Anleger. Gegenüber onvista erklärt ein Vermögensverwalter, warum er trotzdem weiter US-Aktien bevorzugt.

Ein Aktienkurs ist vor einem Dollar-Schein zu sehen.
Quelle: Adobe.com/Dilok

Die relative Schwäche von US-Aktien in diesem Jahr ist beinahe beispiellos. Zwar hat sich der marktbreite S&P 500 auf Jahressicht wieder ins Plus gekämpft. Aktuell beträgt der Zuwachs seit Anfang Januar 5,9 Prozent.

Doch gegen den Dax sieht das US-Pendant alt aus. Der deutsche Leitindex hat in sechs Monaten satte 21 Prozent hinzugewonnen. Laut der Deutschen Bank ist das die bislang zweitstärkste Kursentwicklung in einem Halbjahr seit der Jahrtausendwende. 

Gemessen an der Differenz in der Kursentwicklung zum S&P 500 ist der Dax sogar auf dem Weg zu seinem besten Jahr seit 1960 (!), ergänzt das Bankhaus. Deutsche Aktien glänzen 2025. Das ist unumstritten.

Auch an den breiteren Markt in Europa kommen US-Aktien nicht heran. Der Euro Stoxx 50 liegt auf Jahressicht über neun Prozent im Plus, der Stoxx Europe 600 immerhin noch sieben Prozent.

Die Dollar-Schwäche befeuert eine große Rotation

Viele Investoren und Marktbeobachter erwarten, dass es erstmal so weiter geht, teilweise wird schon von einer „großen Rotation“ gesprochen. Raus aus den US-Überfliegern, rein in europäische Titel.

Haupttreiber dieser Entwicklung ist vor allem US-Präsident Donald Trump, dessen Zollpolitik Anleger vergrault und den Ruf Amerikas als Handelspartner ramponiert. Das schwächt den US-Dollar, wodurch US-Aktien für ausländische Investoren unattraktiver werden.

Das gerade verabschiedete Steuer- und Ausgabenpaket („Big Beautiful Bill“) könnte diesen Trend verstärken, weil der Schuldenberg der USA dadurch erheblich anwachsen dürfte und die Wachstumseffekte der Steuererleichterungen langfristig kaum ins Gewicht fallen. Zugleich leidet die Bonität der USA, was wiederum auf dem Dollar-Kurs lastet. Das spricht gegen US-Aktien, zumindest aus Sicht europäischer Anleger.

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Jedoch sind nicht alle so pessimistisch. Wie etwa Chris-Oliver Schickentanz, Chefanlagestratege bei der Vermögensverwaltung Capitell AG. Auf Anfrage von onvista sagt Schickentanz ganz klar: „Ich bin weiter pro US-Aktien eingestellt“. Auch er räumt zwar ein, dass der schwächelnde US-Dollar „eine Bürde für Euro-Anleger“ sei.

„Ich sehe aktuell keinen zusätzlichen Druck mehr auf den US-Dollar“

Laut Schickentanz sei der größte Abwertungsdruck für den „Greenback“ aber bereits überstanden. „Die Folgen der ‚Big Beautiful Bill‘ hat der Markt bereits mit der Vorlage des Gesetzes vor zwei Monaten angefangen, einzupreisen. Von daher sehe ich aktuell keinen zusätzlichen Druck mehr auf den US-Dollar.“

„Mit zwischenzeitlich 1,18 US-Dollar pro Euro hat der Dollar sich stark dem unteren Ende des langfristigen Bewertungskorridors auf Basis von Kaufkraftparitäten angenähert. Die liegt bei 1,20“, erklärt Schickentanz.

Eine Kaufkraftparität zwischen zwei Währungsräumen liegt vor, wenn der exakt selbe Korb an Waren zum gleichen Kapital (bereinigt um den Wechselkurs) erworben werden kann, die Kaufkraft in beiden Währungen gleich ist. Kaufkraftparität kann daher als Indikator dafür dienen, ob Währung relativ zu einander, wie etwa der Dollar zum Euro, über- oder unterbewertet sind.

Was noch hinzu komme, sei die zunehmende Untergewichtung von US-Titeln, das Resultat der angesprochenen Rotation. „US-Aktien und US-Anleihen sind nach der jüngsten globalen Fondsmanagerbefragung mittlerweile stark untergewichtet in den institutionellen Portfolios.“ Untergewichtet heißt, dass die Geldverwalter diesen Anteil an Aktien relativ zu anderen Regionen, wie Europa oder Asien, abgebaut haben.

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Dem Profi zufolge dürfte auch das den Druck auf den Dollar, weiter abzuwerten, beispielsweise weil sich mehr Anleger von US-Papieren trennen, reduzieren. Nicht zuletzt hätten sich die Wachstumserwartungen für die US-Wirtschaft zuletzt etwas aufgehellt. Auch das helfe dem Dollar.

Börsenprofi sieht mehr Überraschungspotenzial bei US-Firmen

„Summa summarum rechne ich daher damit, dass die Dollar-Abwertung zwar noch ein Stück weiter geht, aber deutlich an Dynamik verlieren wird“, erklärt Schickentanz. „Zwei bis drei Prozent Gegenwind von der Währungsseite können US-Aktien mehr als kompensieren.“

„Zumal das relative Gewinnüberraschungsmoment durch die Dollar-Abwertung ganz klar zugunsten der USA spricht“, fügt Schickentanz an. Gemeint ist damit, dass positive Überraschungen bei der Vorlage der Geschäftszahlen in nächster Zeit bei den US-Firmen wahrscheinlicher sind als bei ihren europäischen Wettbewerbern.

Außerdem erinnert Experte daran, dass die Wechselkurseffekte in beide Richtungen funktionieren: „Eine zehnprozentige Aufwertung des Euros kostet die Stoxx-600-Unternehmen ungefähr vier Prozentpunkte Gewinnplus.“

Das liegt daran, dass auch viele Firmen Europas international Umsätze machen, was in diesem Fall außerhalb des Euro-Währungsraums heißt. Solche Unternehmen profitieren von schwächeren Währungen, während Konzerne, die ihren Heimatmarkt bedienen und dafür auf Importe angewiesen sind, bei einer stärkeren Währung im Vorteil sind.

Natürlich bleibt europäischen Anlegern immer die Möglichkeit, in US-Aktien mit Währungsabsicherung zu investieren. Durch solches „Hedging“ („Absichern“) stellen sie sich mit heimischen Anlegern gleich. Ihre Rendite, beispielsweise im S&P 500, entspricht also denen von US-Anlegern, abzüglich etwaiger Kosten.

Schickentanz selbst sieht darin aber keine lohnende Alternative: „Da die Absicherungskosten mit drei bis vier Prozent recht hoch ausfallen, würde ich aktuell Währungsrisiken nicht mehr hedgen.“

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