Bitcoin: Kryptowährung stürzt unter langfristige Unterstützung - DeFi-Schwergewicht Celsius Network bekommt Schlagseite und bereitet dem Krypto-Markt neue Sorgen - eine Einschätzung

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Die letzten Freitag veröffentlichten US-Inflationsdaten verbreiten erneut eine ungemütliche Stimmung an den Finanzmärkten, denn die erneut höher als erwartet ausgefallene Teuerungsrate lässt die am kommenden Mittwoch anstehende Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve einmal mehr zum entscheidenden Taktgeber für die weitere Kursrichtung werden. Eine weitere Erhöhung des Leitzinses um 0,5 Prozent ist bereits fest eingeplant, entscheidend werden jedoch die weiteren Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell auf der Pressekonferenz, ob das Institut sich genötigt sieht, die geldpolitische Straffung noch schneller voranzutreiben.

Während die Aktienmärkte die neue Woche mit deutlichen Kurseinbrüchen einläuten, hat der Krypto-Markt bereits über das Wochenende eine Breitseite abbekommen und weitet die Verluste am heutigen Montag noch einmal deutlich aus.

Bitcoin ist mit einem Minus von fast 13 Prozent auf ein Tief seit Dezember 2020 gefallen und notiert derzeit bei knapp unter 24.000 Dollar. Damit ist die Kryptowährung endgültig aus dem Seitwärtskanal der letzten Wochen und der langfristigen Unterstützungszone zwischen 28.000 und 30.000 Dollar ausgebrochen.

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Für Ethereum, die Nummer zwei hinter Bitcoin, sieht es noch schlimmer aus: Die Kryptowährung notiert mit 16,5 Prozent Minus auf einem Niveau von 1,228 Dollar. Auf Wochensicht steht ein Minus von über 30 Prozent zu Buche. Die Gesamtmarktkapitalisierung des Sektors ist mit dem jüngsten Crash um 12 Prozent auf noch knapp eine Billionen Dollar gefallen.

Führende DeFi-Lending-Plattform hat Schwierigkeiten

Während die neu entflammten Zins- und Inflationssorgen die Aktienmärkte und den Krypto-Sektor gleichermaßen belasten, leidet der Krypto-Markt gleich doppelt, da nach dem Desaster um Terra Luna und seinen gescheiterten US-Stablecoin UST vor ein paar Wochen nun ein weiteres Flaggschiff des DeFi-Sektors Schlagseite zu bekommen scheint.

Celsius Network, eine der führenden zentralisierten Krypto-Plattformen, die ihren Kunden Dienstleistungen im Bereich des DeFi-Sektors anbieten, hat heute bekannt gegeben, dass sämtliche Abhebungen von Kapital von der Plattform vorerst eingefroren werden. „Aufgrund der extremen Marktbedingungen geben wir heute bekannt, dass Celsius alle Abhebungen, Swaps und Überweisungen zwischen Konten pausiert“, sagte das Unternehmen am Montag in einem Memo an die Kunden. „Um unserer Verpflichtung nachzukommen und unseren Rahmen für das Risikomanagement einzuhalten, haben wir eine Klausel in unseren Nutzungsbedingungen aktiviert, die diesen Prozess ermöglicht. Celsius verfügt über wertvolle Vermögenswerte und wir arbeiten fleißig daran, unseren Verpflichtungen nachzukommen.“

Celsius bietet Kunden verschiedene Services für Lending und Borrowing im Krypto-Bereich an, also Kreditvergabe im Krypto-Sektor, indem Celsius das Kundengeld bei verschiedenen dezentralen Plattformen wie beispielsweise Aave anlegt und Zinsen erwirtschaftet. Celsius ist beliebt bei vielen Kunden, da die Plattform in der Regel höhere Zinsen als die marktüblichen anbietet. Celsius ist einer der größten Player im Sektor und hat derzeit etwa 8 Milliarden Dollar an Kunden vergeben und verwaltet etwa 12 Milliarden Dollar an eingelagerten Kundengeldern.

Der nun gemachte Schritt, die Abhebungen vorerst einzufrieren, hat jedoch für neue Panik gesorgt und dürfte ein Hauptgrund für den heutigen Abverkauf am Gesamtmarkt sein. Viele Anleger haben nun Bedenken, dass die Zahlungsfähigkeit von Celsius in Gefahr ist. Der Wert der vom Unternehmen verwalteten Vermögenswerte hat sich seit Oktober letzten Jahres, als Celsius noch etwa 26 Milliarden Dollar verwaltet hat, aufgrund des allgemeinen Marktrückgangs und Kundenabflüssen mehr als halbiert. Erst in der vergangenen Woche hatte das Unternehmen noch versichert, dass es keine Probleme gäbe, Auszahlungsanträge zu erfüllen.

Am Markt kursiert die Vermutung, dass Celsius ein großes Engagement in Terra Luna und dessen Stablecoin UST hatte und im Zuge des Kollapses des Projektes enorme Verluste erlitten hat. Das Unternehmen selbst hat diese Gerüchte bisher dementiert.

Im April sagte Celsius-CEO Alex Mashinsky gegenüber dem Nachrichtendienst CNBC, sein Unternehmen halte durchschnittlich 300 Prozent Sicherheiten für jedes Darlehen, das es Privatanlegern anbietet, während es für institutionelle Anleger unterbesicherte Darlehen vergibt. „Wir machen das jetzt seit fünf Jahren, länger als alle anderen“, so Mashinsky zu dem Zeitpunkt. "Das Geschäft läuft sehr gut."

Wie sollten Anleger damit umgehen?

Der Krypto-Bärenmarkt ist in vollem Gange, mit all seinen hässlichen Seiten. Projekte, die in der zurückliegenden bullischen Marktphase von Hype getragen und zu extremen Bewertungen aufgepumpt worden sind, müssen sich nun einem Realitätstest unterziehen. Mit Terra Luna hat es vor ein paar Wochen das erste der ganz großen Projekte getroffen – es wird wahrscheinlich nicht das letzte sein.

Da der breite Krypto-Markt, besonders im DeFi-Bereich, eng vernetzt ist, schlagen sich Rückschläge bei Einzelprojekten auch auf andere Projekte durch. Selbst wenn Celsius nicht direkt in Terra Luna und dessen Stablecoin involviert war, hat der Schock nach dem Kollaps dem Gesamtmarkt und der vorhandenen Liquidität Schaden zugefügt. Daran haben alle DeFi-Projekte zu knabbern.

Für Bitcoin selbst bedeutet das ebenfalls Druck, da das allgemeine Vertrauen leidet und in Bitcoin hinterlegtes Kapital an den DeFi-Märkten ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird und negative Effekte auf den Preis hat.

Derzeit ist das Umfeld für Altcoins besonders riskant, denn in dieser Marktphase gibt es kein Erbarmen für Projekte, die auf ihrer Anwendungsebene nicht komplett sattelfest sind. Eine kritische Lücke, wie bei Terra Lunas Stablecoin der Fall, kann in diesem Marktumfeld schnell zum Tod eines Projektes führen. Lehren kann man dabei aus der Phase 2017/18 ziehen, da im darauffolgenden Bärenmarkt ein Großteil der Projekte, die im ICO-Hype des Jahres 2017 finanziert und aufgebläht wurden, mittlerweile nicht mehr existieren oder zur Bedeutungslosigkeit verkommen sind.

Für Anleger, die eine Menge Zeit, Geduld und die Bereitschaft mitbringen, sich mittels intensiver Recherche in kleinere Projekte einzuarbeiten, ist das derzeitige Marktumfeld jedoch ein Segen, denn jetzt fällt der Markt in Bereiche, die starke Einstiegspreise bieten. Projekte, die im Bärenmarkt überleben und gute Produkte und Dienstleistungen hervorbringen, können in der nächsten bullischen Marktphase enorm profitieren und sich im Wert vervielfachen.

Für Bitcoin rückt erneut der 200-Wochen-Trend als langfristiger Indikator in den Fokus, der in der Vergangenheit den Boden eines Bärenmarktes signalisiert hat. Der Kurs kann kurzfristig deutlich darunterfallen. Auf Monatssicht sollte man jedoch nach einer charttechnischen Bestätigung bei dieser Marke die Augen offenhalten, sollte sich der Kurs bis in diese Zone bewegen.

Quelle: tradingview

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