Kolumne von Heiko Böhmer

Die wachsenden US-Schulden spielen an der Börse keine Rolle – noch

Heiko Böhmer · Uhr
Quelle: Dilok Klaisataporn/Shutterstock.com

Die größte Volkswirtschaft der Welt steht vor großen Herausforderungen: Die US-Wirtschaft zeigt langfristig ein verlangsamtes Wachstum, während die Staatsverschuldung stark zunimmt. Das hat weitreichende Folgen nicht für die Stabilität der Wirtschaft, sondern auch für die Dynamik an den Kapitalmärkten. 

So hat sich die Wachstumsrate der US-Wirtschaft über die Jahrzehnte hinweg spürbar verlangsamt. Während das durchschnittliche reale Wachstum des Brutto-Inlandsprodukts (BIP) von den 1940er bis zu den 1990er Jahren noch bei starken 3,1 Prozent oder höher lag, sank es im Zeitraum von 2000 bis 2024 auf lediglich 2,2 Prozent.

Wohlstand wächst kaum noch

Noch deutlicher wird dieser Trend, wenn wir uns das BIP-Wachstum pro Kopf ansehen. Lag der Durchschnitt von 1950 bis 1999 bei 2,4 Prozent, so beträgt er seitdem nur noch 1,4 Prozent. In der Praxis bedeutet das: Viele Menschen sehen ihren persönlichen Wohlstand kaum wachsen, insbesondere in niedrigeren Einkommensschichten.

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Trotz dieser Verlangsamung gibt es auch positive Signale: Innovationen in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz, Biotechnologie und Verteidigungstechnologie treiben weiterhin das Wachstum voran. Die Arbeitslosigkeit bleibt voraussichtlich relativ niedrig, und es werden weiterhin Hunderttausende kleiner Unternehmen gegründet.

Die Bedeutung der US-Schulden wächst

Die US-Staatsverschuldung wird von vielen als "wachstumszerstörende Maschine" bezeichnet. Sie liegt aktuell bei über 37 Billionen Dollar und wächst jährlich um mehr als zwei Billionen Dollar.

Besorgniserregend ist, dass die Schuldenquote der USA im Verhältnis zum BIP die von renommierten Ökonomen identifizierte "Gefahrenzone" von 90 Prozent des BIP überschritten hat. Aktuell liegt sie bei rund 123 Prozent (Stand Ende 2024), und dabei sind die Schulden der Bundesstaaten und Kommunen noch nicht einmal berücksichtigt. Historische Beispiele zeigen, dass Länder, deren Schulden 90 Prozent des BIP übersteigen, oft in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind.

Der US-Wirtschaftswissenschaftler Lacy Hunt von der Investment-Gesellschaft Hoisington weist in einer aktuellen Analyse zudem darauf hin, dass die "marginale Umsatzleistung" der Schulden (MRP) stark abgenommen hat. Während im Jahr 1981 jeder zusätzliche Dollar Staatsverschuldung noch einen Anstieg des BIP um 3,15 Dollar bewirkte, ist dieser Wert bis 2024 auf nur noch 0,81 Dollar gesunken. Dies deutet darauf hin, dass jeder neue Dollar Schulden die Wirtschaft eher verlangsamt als ankurbelt.

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Die steigende Staatsverschuldung beansprucht zudem einen immer größeren Teil des nationalen Einkommens. Das bedeutet, dass weniger Mittel für produktivere Investitionen zur Verfügung stehen, was die Wirtschaft zusätzlich bremst.

Im Jahr 2024 haben die USA sogar die sogenannte "Ferguson-Grenze" überschritten: Die geht zurück auf den britischen Wirtschaftshistoriker Niall Ferguson und beschreibt die Grenze an der Zinszahlungen der Regierung höher sind als die Verteidigungsausgaben. Dies beeinträchtigt die Fähigkeit des Landes, seine geopolitische Stärke aufrechtzuerhalten.

Ausblick für die nächsten Jahre

Experten prognostizieren für die nächsten fünf bis sieben Jahre ein weiteres "Durchwursteln" der US-Wirtschaft mit einem BIP-Wachstum von unter zwei Prozent und weiter fallender Tendenz. Eine Rezession wird als möglich, aber nicht als unmittelbar bevorstehend angesehen. Dennoch könnte das Wirtschaftsumfeld aufgrund verschiedener Faktoren als stagflationär wahrgenommen werden.

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Die US-Wirtschaft sieht sich mehreren "Gegenwinden" gegenüber: Dazu gehören Zölle und Vergeltungsmaßnahmen, Unsicherheiten bei Handelsabkommen, der Konflikt zwischen Israel und Iran mit potenziell steigenden Ölpreisen, sinkendes Verbraucher- und Unternehmensvertrauen, rückläufiger Tourismus, negative Vermögenseffekte und die Wiederaufnahme von Studentendarlehenszahlungen.

In diesem Umfeld werden die Schulden in den USA wohl weiter steigen und das Ticken der Schuldenbombe dürfte stetig lauter werden. Noch spielt das an den Börsen keine große Rolle, aber sollte der Gegenwind spürbar zunehmen, kann sich das sehr schnell ändern. 

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