Bitcoin: Befindet sich die Kryptowährung in einem „Superzyklus“? Was dafür und was dagegen spricht

onvista · Uhr

Der Bitcoin arbeit weiter daran, die Marke von 60.000 Dollar zu überschreiten und ist diesem Ziel mit einem Plus von knapp einem Prozent auf 58.600 Dollar im heutigen Handel wieder ein kleines Stück näher gekommen.

Blickt man auf die Preisentwicklung der letzten Wochen und Monate zurück, sind die Kurssprünge zwar fast schon von exzessiven Ausmaßen und der Grund für die erneute Warnung einer Blase, die von einigen Finanzmarktbeobachtern ausgerufen wird. Schaut man sich die Preisentwicklung jedoch im Zusammenhang mit dem populär gewordenen „Stock-to-Flow“-Modell an, welches den Preis in Relation zu der Knappheit der Ressource setzt, dann hält sich der Kurs beeindruckend präzise an dieses Modell.

Diese Faktoren haben die letzten drei bullischen Marktphasen angetrieben

Auf „inhaltlicher“ Ebene lagen die letzten drei parabolischen Phasen in verschiedenen Triebfedern begründet. Die erste Phase wurde vor allem durch die wachsende Verbreitung und bessere Handelbarkeit von Bitcoin auf großen Börsen wie beispielsweise die später Pleite gegangene Plattform Mt. Gox getrieben. Der Hype im Jahr 2017 wurde durch das rasant wachsende Ökosystem hinter Bitcoin ausgelöst und vor allem durch das Aufkommen der diversen ICOs – Initial Coin Offerings – befeuert, die ein digitales (und unreguliertes) Pendant zu klassischen Börsengängen dargestellt haben.

Die jetzige Hype-Phase wird zum einen von der technischen Weiterentwicklung der Ideen getrieben, die in der ICO-Phase 2017 ihre Finanzierungen eingesammelt haben. Unter dem Oberbegriff „Decentralized Finance“ erringt der Krypto-Sektor derzeit mehr und mehr Reife und macht sich daran, eine dezentrale, konkurrenzfähige Alternative zum derzeitigen Finanzsystem aufzubauen. So zumindest das langfristige Ziel.

Ein weiterer, ganz elementarer Faktor ist jedoch das institutionelle Interesse, dass den Bitcoin-Preis und indirekt auch den restlichen Krypto-Markt derzeit in die Höhe treibt. Die wachsende Bekanntheit, seine zunehmende Habilitierung und seine Fähigkeiten als autonomer Geldspeicher machen Bitcoin für diese Investorengruppe attraktiv, da die Schwierigkeiten an den traditionellen Finanzmärkten, die seit der Finanzkrise 2008 und der Geburtsstunde des Bitcoin, weiter zugenommen haben, nicht zuletzt ganz massiv durch die Corona-Krise.

Sind wir in einem „Superzyklus“?

Und genau in diesem letzten Punkt liegt auch das Argument vieler Krypto-Experten und Markt-Analysten, dass die bisherigen, zyklischen Preisbewegungen, die von diesem Modell ausgehen, nicht mehr gültig sind. Zuletzt hat sich Dan Held, ein führender Manager der US-Krypto-Handelsplattform Kraken, zu diesem Thema geäußert.

„Die Leute sind nicht mehr nur für einen spekulativen Lauf dabei. Die Leute kaufen es, weil sie den Wert von Bitcoin sehen “, erklärte er. Held ist auch davon überzeugt, dass Bitcoin, sobald es sein volles Potenzial als digitales Gold erreicht hat, das Geldmonopol der Regierungen in Frage stellen wird. „Bitcoin untergräbt ihre gesamte Macht und Autorität, indem es Geld aus ihrem Besitz entfernt“, sagte er.

Für den restlichen Kryptomarkt ist er allerdings weniger optimistisch eingestellt. Laut seiner Ansicht werden die Regierungen aufgrund der wachsenden Stärke des Bitcoin-Netzwerks gegen den gesamten Krypto-Sektor vorgehen und aus seiner Sicht ist nur Bitcoin geeignet, einem solchen Angriff zu widerstehen. Laut Held können Altcoins einen solchen Angriff nicht überleben, da die meisten von ihnen „ihre Zensurresistenz und ihre dezentralen Eigenschaften herabsetzen, um ihre Akzeptanz zu erhöhen“. Bitcoin wurde jedoch speziell entwickelt, um einer solchen Zensur zu widerstehen. „Satoshi hat die Blockchain gebaut, um Bitcoin zu bauen, und er hat sie gebaut, um ein unglaublich widerstandsfähiges Werkzeug gegen Regierungen zu sein.“

Das Contra-Argument

Die Pro-Argumente für einen „Superzyklus“ sind angesichts der Gefahren durch die Corona-Krise und die exzessiven Schritte der Notenbanken nicht von der Hand zu weisen, da der Bitcoin wie gemacht für das derzeitige Umfeld zu sein scheint. Jedoch könnte man das Stock-to-Flow-Preismodell selbst auch als Argument gegen einen Superzyklus nennen. Denn die Popularität dieses Modell hat seit dem Bekanntwerden vor etwa zwei Jahren massiv zugenommen und die Tatsache, dass der Preis sich bisher so genau daran hält, macht es für Analysten und Investoren zu einem attraktiven Preisbestimmungswerkzeug.

Jeder professionelle Analyst, der sich mit Kryptowährungen beschäftigt, dürfte das SF-Modell mittlerweile kennen und es wäre geradezu fahrlässig, es nicht in die eigene Analyse mit einfließen zu lassen. Das heißt jedoch auch, dass viele mit dem vorberechneten Preis-Peak und wohl auch mit einer anschließenden, herben Korrektur rechnen werden, bevor sich der Preis wieder beim Mittelwert einpendeln wird. Sogesehen könnten der Peak bei (laut dem Modell) etwa 288.000 Dollar und auch eine anschließende Korrektur um bis zu 80 Prozent allein schon als die an den Börsen bekannte „selbsterfüllende Prophezeiung“ eintreffen. Es ist verlockend, so genaue Preis-Anker zu als Orientierung zu nutzen, sei es auf dem Weg nach oben, als auch auf dem Weg nach unten.

Deutsche Bank: Bitcoin ist „zu wichtig, um es zu ignorieren“

An der langfristigen fundamentalen Entwicklung von Bitcoin wird wahrscheinlich jedoch auch ein weiterer Sturz um 80 Prozent nach einem neuen Höhenrausch nichts ändern, da das Modell weiterhin bestehen bleiben würde und die Technologie weiterhin ihre Zwecke erfüllt.

Die Deutsche Bank hat jüngst ebenfalls ein Statement zu Bitcoin abgegeben. Aus Sicht der Bank ist Bitcoin mittlerweile „zu wichtig, um es zu ignorieren“, jedoch wird der entscheidende Wendepunkt für die weitere Entwicklung des Bitcoin erst noch stattfinden.

Die Analysten der Deutschen Bank rechnen damit, dass der Bitcoin-Preis „weiter steigen könnte“, solange Vermögensverwalter und Unternehmen weiterhin in den Markt eintreten. Das Unternehmen betonte, dass Zentralbanken und Regierungen jetzt „verstehen, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen hier bleiben werden“ und daher voraussichtlich Ende 2021 mit der Regulierung beginnen werden.

Illiquidität als Hindernis?

Trotz der steigenden Bewertung könnte das Wachstum von Bitcoin als Anlageklasse durch seine „immer noch begrenzte“ Handelbarkeit und Liquidität behindert werden. „Die eigentliche Debatte ist, ob steigende Bewertungen allein Grund genug für Bitcoin sein können, sich zu einer Anlageklasse zu entwickeln, oder ob seine Illiquidität ein Hindernis darstellt“, erklärten die Analysten. Bitcoin wird voraussichtlich kurzfristig „ultravolatil bleiben“, so das Fazit der Studie.

Von Alexander Mayer

Titelfoto: 99Art / shutterstock.com

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