Kutzers Zwischenruf: Fondsmanager gehen 2023 unterschiedliche Wege

onvista · Uhr
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Nach der Umfrage der Bank of America unter globalen Fondsmanagern bleibt die Skepsis über die wirtschaftlichen Aussichten im Jahr 2023 hoch. 77 % der Fondmanager gehen in den kommenden 12 Monaten von einer Rezession aus. Stagflation, also stagnierende Wirtschaft bei hoher Inflation, bleibt das meistgenannte Stichwort. Gleichzeitig sinkt die Zahl derer, die eine noch höhere Inflation als aktuell erwarten. Die meisten Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Inflationsraten dann wieder sinken, da der Höhepunkt der kriegsbedingten Steigerungsraten hinter uns liegt.

Vor diesem Hintergrund bleibt dennoch eine höhere Inflation das größte und meistgenannte Risiko für das kommende Jahr, gefolgt vom Krieg in der Ukraine und weiteren geopolitischen Risiken. Fehler in der Zentralbankpolitik, eine tiefe Rezession und ein großer Kreditausfall / Firmenpleite kommen erst auf den folgenden Plätzen der Risikorangliste.

Dies alles führt weiterhin zu einer vorsichtigen Positionierung in den Portfolios der befragten Fondsmanager. Die Cash-Quote ist so hoch wie seit 2008 nicht mehr, dem Jahr, in dem die globale Finanzmarktkrise mit der Pleite der Investmentbank Lehman begann. Interessanterweise stellen Investoren aber gleichzeitig sichere Häfen wie den US-Dollar in Frage. Eine Rekordzahl von 72 % der Befragten finden den Dollar überbewertet, das ist die höchste Zahl seit dem Technologieboom im Jahr 2000.

Was also tun? Die Situation wird noch interessanter (aber undurchsichtiger!), wenn man nur den Kreis der europäischen Fondsmanager herausnimmt. Hier ergibt sich erstaunlicherweise ein etwas optimistischeres Bild. Die Zahl derer, die die Situation in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Europa im Gesamtjahr 2023 Jahr schlechter einstufen ist von 92 % im Oktober auf nun 73 % im November geschrumpft.

Gleichzeitig glauben auch die Europäer an sinkenden Inflationszahlen im kommenden Jahr wegen der aktuell sinkenden Energiepreise; sehen aber eine Veränderung bei den Bestimmungsfaktoren für die Inflation. Hier stehen jetzt nicht mehr die Lieferkettenengpässe im Vordergrund, sondern eine schwächere Nachfrage wegen der grundsätzlichen hohen Energiekostenbelastung.

Erstaunliche 59 % europäischer Profi-Investoren sehen Chancen für europäische Aktien im kommenden Jahr, allerdings sinkt die Höhe der erwarteten positiven Bewegung in den einstelligen Bereich. Dabei werden leicht negative Erwartungen für die Gewinnentwicklung gegenüber der attraktiveren Bewertung verdrängt. Auch wird die aktuelle Rallye an den Märkten vorerst als nicht nachhaltig eingestuft. Dennoch hat die positive Marktentwicklung der letzten Wochen die Europäer etwas von der starken Skepsis befreit.

Lassen Sie mich spekulieren, geschätzte Anleger. Niemand weiß wirklich, wo’s 2023 weiter langgeht. Im Ergebnis bleibt es zunächst beim Kräftespiel zwischen Inflation, Energiekrise, Lieferkettenstörungen und Geopolitik. Im Jahresverlauf gehen die Einflüsse aber auseinander. Ich sehe – vor allem für europäische Aktien – eine zunehmende Differenzierung nach Branchen / Einzelunternehmen und den fundamentalen Daten. Deshalb: 2023 dürfte ein Jahr der erfolgreichen Stockpicker werden.

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