Kolumne

Konjunktur-Aussichten: Wie viel fehlt bis zur Krise?

Heiko Böhmer · Uhr
Quelle: Travel mania/Shutterstock.com

„Die Rezession schreitet weiter voran.“ Das ist das nüchterne Urteil der aktuellen sentix-Konjunkturumfrage für September. Die Aussage bezieht sich auf die Lage in der Euro-Zone. Besonders Deutschland als größte Volkswirtschaft steht im Fokus.

Bei uns sind die Einschätzung der Lage und auch die Erwartungen sehr schwach. Mit einem Wert von -21,5 Punkten rutscht der Gesamt-Konjunktur-Index nahe an das 12-Monats-Tief aus dem Juli 2023. Besonders auffällig: Die Einschätzung der aktuellen konjunkturellen Lage in Europa fällt tatsächlich auf den niedrigsten Stand seit 12 Monaten. 

Das Urteil von sentix fällt wie gewohnt eindeutig aus. So erklärt sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner: „Deutschland ist erneut ,der schwache Mann Europas'. Die völlig unzureichende Wirtschaftskompetenz in der politischen Führung und die enormen Unsicherheiten, die durch die Energie- und Stromkrise für die Wirtschaft bestehen, ziehen die deutsche Konjunktur immer tiefer in die Rezession.“ 

Rezession schreitet weiter voran 

Ganz klar: So klingt keine hoffnungsvolle Prognose, sondern eher eine massive Warnung vor einer weiteren Verschlechterung der konjunkturellen Lage und der Erwartungen nicht nur in Deutschland, sondern für die gesamte Euro-Zone. 

Wirklich interessant ist der klare Abwärtstrend bei der Einschätzung der konjunkturellen Lage. Der fünfte Rückgang in Folge in Deutschland spricht hier Bände. Und beim jetzigen Wert von -38 ist das Niveau von Juli 2020 wieder erreicht. Wir erinnern uns: Damals befanden wir uns in der massiven Corona-Krise. Der erste Lockdown war erst einige Wochen vorbei. Die Ungewissheit über die weitere Entwicklung der Pandemie war riesig. Wenn wir jetzt wieder auf dieses Stimmungsniveau abrutschen, ist es kein gutes Zeichen. 

Doch wie sieht es außerhalb der europäischen Währungsgemeinschaft aus? Auch dazu liefert die sentix-Umfrage aktuelle Ergebnisse: „Im internationalen Bereich messen wir eine deutliche Verschlechterung der US-Werte. In der Schweiz rutscht die Wirtschaft weiter ab und wir sind nahe an der Rezessions-Schwelle. Einziger Lichtblick bleibt die japanische Konjunktur, die von der laxen Zinspolitik und damit einhergehend einem schwachen Yen relativ profitiert“, erklärt dazu Manfred Hübner weiter. 

Auftragseingänge brechen deutlich ein 

Nun sind Einschätzung von Experten die eine Sache, die harten Fakten eine ganz andere. Doch auch hier hat es zuletzt kaum etwas Positives gegeben. Die Auftragseingänge in der Industrie sind im Juli so stark eingebrochen wie seit dem Höhepunkt der Corona-Krise im Frühjahr 2020 nicht mehr. Im Vergleich zum Vormonat ging es um 11,7 Prozent nach unten. Das meldete in dieser Woche das Statistische Bundesamt. Im Vorfeld lagen die Schätzungen bei einem Minus von 4 Prozent. Zudem hatte es in den beiden Monaten vorher noch deutliche Zuwächse bei den Aufträgen gegeben. 

Die Börsen halten sich in diesem Umfeld stabil – doch das kann sich schnell ändern, wenn ein größeres Kreditereignis im chinesischen Immobiliensektor oder auch in den USA weite Kreise ziehen sollte. 

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