Quartalszahlen im Check

Diese Kennzahlen zeigen die Misere bei Volkswagen

onvista · Uhr

Heute Morgen hat der Konzern seine Zahlen für die ersten drei Quartale des laufenden Jahres vorgelegt. Sie offenbaren, wo es im Reich des Autoriesen besonders klemmt. Eine Analyse.

Quelle: Ralf Liebhold/Shutterstock.com

Die E-Auto-Strategie geht nicht auf, die Auslieferungen sind rückläufig und der Gewinn ist eingebrochen: Die am Mittwoch veröffentlichten Zahlen zum dritten Quartal des Autobauers sehen düster aus. Der Aktienkurs der Volkswagen-Aktie unterstreicht diesen Abwärtstrend noch: Seit April 2021 haben die Anteilsscheine der Wolfsburger rund zwei Drittel an Wert eingebüßt (Chart unten).

Volkswagen steht vor einem tiefgreifenden Umbau. Der Vorstand hat einen radikalen Sparkurs angekündigt, der mit drastischen Maßnahmen wie Werksschließungen und Stellenabbau einhergeht. Die Gewerkschaften lehnen diese Pläne entschieden ab und haben bereits zu Protesten aufgerufen. Die Zahlen für die ersten neun Monate des laufenden Jahres zeigen die ganze Misere des VW-Konzerns.

Volkswagen: Umsatz steigt leicht, Gewinn bricht ein

VW kann zumindest auf der Umsatzseite einen kleinen Erfolg vermelden: Er stieg um 0,9 Prozent oder über zwei Milliarden Euro. Doch dieses bescheidene Plus konnte VW nicht in Gewinn umwandeln, der um 30 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro nachgab.

Absatz und Auslieferungen brechen ein

Sowohl Produktion, Verkauf (Absatz) und Auslieferung sind allesamt gesunken.

Unter Absatz versteht man den Abschluss eines rechtsverbindlichen Kaufvertrags, wodurch der Kunde einen Anspruch auf Auslieferung erhält. Zwischen dem Absatz und der Auslieferung als physische Übergabe kann eine gewisse Zeit vergehen.

VW lieferte in den ersten neun Monaten über 506.000 vollelektrische Fahrzeuge aus und damit 4,7 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Positiv waren allerdings die Zahlen für die Plug-in-Hybridmodelle (siehe Infobox), die um über neun Prozent auf über 190.000 Modelle stiegen.

Ein Plug-in-Hybridmodell ist ein Fahrzeug, das sowohl mit einem Verbrennungsmotor als auch mit einem Elektromotor ausgestattet ist. Der entscheidende Unterschied zu einem normalen Hybridfahrzeug liegt darin, dass die Batterie eines Plug-in-Hybrids über eine Steckdose aufgeladen werden kann.

Die Zahl der Auslieferungen elektrifizierter Fahrzeuge ging insgesamt um 1,3 Prozent zurück, während ihr Anteil an den Gesamtauslieferungen des Konzerns sich im Jahresvergleich leicht um 0,2 Prozentpunkte auf 10,7 Prozent besserte.

Die jüngsten Verkaufszahlen aus China sind dagegen alarmierend. Mit einem Rückgang von über zehn Prozent auf knapp über zwei Millionen Fahrzeuge verzeichnet Volkswagen dort erhebliche Verluste. Angesichts des hohen Anteils Chinas am Gesamtumsatz von rund einem Drittel sind diese Einbußen ein schwerer Schlag für den Konzern.

Volkswagen: Die China-Strategie geht nicht auf

Volkswagen verfolgt mit seiner Strategie „in China für China“ einen agileren Ansatz in der E-Mobilität. Durch eine Fokussierung auf die spezifischen Bedürfnisse des chinesischen Marktes und eine beschleunigte Entwicklung sollen neue Elektrofahrzeuge schneller auf den Markt gebracht werden. Ziel ist es, die Entwicklungszeit um etwa ein Drittel zu reduzieren und so die hohe Wettbewerbsintensität in China zu meistern.

Der chinesische Markt für Elektrofahrzeuge ist ein hart umkämpftes Terrain. Die zahlreichen Wettbewerber setzen die Preise unter Druck und reduzieren die Profitmargen der Hersteller. Bisher hat es VW nicht geschafft, sich auf die veränderten Bedingungen in China einzustellen.

Volkswagen: Die Fixkosten steigen

Die Investitionsquote im VW-Automobilbereich ist von 12,5 Prozent auf 13,6 Prozent gestiegen. Darunter fallen etwa Aufwendungen für den Ausbau der E-Mobilität, wie zum Beispiel die In-China-für-China-Strategie. Sollten sich die Hoffnungen nicht erfüllen, drohen hier Abschreibungen. Interessierte Anleger sollten daher die Entwicklung genau beobachten.

Ebenfalls belastend wirken sich die im dritten Quartal abermals gestiegenen Vorräte aus.

Vorräte sind alle Güter, die ein Unternehmen zur späteren Verwendung oder zum Verkauf lagert. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des Umlaufvermögens und dienen dazu, die Produktionsprozesse aufrechtzuerhalten, die Nachfrage zu befriedigen und Schwankungen in der Produktion oder der Nachfrage auszugleichen.

Die Vorräte stiegen um zwölf Prozent auf über 60 Milliarden Euro. Steigende Vorräte sind kein Problem, wenn die Verkaufszahlen steigen. Denn dann sorgt das Unternehmen vor, um die Nachfrage bedienen zu können. Doch das ist nicht der Fall: Die Auslieferungen und die Absätze an neuen Fahrzeugen sind gesunken und nichts deutet derzeit daraufhin, dass sich daran kurzfristig etwas ändern wird.

Besonders zwei Positionen sind gestiegen: Fertige Erzeugnisse (produzierte Fahrzeuge) und unfertige Erzeugnisse (Fahrzeuge oder Einzelbestandteile, die sich in unterschiedlichen Stadien der Produktion befinden.)

Im Gegensatz zu Rohstoffen, die leichter veräußert werden können, sind die unfertigen Erzeugnisse stark an die spezifischen Modelle von Volkswagen gebunden. Ein Abstoßen dieser Bestände ist daher mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.

Volkswagen: Baldige Erholung nicht zu erwarten

Die aktuellen Zahlen für die ersten neun Monate zeichnen ein düsteres Bild und lassen wenig Hoffnung auf eine baldige Erholung. Doch diese Kennzahlen spiegeln lediglich die Vergangenheit wider. Die im September veröffentlichte Ad-hoc-Mitteilung und die Ankündigung des Vorstandes, Werke zu schließen und die Gehälter zu kürzen, lassen noch weitere schwierigere Bedingungen erwarten, die die Zahlen weiter nach unten drücken werden.

Gesenkte Prognose im Überblick

Grund für diese Meldung war ein herausforderndes Marktumfeld, der Rückgang der Fahrzeuge sowie auch die Schließung des Audi-Standorts in Brüssel, das in der Ad-hoc-Meldung als „Umstrukturierung des Standorts“ bezeichnet wurde. 

Das wird Volkswagen in Zukunft noch belasten

In Deutschland sollen drei Werke geschlossen werden. Das ist noch nicht endgültig, aber der Vorstand scheint fest entschlossen, dies durchzuziehen. Sollte er damit durchkommen, muss er weitere Abschreibungen durchführen, die die Zahlen weiter belasten dürften. 

Auch der Faktor Gewerkschaften spielt eine Rolle: Sie werden dem Stellenabbau nicht tatenlos zuschauen. Auch wenn sie ihn nicht gänzlich verhindern können, werden sie vermutlich Abfindungen aushandeln, die VW in nächster Zeit weiter belasten werden.

Die Forderung des Vorstands nach einer zehnprozentigen Gehaltskürzung stößt auf noch größeren Widerstand bei den Gewerkschaften. Angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten in den vergangenen Jahren ist ein solcher Schritt für die Mitarbeiter kaum akzeptabel. VW-Finanzchef Arno Antlitz begründet die Forderung nach Gehaltskürzungen mit der Notwendigkeit, die Kosten zu senken und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten. Um wettbewerbsfähige Preise anbieten zu können, müsse die Kostenbasis reduziert werden.

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