Geschäftsklima hellt sich weiter auf: "Konjunktur-Tief liegt hinter uns"

- von Reinhard Becker und Klaus Lauer
Berlin (Reuters) - Die Stimmung in den Chefetagen der Unternehmen in Deutschland hat sich im Juni weiter verbessert und nährt die Hoffnung auf einen allmählichen Aufschwung.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg das sechste Mal in Folge - auf 88,4 Punkte nach 87,5 Zählern im Mai, wie das Münchner Ifo-Institut am Dienstag zu seiner Umfrage unter rund 9000 Führungskräften mitteilte. Ökonomen hatten nur mit 88,2 Punkten gerechnet. Insbesondere die Erwartungen der Führungskräfte hellten sich auf, während sie ihre aktuelle Lage nur minimal besser einschätzten. "Die deutsche Wirtschaft schöpft langsam Zuversicht", sagte Ifo-Chef Clemens Fuest.
Dies sieht auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer so: "Der sechste Anstieg in Folge beim Ifo-Geschäftsklima ist ein klares Signal, dass das Konjunktur-Tief hinter uns liegt." Von nun an dürfte sich die Wirtschaft aus seiner Sicht erholen: "Nicht wegen besserer Rahmenbedingungen für die Unternehmen, sondern vor allem wegen des riesigen Finanzpakets der Regierung und der Zinssenkungen der EZB."
BANGER BLICK AUF NAHOST - IRAN-KONFLIKT BREMST INDUSTRIE
Der Luftkrieg zwischen Israel und Iran belasten allerdings Teile der deutschen Wirtschaft und sorgen für Unsicherheit. "Die Iran-Angriffe haben auf die Industrie dämpfend gewirkt. Aber in Summe hat sich das Gesamtbild nicht groß verändert", sagte der für die monatlichen Konjunkturumfragen zuständige Ifo-Experte Klaus Wohlrabe der Nachrichtenagentur Reuters. "Die Erwartungen sind nach den Angriffen auf den Iran schlechter ausgefallen, etwa bei der Industrie", erläuterte Wohlrabe. Beim Handel und am Bau hingegen habe dies kaum eine Rolle gespielt. "Wenn es keine weitere Eskalation im Nahen Osten gibt, wird die Unsicherheit für die deutsche Wirtschaft weiter sinken", sagte der Ifo-Experte mit Blick auf eine von US-Präsident Donald Trump angekündigte Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran.
Allerdings hätten sich die Aussichten der deutschen Exporteure leicht eingetrübt, betonte Wohlrabe. "Die Zollproblematik ist noch nicht vom Tisch." Zwischen der EU und den USA werde noch verhandelt. "Solange es kein formales Abkommen gibt, ist bei den Exporteuren noch Unsicherheit."
WIRTSCHAFT "LANGSAM ZURÜCK IN DER SPUR" - ABER KEINE DYNAMIK
Besonders stark hingegen verbesserte sich die Stimmung bei den Dienstleistern. Im Großhandel hellte sich das Geschäftsklima auf, während es sich im Einzelhandel leicht eintrübte. Im Bauhauptgewerbe setzte sich der Aufwärtstrend derweil fort. "Die Erwartungen stiegen auf den höchsten Wert seit Februar 2022 - Sie sind jedoch immer noch von Skepsis geprägt", sagte Ifo-Chef Fuest. Die Einschätzungen zur aktuellen Lage seien unverändert.
Die Wirtschaft war im ersten Quartal 2025 um 0,4 Prozent gewachsen und hat sich damit besser gehalten als von vielen Fachleuten wegen der vielen Konjunkturrisiken befürchtet. Nach zwei Rezessionsjahren dürfte es im Gesamtjahr nach Einschätzung vieler Ökonominnen und Ökonomen wieder zu einem leichten Wachstum reichen. "Die deutsche Wirtschaft findet langsam zurück in die Spur", bilanzierte Wohlrabe. "Das Prinzip Hoffnung kommt zurück." Aber der Ifo-Fachmann stellte auch klar: "Von einer dynamischen Entwicklung sind wir noch weit entfernt."
(Bericht von Reinhard Becker und Klaus Lauer; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)