Wieso die Inflation bis 2030 Thema bleiben wird - mindestens
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Die zweite Hälfte der 2020er-Jahre läuft. Die erste Hälfte hatte es ohne Frage in sich. Das gilt nicht nur für das Treiben an den Finanzmärkten. Das gilt vor allem auch für viele gesellschaftliche Entwicklungen, die wir in den vergangenen fünf Jahren erlebt haben. Im Rückblick ist das Jahr 2022 das Jahr der Zeitenwende.
Aber beim genaueren Blick auf die Ereignisse der vergangenen fünf Jahre kann man ohne Übertreibung 2020 schon als vorgezogene Zeitenwende betrachten. So viele Dinge haben sich seitdem verändert und sind noch immer in Bewegung.
Der Blick auf die aktuell laufende und offensichtlich auch noch längere Zeit geltenden Entwicklung zeigt vor allen Dingen, dass wir es wieder mit inflationären Tendenzen zu tun haben. Über einen sehr langen Zeitraum seit der Jahrtausendwende war eine erhöhte Inflation kein großes Thema mehr in den westlichen Industriestaaten.
Das hat sich - ausgelöst durch die Verschiebungen in der Corona-Krise - massiv verändert. Und auch wenn der Höhepunkt der Inflation nun schon einige Zeit zurückliegt, deuten doch viele Faktoren darauf hin, dass wir uns auf ein Umfeld höherer Inflationsraten auch in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre einstellen müssen.
Das verdeutlicht der Blick auf die gleichen Ebenen wie für den vorhergehenden Zeitraum bis 2020, den ich in meiner vorherigen Kolumne genauer vorgestellt habe.
Boomer gehen in Rente: Das treibt die Löhne
In westlichen Industriestaaten gehen die Boomer in Rente. Das sorgt für massive Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt. Das Stichwort "Fachkräftemangel" ist nicht nur in Deutschland in den vergangenen Jahren aufgetaucht.
Gleichzeitig hat sich seit der Corona-Krise der Faktor China massiv verändert. Auch dort hat die Inflation zugeschlagen und die Produktionskosten sind insgesamt teurer geworden, so dass das Land als alternativer Produktionsstandort an Bedeutung verloren hat.
Ukraine-Krieg sorgt für höhere Energiepreise
Hier hatten wir in den vergangenen Jahren mit einem Phänomen zu tun, was wir alle nicht gekannt haben: Versorgungssicherheit. Den großen Anstrengungen der Politik ist es zu verdanken, dass ein Heizungsnotstand im Ersten Winter des Ukraine Krieges verhindert werden konnte.
Dennoch erleben wir alle ein weiteres Phänomen, dass auch weiterhin massive Auswirkungen auf den Energiemarkt haben wird. So hat die Ablehnung fossiler Brennstoffe weiterhin stark zugenommen. Die alternativen Energieträger werden als alleinige Lösung angesehen - zumindest in Deutschland. Diese Fokussierung sorgt schon seit einigen Jahren für hohe Energiepreise auf dem deutschen Markt.
Regulierung begrenzt die Tech-Unternehmen
Die große Freiheit der Technologiekonzerne ist in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen im Zeichen von mehr Regulierung. Hohe Kartellstrafen der Europäischen Union (EU) sind ein klarer Beweis für den stärkeren Einfluss der Politik auf die freie Entfaltung der Technologieunternehmen.
Die Globalisierung wird rückabgewickelt
Ausgelöst durch die Corona Krise haben wir einen Reshoring-Effekt gesehen. Dahinter verbirgt sich die Verlagerung von Produktionsstätten aus den Billiglohnländern Asiens beispielsweise wieder in die westlichen Industriestaaten. Zusammen mit anderen Effekten kann man diese Entwicklung der vergangenen Jahre auch als Deglobalisierung bezeichnen.
Unternehmen setzen auf Sicherheit
Aus dem jahrzehntelang geltenden „Just in Time“ ist das jetzt wieder geltende „Just in Case“ geworden. Die klare Resilienz vieler Unternehmen war schlichte Notwendigkeit, um auf die vielen Krisen auch wirklich gefasst zu sein und sie eben auch gut überstehen zu können.
Für die nun vor uns liegende zweite Hälfte der 2020er-Jahre ist somit mit weiteren inflationären Entwicklungen zu rechnen, die sich auf den hier beschriebenen Ebenen zeigen werden. Damit sind wir auch alle als Investoren gefordert, mit den sich stetig verändernden Bedingungen umzugehen.
Die beiden vergangenen sehr guten Aktienjahre sollten dabei nicht als Maßstab für die kommenden Jahre gelten. Neben dem Risiko der weiter erhöhten Inflation spielten auch viele weitere Risiken – ob wirtschaftlicher oder geopolitischer Art – zuletzt an den Kapitalmärkten, wenn überhaupt, dann nur eine untergeordnete Rolle. So etwas kann sich schnell ändern, so dass niedrigere Renditeerwartungen für 2025 angezeigt sind.