Trotz geopolitischer Krisen nimmt der Risikoappetit der Anleger wieder zu
Heiko Böhmer
Turbulente Zeiten in der Weltpolitik – aber die Börsen zeigen sich davon fast unbeeindruckt. Wie passt das zusammen? Wichtige Hinweise finden sich in den Stimmungsumfragen unter den Investoren.

Aktuell liegen die Ergebnisse der monatlichen globalen Fondsmanager-Umfrage der Bank of America vor. Wichtig zur Einschätzung: Die Umfrage wurde schon vor der Eskalation zwischen dem Iran und Israel durchgeführt.
Dabei sind vor allem einige Aspekte in Bezug auf den Aktienmarkt ganz spannend. Stichwort Anlegerstimmung: Die Anlegerstimmung ist auf das Niveau des "Goldilocks-Bulls" vor dem "Liberation Day" zurückgekehrt, wird aber nicht als besorgniserregend euphorisch eingestuft.
Das bedeutet, es herrscht eine positive, aber nicht übertriebene, optimistische Stimmung. Stichwort Sektor- und Regionenrotation: Es wird eine Rotation der Anlegergelder weg von defensiven Sektoren hin zu Schwellenländern (EM), Energie, Banken und Industrieunternehmen beobachtet.
US-Dollar: Stärkste Untergewichtung seit 20 Jahren
Beim US-Dollar ist eine klare Untergewichtung festzustellen – die ist so stark wie seit 20 Jahren nicht mehr. Dies deutet auf eine Erwartung hin, dass andere Währungen oder Vermögenswerte besser abschneiden werden.
Zusammenfassend lässt sich zum Aktienmarkt sagen, dass die Stimmung am Aktienmarkt positiv, aber nicht extrem ist, und es eine klare Tendenz gibt, in risikoreichere und zyklischere Sektoren zu investieren, während der US-Dollar im Vergleich zu anderen Währungen weniger favorisiert wird.
Diese Einschätzungen lassen sich auch an der Positionierung der Profi-Investoren ablesen. Die Anleger sind im Vergleich zur Vergangenheit in Euro, Anleihen und Versorgern übergewichtet, während sie in US-Dollar, Energie und US-Aktien untergewichtet sind.
Ein Großteil der Investoren (ein Netto von 34 Prozent) ist bei europäischen Aktien im Vergleich zu ihren Benchmarks übergewichtet, nahe einem Vierjahreshoch. Dies wird teilweise durch Erwartungen an deutsche Fiskalimpulse unterstützt.
Ein Netto von 36 Prozent der Anleger bleibt bei US-Aktien untergewichtet. Die Outperformance des US-Aktienmarktes wird als beendet angesehen, wobei eine Mehrheit der Fondsmanager (immerhin 54 Prozent) erwartet, dass internationale Aktien in den nächsten fünf Jahren die beste Anlageklasse sein werden.
Cash-Bestände gehen zurück – Risikoneigung der Fondsmanager nimmt zu
Bei den durchschnittlichen Cash-Beständen der Fondsmanager gab es im Mai eine deutliche Bewegung: Die sind im Mai auf 4,2 Prozent gesunken und liegen damit unter dem langfristigen Durchschnitt von 4,7 Prozent seit 1999. Noch im Februar lag der Wert sogar nur bei 3,5 Prozent, dem niedrigsten Stand seit 2010, was auf eine höhere Risikobereitschaft hindeutet.
Zusätzlich sind die Erwartungen an eine globale Rezession stark gesunken, wobei immerhin noch 16 Prozent der Fondsmanager einen Abschwung prognostizieren (im Vergleich zu sechs Prozent im Vormonat). Die Mehrheit (66 Prozent) erwartet nun ein "soft landing".
Bezogen auf die weitere Entwicklung der Zinsen erwartet die Mehrheit der Fondsmanager noch weitere Zinsschritte in den USA. Immerhin rund zwei Drittel der Anleger erwartet noch zwei bis drei Zinssenkungen durch die Federal Reserve im Jahr 2025.
Fazit: Mehr Risikofreude bei Investoren
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Anleger im Juni 2025 risikofreudiger werden und eine klare Präferenz für Europa und Schwellenmärkte gegenüber den USA zeigen, insbesondere im Hinblick auf Aktien und den US-Dollar.
Die Erwartungen an eine "sanfte Landung" der Wirtschaft und weitere Zinssenkungen der Fed prägen die positive, aber nicht übertriebene, Stimmung. Die angespannte geopolitische Lage spielt tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle. Dieser Trend zeigt sich schon seit geraumer Zeit.