Markt-Update: Europäische Börsen weiter unter Druck - branchenweit schlechte Stimmung - Deutsche Bank und Commerzbank mit deutlichen Verlusten, Vantage Towers und Aroundtown leiden unter Abstufung

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Die europäischen Börsen haben am Donnerstag erneut geschwächelt. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank am späten Vormittag um 0,59 Prozent auf 3444,21 Punkte, konnte sich im Sog stabilisierter US-Futures aber zuletzt etwas fangen. Der französischen Cac 40 gab um 0,62 Prozent auf 5880,07 Punkte nach. Der britische FTSE 100 büßte 0,43 Prozent auf 7058,52 Zähler ein. Der deutsche Leitindex Dax büßte 1,04 Prozent 13 007,70 Zähler ein, nachdem er bei etwas unter 12 940 Punkten zeitweise auf den tiefsten Stand seit März gesackt war. Der MDax der mittelgroßen Werte gab zuletzt um 2,26 Prozent auf 26 630,48 Zähler nach.

Einmal mehr standen die Märkte im Zeichen von Konjunktursorgen. Die Unternehmensstimmung im Euroraum hatte sich im Juni deutlich eingetrübt. Der Einkaufsmanagerindex von S&P Global fiel zum Vormonat um 2,9 Punkte auf 51,9 Zähler. Das ist der tiefste Stand seit knapp eineinhalb Jahren. Analysten hatten mit einer wesentlich moderateren Eintrübung auf 54,0 Punkte gerechnet.

"Der Rückgang ist die eine Sache, die andere, dass das Konjunkturbarometer im Trend nun schon seit einem Jahr fällt", kommentierte Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank. "Statt Nach-Corona-Boom herrscht Nach-Corona-Tristesse. Die Herausforderungen für die Industrie und Dienstleister könnten derzeit kaum größer sein." Doch nicht nur in Europa ist die Lage angespannt. So musste am Vorabend auch US-Notenbankchef Jerome Powell auf Nachfrage eingestehen, dass eine Rezession infolge höherer Zinsen "sicherlich eine Möglichkeit" ist.

Rohstoffwerte stehen weiterhin unter Druck

Rohstoffwerte ließen erneut Federn. Bereits am Vortag hatte der Sektor unter Rezessionsängsten und der damit verbundenen geringeren Nachfrage gelitten. Erneut äußerten sich auch Analysten skeptisch. Die Ära der Billiggeldpolitik sei vorbei, Metall- und Minenkonzerne sähen sich mit steigenden Zinsen und Rezessionsrisiken konfrontiert, so Alain Gabriel von Morgan Stanley. Rio Tinto sanken um knapp ein Prozent.

Branchenweit schlechte Stimmung

Auch konjunkturabhängige Sektoren standen auf den Verkaufslisten. So gehörten Auto- und Chemiewerte zu den größten Verlierern. Im Chemiesektor stand selbst ein mittelfristig vergleichsweise stabiler Titel wie Air Liquide unter Druck und fiel um 1,7 Prozent. Zudem weiteten die zinsempfindlichen Technologie- und Immobilientitel ihre Abgaben aus. Sie gehören mit den Einzelhandelsaktien zu den schwächsten Sektoren des ersten Halbjahres im Stoxx 600 Europa, wie der technische Analyst Jörg Scherer von HSBC feststellte.

Hoffen auf das zweite Halbjahr

Immerhin gibt es damit aber eine gewisse Chance auf bessere Kurse in der zweiten Jahreshälfte. "In 55 Prozent aller Fälle seit 2000 schlugen die drei Verlierer der ersten sechs Monate den Stoxx Europe 600 im zweiten Halbjahr", so Scherer. "Wer konsequent in der zweiten Jahreshälfte auf die Flop-3-Branchen der ersten setzte, kann sich seit Beginn des Jahrtausends über eine Wertentwicklung von 68 Prozent freuen und zeigt der Performance des Mutterindex damit deutlich die Rücklichter."

Swiss Life fallen negativ auf

Unter den Einzelwerten fielen Swiss Life mit 3,6 Prozent Minus auf. Sie setzten damit ihren Abwärtstrend fort. Händler verwiesen auf eine Studie der UBS, wonach sich die Zinserhöhung der SNB negativ auf den Immobilienbestand des Lebensversicherers auswirken könnte.

Deutsche Bank und Commerzbank verlieren deutlich

Mit Blick auf die Einzelwerte am deutschen Markt gaben im Dax zuvorderst die Aktien der Deutschen Bank nach und fielen um 4,5 Prozent. Im MDax verloren die der Commerzbank fast 6 Prozent. Sorgen, dass im Fall einer Rezession womöglich Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden könnten, belasteten.

Aroundtown von JPMorgan abgestuft

Ansonsten standen vor allem Umstufungen im Fokus, - und die bezogen sich auf Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe. So wurden Aroundtown von JPMorgan auf "Underweight" abgestuft, was die Aktie zeitweise mit einem Abschlag von mehr als zehn Prozent an das Ende des MDax katapultierte. Zuletzt gab sie 8,0 Prozent ab. Analyst Tim Leckie hält die Markterwartungen für zu optimistisch, gerade wenn sich die Konjunktur weiter verschlechtert.

Vantage Towers leiden ebenfalls unter Abstufung

Vantage Towers gaben um 6,7 Prozent nach. Der Optimismus der US-Bank Morgan Stanley zur Aktie der Vodafone-Sendemastentochter ist gewichen. Analyst Emmet Kelly stufte das Papier auf "Equal-weight" ab und senkte das Kursziel von 38 auf 32 Euro. Damit böte die Aktie allerdings immer noch ein Kurspotenzial von aktuell rund 25 Prozent.

Rheinmetall leiden unter gestrichener Kaufempfehlung

Zu Rheinmetall , die um 2,6 Prozent nachgaben, äußerte sich Analyst Richard Schramm von der britischen Bank HSBC vorsichtiger. Er strich unter anderem aus Bewertungsgründen seine Kaufempfehlung. Das Kursziel hob er von 220 auf 240 Euro an und verwies auf seine hochgesetzten Wachstumserwartungen für die Rüstungssparte des Konzerns. Skeptisch schaut er indes auf die Autozuliefersparte.

Salzgitter nach Vortagesrutsch leicht schwächer

Die Anteile von Salzgitter gaben im SDax nach einem Kurseinbruch am Vortag von 11 Prozent weitere moderate 0,6 Prozent ab. Die US-Bank Morgan Stanley stufte die Papiere des Stahlherstellers nun von "Underweight" auf "Equal-weight" hoch. Am gestrigen Nachmittag hatte Salzgitter zwar erneut die Prognose erhöht, doch eine Abstufung der Aktie durch die US-Bank JPMorgan und ihr kritischer Blick auf die Aussichten der gesamten europäischen Stahlbranche hatten die Anleger zuvor bereits verschreckt.

onvista/dpa-AFX

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