Platzt die Bitcoin-Blase noch mal?
Alexander Mayer

Der Bitcoin-Preis befindet sich in seinem vierten großen Zyklus und hat sich trotz aller Widrigkeiten in die oberen Ränge der Finanzwelt vorgekämpft. Auf dem Weg dorthin wurde die Kryptowährung jedoch schon unzählige Male totgesagt. Das ist angesichts der drei bisherigen gigantischen Spekulationsblasen verständlich.
2013 ist der Kurs nach dem Hype um die ersten großen Handelsplattformen wie Silkroad und Mt.Gox und dem Anstieg über die 1000-Dollar-Marke um mehr als 80 Prozent eingebrochen. 2018 folgte nach der ICO-Spekulationsblase ein weiterer Absturz um über 80 Prozent. Die letzte große, von der künstlichen Geldwelle in 2021 angetriebene Blase hat zu einer Korrektur von knapp 80 Prozent geführt.
Kommt die nächste Blase?
Die Argumentation, dass der Bitcoin-Preis aufgrund der breiten institutionellen Adaption derzeit einen Reifeprozess durchläuft und dass die Volatilität sowohl nach oben als auch nach unten geringer ausfällt, ist plausibel. Bisher erfolgt der Kursanstieg in diesem Zyklus verglichen mit den vergangenen Zyklus-Dynamiken moderater, dafür stetiger.
Doch das Potenzial einer Spekulationsblase besteht auch in diesem Zyklus – und könnte diesmal sogar aus dem Bereich kommen, der eigentlich für eine größere Stabilität sorgen soll: der Wallstreet.
Es geht um die stark wachsende Zahl an „Bitcoin Treasury Unternehmen“, die Bitcoin in ihre Bilanzen aufnehmen. Strategy (ehemals Microstrategy) war der einsame Vorreiter im letzten Zyklus, doch mittlerweile rollt eine immer größere Welle dieser Unternehmen heran.
Seit dem ersten Quartal 2024 ist die Zahl der Unternehmen mit Bitcoin-Beständen um mehr als 200 Prozent gestiegen. Ende Q2 2025 halten 154 Unternehmen Bitcoin – ein Anstieg von 57 Prozent allein im Vergleich zu Q1 2025. Zu den größten Akteuren zählen Strategy (ehemals MicroStrategy), Metaplanet, sowie neuere Player wie ProCap BTC und Twenty-One Capital.
Wie ist dieser Trend entstanden?
Strategy hat es im letzten Zyklus vorgemacht und durch das Überleben im letzten Bärenmarkt bewiesen, dass diese Strategie funktionieren kann. Strategy hat seit 2020 fast 600.000 Bitcoins gekauft. Sowohl der Aktienkurs des Unternehmens als auch die Bitcoin-Bestände sind um mehrere Milliarden Dollar im Wert gestiegen.
Die anhaltende Ausweitung der Geldmenge über lockere Geld- und Fiskalpolitik im globalen Maßstab, eine weiter fortgeschrittene Adaption von Bitcoin auf Staaten- und Institutionsebene, sowie das langsam wegbrechende Vertrauen in das Dollar-System und Turbulenzen an den Anleihemärkten machen Bitcoin attraktiver und sorgen für eine steigende Nachfrage.
Die vor allem in den USA deutlich freundlicher gewordene regulatorische Umgebung hat für viele Unternehmen die letzten Hürden genommen, in die Bitcoin-Strategie einzusteigen.
Wie funktioniert die Bitcoin Treasury Strategie?
Diese Unternehmen nehmen Fremdkapital auf, um einen Bitcoin-Bestand aufzubauen. Das funktioniert über die Ausgabe von Aktien, Wandelanleihen oder Cash-Covered-Puts. Dabei hinterlegt das Unternehmen Bargeld, um Bitcoin zu einem festgelegten, niedrigeren Kurs zu kaufen, was den Bitcoin-Bestand erhöht, ohne direkt neues Kapital aufnehmen zu müssen.
Durch den (erwarteten) weiteren Preisanstieg von Bitcoin bei gleichzeitiger Entwertung des Dollars wird spekuliert, dass Anleger bei Laufzeitende der Wandelanleihen die Aktien-Option und nicht die Rückzahlung in Cash ziehen.
Die Bedienung der Kredite soll zudem durch einen weiter steigenden Bitcoin-Kurs bei gleichzeitiger Abwertung des Dollars im Laufe der Zeit mit einer geringen Menge des Bestands möglich sein.
Im Endeffekt handelt es sich um eine Art Carry Trade, der an den Devisenmärkten gängig ist. Der Yen-Carry-Trade, bei dem Kredite in Yen aufgenommen werden, diese gegen Dollar getauscht und dann in besser verzinste US-Assets investiert werden, ist ein guter Vergleich. Die Rendite soll die Aufnahme-Kosten durch den Währungsunterschied übertreffen.
Warum funktioniert diese Strategie?
Viele institutionelle Anleger sind durch regulatorische Beschränkungen oder interne Richtlinien immer noch daran gehindert, direkt in Bitcoin zu investieren. Aktien oder Wandelanleihen bieten eine Möglichkeit, indirekt am Bitcoin-Preisanstieg teilzuhaben, da die Bilanzen dieser Unternehmen stark von ihren Bitcoin-Beständen abhängen.
Wandelanleihen sind besonders attraktiv, da sie eine festverzinsliche Komponente bieten und gleichzeitig die Option beinhalten, in Aktien umgewandelt zu werden. Das kann bei steigendem Bitcoin-Kurs zu hohen Renditen führen.
Die Fremdkapital-Aufnahme der Unternehmen schafft zudem eine gehebelte Exposition gegenüber Bitcoin. Das bedeutet, dass ein Anstieg des Bitcoin-Preises die Aktienkurse dieser Unternehmen überproportional steigern kann. Im Vergleich zu direkten Bitcoin-Investitionen können Aktien und Wandelanleihen zudem steuerliche Vorteile bieten, da sie in traditionellen Portfolios leichter gehalten und gehandelt werden können.
Wie kann das schief gehen?
Die Gefahr liegt in der weiteren Preisentwicklung von Bitcoin. Die Idee dieses „Bitcoin-Dollar-Carry-Trades” liegt darin, dass Bitcoin in Dollar bemessen weiter aufwertet und die Schwächung des Dollars weitergeht.
Blickt man auf das langfristige Bild, ist diese Annahme durchaus plausibel, da Bitcoin seit seiner Entstehung im Jahr 2009 in Dollar bemessen massiv an Kaufkraft hinzugewonnen hat, während die Kaufkraft des Dollars erodiert ist. Die anhaltende geldpolitische Manipulation der Märkte liefert den Spielraum dafür, dass diese Dynamik sich weiter fortsetzen wird.
Doch zwischenzeitliche Übertreibungen, gefolgt von starken Korrekturen sind weiterhin eine realistische Gefahr. Angenommen uns erwartet, beispielsweise im Jahr 2026, die nächste ausgedehnte Marktkorrektur und Bitcoin fällt entsprechend seiner üblichen Dynamiken um 40 bis 50 Prozent in wenigen Monaten. Dies würde zu einer hohen Belastung für einige der Bitcoin-Treasury-Firmen führen.
Wandelanleihen, die bei einem höheren Bitcoin-Preis attraktiv sind, verlieren an Wert, da die Aktienkurse des Unternehmens aufgrund der Korrelation mit Bitcoin einbrechen. Investoren beginnen, die Rückzahlung der Anleihen zu fordern, anstatt sie in Aktien umzuwandeln.
Unternehmen, die wiederholt Aktien emittiert haben, stehen vor einer Vertrauenskrise bei Aktionären, da die Verwässerung der Anteile den Aktienkurs weiter drückt. Neue Kapitalaufnahmen werden schwierig, da Investoren das Vertrauen verlieren. Um ihre Schulden zu bedienen oder Liquidität zu sichern, könnten einige Unternehmen gezwungen werden, ihre Bitcoin-Bestände zu verkaufen.
Margin Calls könnten den Crash verstärken
Hinzu kommt die Gefahr durch Margin Calls: Einige Unternehmen haben Bitcoin-basierte Kredite mit variablen Sicherheitsanforderungen. Sinkt der Bitcoin-Preis unter eine bestimmte Schwelle, müssen sie zusätzliche Sicherheiten hinterlegen oder Bitcoin verkaufen, was eine Kaskade von Verkäufen auslöst.
Eine solche Abverkaufswelle würde den Gesamtmarkt beeinflussen und Panikverkäufe bei Privatanlegern auslösen. Eine negative Rückkopplungsschleife könnte entstehen, die den Bitcoin-Preis – ähnlich wie in vergangenen Zyklen – um 80 Prozent oder mehr nach unten drückt.
Dieses Szenario ist vor allem für Treasury-Unternehmen gefährlich, die zu einem späten Zeitpunkt des Zyklus einsteigen und ihr Kreditrisiko nicht gut genug managen. Die Grund-Idee eines Bitcoin-Carry-Trades mag solide sein, es besteht jedoch die Gefahr, dass es zu Übertreibungen kommt und auch in diesem Zyklus eine Blase platzt. Entscheidend ist dabei jedoch, wie es mit der US-Schuldenkrise und dem allgemeinen Vertrauen in das Dollar-System weitergeht.
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