US-Zölle: Liegt das Schlimmste schon hinter uns?
Heiko Böhmer
Vier Wochen machen an der Börse so viel aus – nach dem Zollschock machen sich auch in den USA langsam wieder Entspannung und sogar Optimismus breit. Lohnt sich für Anleger nun wieder der Blick in Richtung US-Titel?

Vier Wochen machen an der Börse so viel aus – schauen wir doch einfach vier Wochen zurück: Der Zollschock von Donald Trump hatte die Börsen noch stark im Griff. Viele Aktien hatten in den Tagen zuvor 20 Prozent und mehr an Wert verloren. Unsicherheit überall und Zölle auf einem Niveau, wie es sie lange nicht gegeben hatte, an der Spitze sicherlich die Strafen gegenüber China mit Zöllen bei manchen Produktkategorien von 150 Prozent und mehr.
Jetzt sind nicht nur vier Wochen vergangen. Jetzt hat sich die Lage doch deutlich entspannt. Erste Absprachen zwischen China und den USA deuten ganz klar auf Entspannung. Das Gesetz des Stärkeren – von dem die USA bei der Zollauseinandersetzung oft zu ihren Gunsten profitieren, wirkt eben nicht gegenüber dem asiatischen Boomland.
China hat die USA bei bestimmten Produktgruppen wie Computer-Chips oder bestimmten Rohstoffen wie Seltenen Erden eben im Griff. Wenn China nicht liefert, stehen in den USA etliche Produktionsstätten still. Das mag für einen kurzen Zeitraum gehen, doch wenn die US-Wirtschaft nicht komplett abstürzen soll, sind hier schnelle Klärungen gefragt.
Globale Fondsmanager werden wieder optimistischer
Aber welche Auswirkungen wird die aktuelle US-Handelspolitik auf die weitere konjunkturelle Entwicklung haben? Das war eine der Fragen in der aktuellen Fondsmanager-Umfrage der Bank of America.
Grundsätzlich sind die globalen Fondsmanager in diesem Monat weniger pessimistisch. Nur noch 59 Prozent erwarten auf Sicht der kommenden zwölf Monate ein schwächeres globales Wirtschaftswachstum. Das waren noch 82 Prozent vor einem Monat. Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession schätzt jetzt nur noch ein Prozent der Fondsmanager als real ein - das waren noch 42 Prozent vor einem Monat.
Spannend ist auch der Blick auf die konkreten Zölle: Zum Zeitpunkt der Umfrage gingen die Fondsmanager von einem endgültigen Zollsatz von 37 Prozent gegenüber China aus. Diese Einschätzung kam jedoch vor der aktuellen Annäherung der beiden Länder zustande, weil die Umfrage da schon abgeschlossen war.
Die Verunsicherung schwächt sich ab
Diese Ergebnisse zeigen ganz deutlich: Die starke Verunsicherung an den Märkten hat sich abgeschwächt. Von Euphorie sind die ebenso weit entfernt wie von Rekordkursen in den USA. Aber selbst die breiten Indizes haben zuletzt wieder deutlich zugelegt.
Beispiel Nvidia: Der wichtigste KI-Wert hat in den vergangenen Monaten eine regelrechte Achterbahnfahrt an der Börse erlebt. Nach dem Rekordhoch im Februar rauschte der Aktienkurs in der Spitze um 43 Prozent nach unten – nur um jetzt wieder um 55 Prozent zu steigen.
Aktuell kein kompletter Favoritenwechsel an den Börsen
Insofern erleben wir auch keinen kompletten Favoritenwechsel an den Börsen. Wir erleben vielmehr eine Normalisierung des US-Gewichts in vielen Indizes. Das verdeutlicht der Blick auf den MSCI World. Erst Anfang 2025 entfielen etwas mehr als 72 Prozent der Indexgewichtung auf die USA. Das hat sich jetzt etwas verringert auf 70,3 Prozent.
Insofern sollten Investoren weiter den Blick in Richtung Wall Street richten – aber vielleicht den Anteil der europäischen Aktien etwas erhöhen. Dafür sprechen mindestens zwei Punkte. Erstens: Europäische Aktien sind deutlich günstiger als die US-Konkurrenz. Zweitens dürften mittelfristig – also auf Sicht von mindestens sechs Monaten – die weitreichenden Investitionsprogramme auf EU-Ebene oder direkt bei uns in Deutschland doch positive Auswirkungen haben.
Dennoch bleibt das Thema Zölle vorerst eine Belastung, denn trotz der aktuellen Entspannung zwischen den USA und China sind viele Zölle nur ausgesetzt. Die Bewährungsprobe für die Trump-Administration, Deals mit vielen Ländern abzuschließen, steht noch aus.