Wie wirkt sich die „Big Beautiful Bill“ in den USA auf die Märkte aus?
Maximilian Nagel

Donald Trump hat seinen Willen bekommen: Der US-Präsident wollte sein gigantisches Steuer- und Ausgabenpaket noch vor dem 4. Juli, dem Feiertag zur US-Unabhängigkeit, verabschieden.
Am Donnerstag segnete das US-Repräsentantenhaus das Gesetz ab, Trump unterzeichnete es wenig später. Damit löst Trump das zentrale Wahlkampfversprechen ein, Steuern zu senken.
Worum geht es bei der „Big Beautiful Bill“?
Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine Fortführung der Steuerpolitik seiner ersten Amtszeit. Damals erlassene Gesetze wären zum Jahresende ausgelaufen. Konkret beinhaltet die „Big Beautiful Bill“, dass Steuererleichterungen dauerhaft verlängert werden und andere Abgaben – etwa auf Trinkgelder und Überstunden – bis zu einem bestimmten Betrag wegfallen.
Mehrausgaben sieht das Gesetzespaket bei der Verteidigung, dem Grenzschutz und dem hitzigen Thema der Migration vor. Umgekehrt soll vor allem bei den Versorgungssystemen gekürzt werden, wie beispielsweise bei Medicaid.
Trotz der Einschitte im sozialen Bereich gibt es die Erleichterungen nicht zum Nulltarif. Den Schätzungen des Kongressbüros für Budgetfragen (CBO) zufolge wird das Gesetz das Defizit der USA im kommenden Jahrzehnt um 3,3 Billionen US-Dollar erhöhen. Derzeit belaufen sich die Staatsschulden der USA auf 36 Billionen Dollar. Das Schuldenlimit, um welches sich Demokraten und Republikaner in regelmäßigen Abständen streiten, steigt mit dem Gesetz indes um fünf Billionen Dollar.
Steigen die Schulden der USA nicht ständig?
Es ist nicht neu, dass die Schulden wirtschaftsstarker Industrieländer stetig steigen, zumindest der Betrag. Solange die Wirtschaft (und damit auch die Steuereinnahmen) deutlicher steigen, ist das weitestgehend unproblematisch. Die Schuldenquote bleibt dann gleich. Genau hier aber könnte Trumps „großes schönes Gesetz“ zum Problem werden.
„Selbst die rosigsten Prognosen zeigen, dass die Steuererleichterungen in den ersten Jahren zu einem nominal höheren Bruttoinlandsprodukt führen, aber so viele Schulden benötigen, dass der schädliche Effekt steigender Zinssätze jegliche Budgetgewinne durch eine größere Wirtschaft aufzehrt“, schreibt Bloomberg-Kolumnistin Kathryn Anne Edwards.
Ohnehin, merkt Edwards an, würden sich die Finanzierungskosten in den USA schon durch das bloße Volumen, in welchem die US-Regierung neue Schulden aufnimmt, erhöhen. Außerdem würden die Märkte voraussichtlich eine höhere Risikoprämie angesichts des wachsenden Schuldenbergs fordern. Nicht umsonst strich die Ratingagentur Moody’s im Mai (nach Fitch und S&P zuvor) das Top-Bonitätsrating der USA.
Weil andere Zinssätze, wie etwa Hypotheken, sich an den Renditen von US-Staatsanleihen orientieren, steigen auch die Finanzierungskosten der Verbraucher. Zu diesem Ergebnis kommt etwa auch das „Budget-Labor“ der US-Universität Yale. Ob Autokredit, Hypothek, oder Finanzierung für eine Firma – alles wird langfristig teurer.
Wie wirkt sich das Gesetz auf die Wirtschaft aus?
Wie bereits erwähnt, dürften die nächsten Jahre zunächst von einer stärkeren Konjunktur geprägt sein. Steuererleichterungen, insbesondere für Unternehmen, zeigen sich schnell im Ergebnis. Auch die US-Verbraucher dürften zunächst durch die Einschnitte über ein höheres, frei verfügbares Einkommen verfügen, was ebenfalls förderlich für die Konjunktur ist.
Auf der anderen Seite dürfte dieser Effekt im Laufe der Zeit von den steigenden Finanzierungskosten konterkariert werden. Der Wegfall der sozialen Sicherung schade der Wirtschaft ebenso, schreibt Bloomberg-Kolumnisten Edwards.
„Ausgaben für die hilfsbedürftigsten Amerikaner wegzukürzen, bremst die Wirtschaft über eine Vielzahl an Mechanismen aus – sei es durch den erwiesenen Effekt, dass Lebensmittelmarken zu besseren Ergebnissen im Schulwesen führen und die Konsumausgaben stützen, oder den Erfolg von Medicaid im Kampf gegen die Sterblichkeit in der jüngeren Hälfte der Bevölkerung“, erklärt Edwards.
Was bedeutet das für die Märkte?
Der unerwartet starke Bericht zum US-Arbeitsmarkt überschattete am Donnerstag das finale Votum zu Trumps Gesetzespaket im Kongress, weshalb eine unmittelbare Marktreaktion an der Wall Street ausblieb. Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq 100 verbuchten allesamt Gewinne. Wegen des Feiertags am heutigen Freitag wird es konkrete Signale erst zur neuen Woche geben.
Jedoch dürfte die Verabschiedung die „Big Beautiful Bill“ auch dann eher eine untergeordnete Rolle spielen. Kurz- bis mittelfristig könnte der positive Effekt auf die Unternehmensgewinne tendenziell eine Unterstützung für die Kurse in den USA sein.
Langfristig sieht es anders aus. Kurzfristig könne das Programm zwar positive Wachstumseffekte generieren, schreibt JP-Morgan-Kapitalmarktstratege Tilman Galler. Doch „gleichzeitig könnte es auch zu erheblichen Störungen an den Anleihenmärkten führen.“ Schon jetzt zeige sich, wie das Vertrauen in den US-Dollar zunehmend schwinde.
Das wiederum kann für die Börsen zur Belastung werden, gleich mehrfach. Einerseits locken höhere Verzinsungen bei Staatsanleihen Anleger von Aktien weg. Selbst mit einem niedrigeren Bonitätsrating dürften höhere Renditen bei US-Anleihen risikoaversere Investoren (innerhalb der USA) eher reizen als Aktien. Kapital könnte also von den Aktien- in die Anleihenmärkte fließen.
Ebenfalls denkbar ist wiederum, dass Investoren aus dem Ausland weniger US-Bonds kaufen – aufgrund der erhöhten Volatilität seit dem Amtsantritt Trumps. Dadurch büßen die Papiere etwas an ihrer Attraktivität als „sicherer Hafen“ ein.
Werden US-Bonds nun nicht mehr so stark nachgefragt, verliert der Dollar an Stärke, ein Trend, der sich insbesondere gegenüber dem Euro in diesem Jahr schon zeigte. Das belastet einerseits das Geschäft der US-Firmen, die ihre Umsätze und Gewinne mehrheitlich im Ausland erwirtschaften.
Gerade für europäische Anleger aber kommt so noch ein Wechselkursrisiko hinzu. Wer etwa dieses Jahr in den S&P 500 investierte, stünde rein vom Kurs her zwar mit Rekorden da. Durch den schwachen Dollar aber hätte er tatsächlich einen Verlust von 6,9 Prozent erlitten. Trumps „Big Beautiful Bill“ könnte demnach mittel- bis langfristig ein Problem für alle Anleger werden, die zwar in Dollar kaufen, aber am Ende in Euro abrechnen müssen.