Total: Gewinne ja, aber sie sprudeln nicht mehr ++ Continental: Neuer Vorstandsvorsitzender wird gesucht ++ Swiss Re: Zurück im Gewinn

onvista · Uhr

Das erste Zahlengewitter ist über die Märkte gezogen. Am lautesten hat es dabei Donnerstag nach US-Börsenschluss gekracht. Mit Amazon, Apple, Alphabet und Facebook haben gleich vier Schwergewichte ihre Zahlen vorgelegt. Das Quartett hat mit seinen Zahlen sicherlich nicht enttäuscht, trotzdem verwundert die unterschiedliche Reaktion der Anleger auf das Zahlenwerk der Tech-Riesen. Amazon pulverisiert die Erwartungen und die Aktie taucht nachbörslich ins Minus. Gut möglich, dass die Weisheit „Sell on good news“ hier greift oder „Buy the rumor, sell the fact“, da ja schon länger spekuliert wurde, dass Amazon ein gutes Quartal präsentieren würde.

Die Ergebnisse aber als Begründung dafür heranzuziehen, dass die US-Futures im Minus liegen und damit auch den Dax in den Keller drücken, ist nicht ganz nachvollziehbar. Die Google-Mutter Alphabet, Amazon, Facebook und auch Apple haben die Erwartungen übertroffen. Die einen deutlich, die anderen nur knapp - aber eben alle drüber:

# Apple: Zahlen nur hauchdünn über den Erwartungen - iPhone-Verkäufe sind den Anlegern zu wenig - Aktie verliert fast 5 Prozent

# Facebook: Zahlen über den Erwartungen - Aktie leicht im Plus

# Alphabet: Google-Mutter steigert Gewinn kräftig - Aktie zieht um rund 5 Prozent an

# Amazon: Online-Gigant pulverisiert Analystenschätzungen - Aktie gibt trotzdem nachbörslich ab!

Twitter hingegen ist aus der Reihe getanzt und hat dafür nachbörslich eine zweistellige Quittung erhalten. Aber mal ehrlich! Twitter wurde noch nie in das Konzert der großen Technologie-Konzerne eingeladen und deswegen dürften die Zahlen, die das blaue Vögelchen gezwitschert hat, keinen großen Einfluss auf die Marktentwicklung haben.

Viel wahrscheinlicher ist, dass die Märkte durch die Corona-Krise schwerer einzuschätzen sind. Manche Reaktion lässt sich einfach nicht mehr mit den bekannten Mechanismen der Märkte erklären. Ein Zeichen dafür, dass die Anleger wieder etwas vorsichtiger werden sollten.

Trump schließt weiteren Lockdown aus

US-Präsident Donald Trump hat ungeachtet weiter steigender Coronavirus-Infektionen neue weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens in den USA ausgeschlossen. „Wir werden nie wieder einen Lockdown machen“, verkündete Trump am Donnerstag bei einem Wahlkampfauftritt in Tampa im Bundesstaat Florida. Er nahm dabei auch ausdrücklich Bezug auf die in Deutschland und Frankreich angekündigten Einschränkungen.

Während die Zahl der Corona-Neuinfektionen in den USA zuletzt wieder auf rund 79 000 an einem Tag angestiegen war, beharrt Trump weiterhin darauf, dass man bald über den Berg sein werde. Er verweist darauf, dass bald wirksame Arzneimittel wie Antikörper-Medikamente sowie Impfstoffe verfügbar sein würden. Experten auch aus Trumps Regierung warnen allerdings, dass bis dahin noch Monate vergehen dürften. Deshalb setzten sie sich unter anderem für das Tragen von Masken ein.

Dax wieder unter Druck

Nach seinem zaghaften Stabilisierungsversuch am Vortag gab der Dax im frühen Freitagshandel nun wieder um 0,86 Prozent auf 11.498,36 Punkte nach. Der MDax der 60 mittelgroßen Börsentitel verlor 0,72 Prozent auf 25 615,73 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,8 Prozent nach unten.

Anleger, die darauf gehofft hätten, dass die US-Technologiekonzerne mit guten Zahlen den Ausverkauf an den Börsen stoppen könnten, seien enttäuscht worden, sagte Analyst Milan Cutkovic vom Broker Axi. Vor der US-Präsidentschaftswahl in der kommenden Woche bleibe die Risikoneigung gedämpft und es begebe sich niemand auf Schnäppchenjagd, so der Experte. Angesichts der neuen Restriktionen in Europa zur Eindämmung der Coronavirus-Ausbreitung sei dies auch nicht verwunderlich.

Der Dax erlebte im Zuge der verschärften Corona-Krise mit einem neuen Teil-Lockdown in Deutschland von diesem Montag an bereits eine rabenschwarze Woche. Aktuell beläuft sich der Wochenverlust auf mehr als neun Prozent. Das Chartbild ist entsprechend düster und verspricht unmittelbar kaum Unterstützung.

Continental: Neuer Chef gesucht

Vorstandschef Elmar Degenhart tritt vorzeitig ab. Wie der Dax-Konzern aus Hannover am Donnerstagabend überraschend mitteilte, informierte der 61-Jährige den Aufsichtsrat über seinen Entschluss. Demnach gibt Degenhart das Amt an der Unternehmensspitze „aus Gründen unmittelbar notwendiger, gesundheitlicher Vorsorge“ bereits Ende November auf.

Der Top-Manager hatte den nach Bosch derzeit zweitgrößten Autozulieferer der Welt mehr als elf Jahre lang geführt. Degenhart habe das Kontrollgremium gebeten, der Aufhebung seines eigentlich noch bis August 2024 laufenden Vertrags zuzustimmen. Chefaufseher Wolfgang Reitzle will kurzfristig über die Nachfolge entscheiden. „Wir konzentrieren uns dabei auf die nahtlose Fortsetzung und Kontinuität in der laufenden Transformation von Continental vom Reifenhersteller und Automobilzulieferer zum zukunftsweisenden Technologie- und Softwareunternehmen für die Mobilität“, erklärte er.

Ein Firmensprecher bekräftigte, dass es sich um persönliche, gesundheitliche Rücktrittsgründe Degenharts handle. Der Vorstandschef selbst erklärte, ihm sei „vor kurzem die Bedeutung vor Augen geführt“ worden, „in meiner persönlichen Lebensplanung unverzüglich die Vorsorge für meine Gesundheit in den Vordergrund zu stellen. Dabei hätte ich sehr gerne an unserem strukturellen Umbau und unserem profitablen Wachstums- und Zukunftsprogramm weitergearbeitet“. Er müsse nun jedoch andere Prioritäten verfolgen.

Total: Zurück in der Gewinnzone

Der Ölkonzern hat sich im dritten Quartal etwas erholt. So konnte das Unternehmen nach einem Milliardenverlust im zweiten Quartal wieder einen Gewinn erzielen. Unter dem Strich verblieben 202 Millionen US-Dollar (172,5 Mio Euro), wie Total am Freitag in Paris mitteilte. Im Vorquartal hatten die Franzosen wegen eines beispiellosen Nachfrage- und Preiseinbruchs Milliarden auf ihre Bestände abschreiben müssen.

Dennoch belasteten die im Vergleich zum Vorjahr weiter niedrigeren Öl- und Gaspreise die Profitabilität. Der Ölpreis lag etwa 31 Prozent unter dem Vorjahr. So hatte Total im Vorjahresquartal noch einen Nettogewinn von 2,8 Milliarden Dollar erreicht.

Bereinigt betrug der Nettogewinn in den Monaten Juli bis September des laufenden Jahres 848 Millionen Dollar, nach 126 Millionen in den drei Monaten zuvor und 3 Milliarden Dollar im Vorjahr. Das lag deutlich über den Analystenprognosen. Das Sparprogramm laufe besser als gedacht, hieß es von Total. Das Unternehmen kappte zudem nochmals seine Investitionspläne für das laufende Jahr.

Kurz & knapp:  

Air France-KLM: Die Corona-Krise hat der Fluggesellschaft im Sommer einen weiteren Milliardenverlust eingebrockt. Im dritten Quartal stand unter dem Strich ein Minus von fast 1,7 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Freitag in Paris mitteilte. Nach einer vielversprechenden Erholung im Sommer hätten die wieder aufkommenden internationalen Reisebeschränkungen ab Mitte August und die Verstärkung der Pandemie die Ergebnisse des Konzerns stark beeinträchtigt, sagte Konzernchef Benjamin Smith. In den ersten neun Monaten verbuchte Air France-KLM insgesamt einen Nettoverlust von 6,1 Milliarden Euro.

Swiss Re: Der Rückversicherer hat es nach milliardenschweren Schäden durch die Corona-Pandemie im Sommer wieder in die schwarzen Zahlen geschafft. Im dritten Quartal stand unter dem Strich ein Gewinn von 444 Millionen US-Dollar (379 Mio Euro), wie das schweizerische Unternehmen am Freitag in Zürich mitteilte. Damit schnitt die Swiss Re besser ab als von Analysten im Schnitt erwartet. Auf die ersten ersten neun Monate des Jahres gesehen steckt das Unternehmen aber immer noch mit 691 Millionen Dollar in den roten Zahlen. Im dritten Quartal legte die Swiss Re weiteres Geld für Versicherungsschäden infolge der Corona-Krise zurück. In den ersten neun Monaten summieren sich die Belastungen in diesem Bereich damit auf rund drei Milliarden Dollar. Weitere Großschäden etwa durch die Hurrikane „Laura“ und „Sally“ sowie die schwere Explosion in Beirut schlugen im Schaden- und Unfallgeschäft mit 1,5 Milliarden Dollar zu Buche.

BBVA: Die spanische Großbank hat im dritten Quartal überraschend viel verdient. Der Gewinn sank zwar um sieben Prozent auf 1,14 Milliarden Euro, wie die Bank am Freitag in Madrid mitteilte. Experten hatten allerdings mit einem deutlich stärkeren Rückgang gerechnet. Bereinigt um die Folgen des starken Euro wäre der Gewinn der Bank, die viel Geschäft in Mittel- und Südamerika, der Türkei und den Vereinigten Staaten hat, sogar um gut vier Prozent gestiegen.

Von Markus Weingran / dpa-AFX

Foto: multitel / shutterstock

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