Kolumne von Alexander Mayer

Wieso immer mehr Unternehmen auf Bitcoin setzen

decentralist.de · Uhr

Unternehmen tauschen zunehmend Dollar gegen Bitcoin – die Wall Street erlebt eine historische Kapital-Rotation. Warum jetzt der Kipppunkt erreicht ist.

Bitcoin
Quelle: onvista

Im letzten Krypto-Zyklus, der im Jahr 2021 bei einem Bitcoin-Preis von 69.000 Dollar seinen Höhepunkt gesehen hat, wurde das Interesse institutioneller Investoren durch die ersten Bitcoin-Käufe großer Unternehmen angekurbelt.

Im Fokus standen dabei der Elektroautobauer Tesla und vor allem das ehemalige Finanzanalyse-Unternehmen Strategy. Michael Saylor wird von vielen im Krypto-Sektor als Pionier angesehen, da er als erster institutioneller Investor den Schritt gewagt hat und eine All-In-Strategie in Bitcoin eingegangen ist. 

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Die institutionelle Adaptionswelle ist eingetroffen

Der damalige Zyklus war infolge geprägt von der Hoffnung, dass dieser Schritt eine Welle an institutionellem Kapital auslösen und den Bitcoin-Preis in ungeahnte Höhen treiben würde. Es sind jedoch im weiteren Verlauf nur wenige dem Beispiel gefolgt und der anschließende Bärenmarkt hat viele enttäuschte Anleger zurückgelassen. 

Anders sieht das Bild in diesem Zyklus aus. In den USA, dem wichtigsten Finanz-Standort der Welt, unterstützt die aktuelle Regierung den Krypto-Sektor aktiv. Zudem hat die Zulassung der Bitcoin-Spot-ETFs im Jahr 2024 eine dringend benötige regulatorisch klare Infrastruktur geschaffen, die es vielen traditionellen Anlegern überhaupt erst ermöglicht hat, in Bitcoin zu investieren. 

Strategy ist eine tragende Infrastruktur-Säule

Strategy hat sich vom Vorreiter ebenfalls zu einer tragenden Infrastruktur-Säule gewandelt, da das Unternehmen vollständig zu einem Geschäftsmodell als Bitcoin-Treasury-Anbieter gewechselt ist. Anleger, die indirekt in Bitcoin investieren wollen, machen dies in großer Zahl über die Strategy-Aktie.

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Strategy (ehemals MicroStrategy) - eine Aktie für Bitcoin-Investoren · Uhr · onvista
Strategy (ehemals MicroStrategy) - eine Aktie für Bitcoin-Investoren

Bemerkenswert ist dabei die aggressive Kaufstrategie des Unternehmens. Mittlerweile beläuft sich der Bestand auf über 580.000 Bitcoins. MicroStrategy finanziert die Käufe über die Aufnahme von Fremdkapital – zum Teil über die Ausgabe von neuen Aktien, zum Teil über die Ausgabe von Wandelanleihen. 

Strategy ist jedoch bei weitem nicht mehr das einzige Unternehmen, das Bitcoin in die Bilanz gekauft hat. Laut Daten des Anbieters bitcoin treasuries besitzen mittlerweile mehr als 130 Unternehmen Bitcoin-Bestände. Dazu gehören sowohl börsengelistete Unternehmen als auch Privatunternehmen, ETF-Anbieter und Mining-Unternehmen.

Eine neue Dynamik setzt ein

In den letzten Monaten ist sowohl die Anzahl an Unternehmen mit Bitcoin-Beständen gewachsen als auch die Geschwindigkeit, mit der die Bestände ausgebaut werden. Laut dem Krypto-Analysten Kyle Chassé haben mehr als 60 Unternehmen in den letzten zwei Monaten ihre Bestände verdoppelt (siehe Tweet unten).

Neben Strategy sind – abseits der großen Mining-Unternehmen – seit 2025 einige weitere relevante Bitcoin-Halter dazu gekommen. Die japanische Firma Metaplanet hat ihre Bitcoin-Bestände in diesem Jahr massiv erweitert. Metaplanet nutzt Nullkupon-Anleihen und Put-Optionen, um Käufe effizienter zu gestalten, und gehört zu den Top-Zehn-Bitcoin-Haltern weltweit. Das Unternehmen besitzt Stand Juni 2025 eine Position von 8.888 Bitcoins.

Auch die Trump Media und Technology Group hat eine große Ankündigung gemacht und plant eine Investition von 2,5 Milliarden Dollar über die Aufnahme von Fremdkapital (Aktien und Wandelanleihen), um eine Bitcoin-Reserve aufzubauen.

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Der Videospiel-Händler Gamestop besitzt einen Bestand von etwa 4.700 Bitcoins, ebenfalls finanziert durch Aktien- und Anleiheemissionen. Immer mehr Unternehmen folgen dieser Strategie und kündigen den Aufbau von Bitcoin-Beständen an, finanziert durch Aktien- und Anleiheemissionen. Kritiker sehen diese Strategie als riskant an, da eventuelle Kursrückgänge von Bitcoin zu Abschreibungen oder im schlimmsten Fall zu Margin Calls führen und Turbulenzen an den Finanzmärkten verursachen können.

Wer kauft die ETFs?

Während immer mehr Firmen auf die Strategie setzen, direkte Bitcoin-Bestände aufzubauen und diese über Fremdkapital zu finanzieren, machen Privatanleger den Großteil der bisherigen ETF-Käuferschaft aus, mit Schätzungen von bis zu 80 Prozent aller Käufer. Der US-Vermögensverwalter Blackrock hat Angaben gemacht, dass etwa 75 Prozent des Ishares Bitcoin Trust Krypto-Enthusiasten sind, die neu an der Wall Street sind und zuvor noch nie ein traditionelles Finanzprodukt gekauft haben.

Was sagt diese Dynamik aus?

Die ETFs haben den allgemeinen Zugang zu Bitcoin sehr viel einfacher und bequemer gemacht. Das gilt vor allem für Privatpersonen, die sich zuvor wenig mit den technischen Aspekten der Blockchain-Welt auseinandersetzen konnten oder wollten. Gleichzeitig hat die Zulassung der ETFs Bitcoin als Asset weiter legitimiert und an der Wall Street salonfähig gemacht.

Die wachsende Zahl an Unternehmen, die Bitcoin direkt kaufen, deutet jedoch auf eine nachhaltige Veränderung der Wahrnehmung von Bitcoin hin. Das jahrzehntelang dominierende Dollar-System wird aufgrund geopolitischer Machtverschiebungen – zumindest im Ansatz – infrage gestellt.

Gleichzeitig gerät die finanzielle Stabilität der aktuellen Supermacht USA immer mehr ins Wanken. Das Schuldenproblem, welches jahrelang aufgrund der Vormachtstellung des Dollars kein wirkliches Problem war, wird nun doch zu einer realen Gefahr und setzt die Anleihemärkte unter Druck. 

Veränderungen passieren ruckartig

In diesem Umfeld werden die fundamentalen Eigenschaften von Bitcoin als alternatives Zahlsystem und Wertspeicher zunehmend attraktiver, während der spekulative Charakter der Kryptowährung sich abschwächt. Dynamiken bei der Adaption von neuen Technologien und Netzwerken entwickeln sich nicht linear, sondern passieren ruckartig.

Im letzten Zyklus wurde die Dynamik durch Vorreiter wie Strategy ins Rollen gebracht. Die zum Positiven veränderten regulatorischen Rahmenbedingungen, die Zulassung der ETFs und eine wachsende Instabilität der traditionellen Finanzmärkte scheinen gerade zu einem Kipppunkt zu führen, bei der die Bitcoin-Adaption in eine Dynamik geraten kann, bei der immer mehr Unternehmen sich ein Wettrennen darum liefern, sich vorteilhaft zu positionieren.

Es ist sinnvoll, Bitcoin auf Pump zu kaufen

Neben steuerlichen und liquiditätsbedingten Vorteilen ist es auch aus fundamentaler Sicht sinnvoll, Bitcoin-Reserven über Fremdkapital aufzubauen. Denn der Dollar befindet sich auf dem absteigenden Ast, während Bitcoin langfristig immer stärker im Wert zunimmt.

Die Kosten für den Aufbau dieser Reserven könnten sich über die Zeit negieren, sollte der Dollar-Verfall anhalten oder sich noch beschleunigen, während Bitcoin zunehmend in seine neue Rolle hineinwächst. Je mehr Unternehmen dieses Potenzial erkennen, desto schneller kann sich diese Dynamik entfalten. 

Die spannende Frage ist, ob Bitcoin bereits einen Punkt erreicht hat, an dem sich diese Dynamik nicht mehr aufhalten lässt. Es spricht einiges dafür, da die Schulden-Situation der USA keinen einfachen Ausweg mehr zulässt und eine weitere Geldmengen-Ausweitung als Bekämpfung des Problems sehr wahrscheinlich ist, während immer mehr Unternehmen sich bereits entsprechend positionieren und das Rennen um Bitcoin de facto eröffnet ist.   

Denken Sie langfristig!

Mit welcher Strategie die USA aus ihrer Schuldenkrise herauskommen wollen und warum das für eine massive Bitcoin-Rally sorgen kann, erfahren Sie in der aktuellen Analyse auf decentralist.

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