Sicher ist nur, dass nichts mehr sicher ist

Während Anleger jubeln, schieben zahllose Betriebswirte in den USA wahrscheinlich gerade Überstunden. Alleine in kühl beleuchteten Großraumbüros sitzen sie, und kalkulieren nun nochmal von Neuem, wie die Zölle beziehungsweise deren Pausierung das Geschäft ihrer Firma in den kommenden Monaten beeinflusst.
Wenn’s ganz blöd läuft, machen sie das in einer Woche nochmal. Oder in rund drei Monaten, wenn die Zollpause endet. Oder Trump verkündet, dass die nächsten Zölle für China bei 500, ach, warum nicht gleich bei 1.000 Prozent liegen. Und Anleger werden wieder klagen, dass die Kurse abschmieren.
Aber keine Angst, dazwischen kommen sicher noch einige Handelstage, an denen Anleger entnervt das Handtuch werfen und sich verabschieden, nur damit Trump mit einem neuen Post bei Truth Social die Kurse am Folgetag wieder in die Höhe katapultiert.
So ist das in einer Welt, in der Donald Trump (wieder) US-Präsident ist. Nach der Ankündigung heftiger Zölle in der vergangenen Woche stürzten die Börsen erstmal ab. Mit der Nachricht, das Weiße Haus wolle die Zölle doch erstmal pausieren, schossen die Kurse am Mittwoch wieder hoch. Es war einer der besten Tage für die US-Indizes Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq 100, seit es Börsen gibt.
Wer vorher verkauft hat, steht jetzt natürlich als der Angeschmierte da. Aber egal, Volatilität ist doch gut, heißt es von gewieften Tradern immer. Solange die Kurse sich bewegen, gibt es immer Chancen auf einen schnellen Euro. Die Richtung dabei ist egal.
Sicher ist, dass es keine Sicherheit gibt
Schön wäre es da natürlich, man wüsste schon mal vorab, was sich der Lenker der (noch) weltgrößten Volkswirtschaft gerade so ausdenkt. Aktuell muss es enorm rentabel sein, zum inneren Kreis Trumps zu gehören. Dann kann man schon einmal ein paar runtergeprügelte Aktien kaufen, bevor Trump wieder eine 180-Grad-Wende hinlegt.
Marktmanipulation ist es übrigens nur, wenn man dafür auch verklagt werden kann. Was der US-Präsident macht, ist per Definition nicht illegal. Das hat schon Richard Nixon 1977 gesagt – in einem Interview nach seinem Rücktritt, womit Nixon damals einer Amtsenthebung zuvorkam.
Wer indes zum traurigen Rest der Investoren gehört, die an einen effizienten Markt glauben, an die Rationalität der handelnden Akteure - tja, der kann sich warm anziehen. Sicherheit hat Trump nun nur in einem Aspekt geschaffen, nämlich, dass es so gut wie keine Sicherheit mehr gibt. Planbarkeit und Verlässlichkeit sind nun Relikte einer vergangenen Zeit.
Kaufen und vergessen - und den Blutdruck schonen
Diese neue Realität, so ist es zu befürchten, wird die Märkte auch noch einholen. Mit einer neuen willkürlichen Aussage Trumps, mit neuen Tiraden, mit neuen politischen Irrfahrten. Nach den Turbulenzen der vergangenen Tage kann zumindest kein Anleger mehr sagen, man hätte es ja nicht wissen können.
Womöglich ist nun – wirklich mal – für langfristig orientierte Anleger der Zeitpunkt, eine der ältesten Börsenweisheiten überhaupt zu beherzigen. Und zwar: Kaufen und vergessen. Wer jetzt nicht täglich die Kurse prüft, schont zumindest seinen Blutdruck.
Damit würden Anleger sogar genau das machen, was Trump noch vor wenigen Tagen selbst geraten hat, nämlich „nicht auf die Märkte zu schauen“. An diesen Ratschlag hat er sich offenbar selbst nicht gehalten.