Kolumne von Alexander Mayer

Wieso China den Bitcoin auf ein neues Allzeithoch hieven könnte

decentralist.de · Uhr
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Egal, in welcher Sphäre wir Menschen uns bewegen – es gibt immer Ankerpunkte, Muster oder von uns selbst geschaffene Rahmenbedingungen, an denen wir uns orientieren. An den Finanzmärkten und speziell im Krypto-Sektor gilt das ganz besonders. Bitcoin hat in den Jahren seit seiner Entstehung ein Chart-Bild gezeichnet, welches eine deutlich zyklische Preisbewegung erkennen lässt. 

Wird die Wirkung des Halvings überschätzt?

Das prominenteste Modell, das eine Erklärung für diese zyklischen Bewegungen liefern möchte, ist das des sogenannten Bitcoin Halvings. Darunter versteht man, dass das Angebot neuer Bitcoin alle vier Jahre halbiert wird. Und da die Nachfrage im langfristigen Bild bisher kontinuierlich gestiegen ist, hat sich die regelmäßige Halbierung der Produktion als sehr positiver Faktor für den Preis herausgestellt – so die nachvollziehbare Argumentation hinter diesem Modell.

In den Augen vieler Krypto-Investoren ist das Halving daher der maßgebliche Orientierungspunkt, wenn man die Zyklen aus der Investment-Perspektive bestimmen möchte. Der grobe Fahrplan war bisher wie folgt: Bereits im Jahr vor dem nächsten Halving kämpft der Bitcoin-Kurs sich aus einem Bärenmarkt zurück. Das Jahr des Halvings – und vor allem die Monate nach dem Ereignis – stellt jedoch den eigentlichen Start des Bullenmarktes dar. Der entwickelt sich dann bis in das Folgejahr hinein, gefolgt von einem weiteren Bärenmarkt, in dem die Exzesse nach oben wieder aus dem Markt herausgewaschen werden.

Allerdings könnten viele Marktteilnehmer die Relevanz des Halvings für die zyklischen Preisbewegungen von Bitcoin deutlich überschätzen. Das Halving ist zwar ein Faktor, der die Gleichung von Angebot und Nachfrage definitiv beeinflusst. Doch die makroöknomischen Daten deuten darauf hin, dass das Halving lediglich ein unterstützender Faktor ist. In den größeren Preiszyklus, der als der eigentliche Haupttreiber angesehen werden kann, fügt er sich eher aus Zufall sehr gut ein.  

Es geht nur um Liquidität

Bei diesem übergeordneten Zyklus handelt es sich um die Liquiditätszyklen der Zentralbanken weltweit. Die Notenbanken haben im Laufe der vergangenen Jahrzehnte durch ihre Interventionen in Wirtschaft und Finanzmärkte Einfluss auf die Kursentwicklung sämtlicher Vermögenswerte genommen. Sie schalten und walten an dem zugrunde liegenden Werkzeug, das sämtliche wirtschaftlichen Interaktionen und auch den Nennwert sämtlicher handelbarer Gegenstände und Dienstleistungen bestimmt: Geld. 

Phasen der massiven Liquiditätsausweitung folgen Phasen der geldpolitischen Straffung und damit einer Verringerung der Liquidität. So versuchen die Notenbanken, den Spagat zwischen einer auf Hochtouren laufenden Wirtschaft mit annähernd Vollbeschäftigung und einer gleichzeitig erträglichen Inflation zu meistern. Dieser Fluss des Geldes von den Zentralbanken findet seinen Weg in die Finanzmärkte und treibt die Preise von Vermögenswerten in die Höhe. 

Bitcoin ist aufgrund seiner digitalen Limitierung besonders gut geeignet, um auf diese fortlaufende Geldmengenveränderung zu reagieren. Die Kryptowährung als vollkommen autonom funktionierendes Netzwerk bietet einen Anreiz, Kapital darin zu parken. Zum einen ist Bitcoin auf struktureller Ebene nicht von den Problemen betroffen, die als Folge der geldpolitischen Interventionen auftreten können. Zum anderen liefert die mathematisch festgelegte Limitierung einen enormen Hebel, da im Gegenzug die Druckerpressen der Notenbanken kein Limit kennen.

Woher kommt die Liquidität?

Die Korrelation zwischen der Geldmengenveränderung und der Bitcoinpreisentwicklung ist extrem eng. Seitdem diese sich Anfang des Jahres wieder nach oben entwickelt hat, ist auch Bitcoin gestiegen. In Phasen, in denen die globale Geldmenge steigt, hat Bitcoin sogar Tech-Werte (gemessen am Nasdaq 100) übertroffen, die als sehr risikobehaftete Anlageklasse ebenfalls stark von diesen Bedingungen profitieren.

Dass die globale Geldmenge aktuell wieder anzieht, hat mehrere Gründe. Die USA sind zwar offiziell immer noch im Modus einer straffen Geldpolitik. Doch hinter den Kulissen wird die Liquidität bereits fleißig wieder ausgeweitet. Das hat im Grunde bereits im März 2023 angefangen, als die ausgebrochene Bankenkrise in den USA die US-Notenbank Federal Reserve gezwungen hat, ein Notfall-Liquiditätsprogramm für Banken auszurufen. 

Zudem ist die exzessive Schuldenaufnahme der US-Regierung ebenfalls ein Faktor. Um die derzeit hohen Zinsen nicht bei langen Laufzeiten einzufangen, gibt das Finanzministerium derzeit vermehrt kurz laufende Anleihen aus. Das freut den Geldmarkt, denn liquide Schuldscheine mit hohem Ertrag werden gerne gekauft. Sogar so gerne, dass das Geld aus dem Reverse Repo Programm (RRP) der Federal Reserve (das ebenfalls hohe Zinsen abwirft) herausgezogen und in die entsprechenden Anleihen umgeschichtet wird. Das entspricht einer Netto-Liquiditätszufuhr für die Märkte. 

Das RRP ist ein geldpolitisches Instrument, bei dem die Fed Wertpapiere mit der Verpflichtung zum Rückkauf an einem späteren Termin verkauft, um kurzfristig Liquidität aus dem Bankensystem zu absorbieren. Das wurde nach dem Heißlaufen der Druckerpresse im Zuge der Pandemie rege genutzt, um die überschüssige Liquidität im Tausch gegen attraktive Zinsen zu parken. In der Spitze waren 2,4 Billionen Dollar im RRP geparkt. Doch seit Sommer 2023 leert es sich rapide (siehe Chart unten) – und ist im Endeffekt eine Liquiditätsinjektion für die Märkte.

Quelle: Quelle: Federal Reserve

Im Zuge des jüngsten Zinsentscheids der US-Notenbank hat der Vorsitzende der Federal Reserve, Jerome Powell, zudem de facto das Ende der Zinserhöhungsphase eingeleitet und Zinssenkungen für 2024 in Aussicht gestellt.

In Sachen Liquiditätszufuhr könnte der Elefant im Raum jedoch im fernen Osten zu finden sein. China ist wirtschaftlich schwer angeschlagen aus der Pandemie und den langen Lockdowns gekommen. Die erhoffte Erholung ist bisher ausgeblieben. Gleichzeitig belastet der angeschlagene Immobilienmarkt das Land. Denn die dort seit Jahrzehnten gewachsene Blase droht zu implodieren. Es gibt nur einen Weg, um schnell wieder aus dieser Sache herauszukommen: günstige Kreditbedingungen und Stimuli, um den schwächelnden Markt zu unterstützen.

Dreht auch China die Liquiditätszufuhr auf, wäre das höchstwahrscheinlich sehr positiv für Bitcoin. Sollte sich der nächste globale Liquiditätszyklus nun also tatsächlich ausspielen, könnte Bitcoin sich ganz unabhängig vom Halving in den nächsten Bullenmarkt begeben. Dann wären auch viel früher als nach dem Halving neue Rekordstände möglich. Und: Der Bullenmarkt könnte auch schneller wieder enden, als es das klassische Halving-Zyklus-Modell suggeriert. Nach dem gehen die meisten eher von einem Krypto-Bullenmarkt bis in das Jahr 2025 hinein aus.

Denken Sie langfristig!

Keine Anlageklasse ist so chancenreich und gleichzeitig so gefährlich wie der Krypto-Sektor. In meinen Jahren als Investor in diesem Bereich habe ich aufgrund der Komplexität dieses Marktes einige Fehler gemacht. Welche das waren und wie Sie diese Fehler vermeiden können, erfahren Sie in dieser Video-Ausgabe von decentralist.

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