Ist der Tech-Sektor maßlos überverkauft? Ja, laut diesem Analysten
Die Zinswende und die Inflationsentwicklung bleiben ein hartnäckiges Thema für die Finanzmärkte und das dürfte auch in den nächsten Monaten so bleiben. Die Federal Reserve hatte am Mittwoch mit noch einmal ungewöhnlich deutlichen Worten klar gemacht, dass nun harte Geschütze gegen die Inflation eingesetzt werden.
Für die Aktienmärkte und die Wirtschaft dürfte das aller Wahrscheinlichkeit nach weiteren Druck bedeuten. Ein Großteil der Marktbeobachter hält einen Bärenmarkt und eine wirtschaftliche Rezession als Konsequenz für gegeben.
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Doch speziell für den Tech-Sektor, der in den letzten Monaten besonders unter dem Marktumfeld gelitten hat, äußerte sich nun Dan Ives, Analyst bei Wedbush Securities, in diesen Tagen ungewöhnlich optimistisch und hält den Sektor für deutlich zu überverkauft. „Offensichtlich werden Technologieaktien jetzt mit diesen jüngsten Makronachrichten abverkauft […] in einer Berichtssaison, in der Anleger das schlimmste befürchten“, sagte Ives. „Unserer Meinung nach weiß jeder Taxifahrer in NYC zu diesem Zeitpunkt über den bevorstehenden transparenten Straffungspfad der Fed Bescheid, und wir glauben, dass die Befürchtungen in Bezug auf eine grundlegende Verlangsamung des Tech-Sektors im Vergleich zu unseren jüngsten Sektor-Prüfungen in diesem Bereich weit übertrieben sind.“
Aufgrund der in Bezug auf KGV-Basis sehr günstigen Bewertung dürften die Ergebnisberichte des ersten Quartals laut dem Analysten eher ein positiver Katalysator denn ein negativer Faktor sein. „Unsere jüngsten Unternehmensprüfungen, gepaart mit gesunden Ergebnissen, zeigen eine digitale Transformation, die bis 2022 an Fahrt gewinnt und sich nicht verlangsamt und wir glauben, dass Investoren allgemein zum Ausgang gerannt sind und den Technologiesektor wahllos auf breiter Front verkauft haben, wobei sie alle Technologiewerte über einen Kamm geschert haben.“ Laut dem Analysten bieten sich Cloud-, Software-, Cybersicherheits- und Mikrochiphersteller aufgrund der überverkauften Bewertung daher als Kauf an.
Jetzt also Tech kaufen?
Es stimmt, dass die Einpreisung der Zinswende seit der Jahreswende den Tech-Sektor besonders hart getroffen hat und die meisten Werte des breiten Nasdaq-Index unter ihren 200-Tage-Trend getrieben hat. Technisch kann man durchaus von einer überzogenen Korrektur reden, die den fundamentalen wirtschaftlichen Begebenheiten vieler dieser Unternehmen nicht mehr entspricht.
Man muss jedoch auch bedenken, dass der Tech-Sektor im Zuge der Corona-Rally besonders stark gelaufen ist und alle anderen Sektoren deutlich outperformed hat. Die Korrektur hatte also mehr Spielraum nach unten, um bis zurück auf den Boden der Tatsachen zu führen.
Zudem sollte man angesichts der derzeitigen Lage keinen Wirtschaftssektor komplett separiert bewerten, da die systemischen Risiken durch die Inflation, die geopolitischen Unruhen und die Gefahr einer globalen Rezession das Potenzial für eine weitere Gesamtmarkt-Korrektur liefern, die auch den Tech-Sektor nicht ausschließt.
Auch hier ist es wieder eine Frage des Zeithorizonts. Langfristig orientierte Anleger können die teils extrem gebeutelten Tech-Werte als Einstiegspunkte für ein langristiges Investment nutzen. Auf kurz- bis mittelfristiger Ebene bleibt das Risiko für diesen Sektor genauso hoch, wie für alle anderen.
onvista-Redaktion
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