Kolumne von Alexander Mayer

Der Tag „X“ in den USA droht im August – was das für Bitcoin bedeutet

decentralist.de · Uhr

Regelmäßig streiten sich Demokraten und Republikaner in den USA um die Schuldenobergrenze. Auch aktuell drängt die Zeit wieder - im August ist das Konto der US-Regierung ohne neue Schulden leer. Das hat auch Einfluss auf Kryptowährungen wie Bitcoin.

Quelle: Popel Arseniy/Shutterstock.com

Seit dem ersten Januar 2025 ist die US-Schuldengrenze wieder aktiv, nachdem sie im Juni 2023 temporär ausgesetzt wurde. Das US-Finanzministerium arbeitet seitdem mit „außerordentlichen Maßnahmen“, um die Geschäfte der Regierung weiterhin am Laufen zu halten. Die Schuldenobergrenze ist ein seit Jahrzehnten in den USA herrschendes Gesetz, das dazu dienen soll, die Kreditaufnahme des Staates nicht ausufern zu lassen.

Angesichts des 36 Billionen Dollar großen Schuldenberges der USA wird jedoch schnell klar, dass es sich dabei nicht wirklich um ein ernstgemeintes politisches Ziel handelt. Die Obergrenze ist im Laufe der Zeit bereits unzählige Male angehoben oder temporär ausgesetzt worden. 

Republikaner und Demokraten haben bisher immer eine Einigung gefunden, doch mit der zunehmenden Polarisierung der beiden Parteien in den letzten Jahren ist auch eine Einigung zuletzt immer schwieriger geworden. Ein „Last Minute“-Deal, der für eine Menge Unsicherheit an den Märkten, teilweisen Shutdowns von Behörden und einem wachsenden Vertrauensverlust in die Stabilität der USA geführt hat, ist mittlerweile ein trauriger Bestandteil der Schuldenobergrenze.

Finanzminister Bessent läuft die Zeit davon

Der aktuelle Finanzminister Scott Bessent hat das Erreichen des Tags „X“ – also des Termins, an dem das Finanzministerium keine Mittel mehr hat, um die Regierungsgeschäfte zu bedienen – für August prognostiziert, ein genaues Datum wollte er jedoch bisher nicht nennen. Bis dahin muss die Regierung sich auf eine neue Anhebung oder Aussetzung der Schuldenobergrenze einigen.

US-Präsident Donald Trump hat sich bereits mehrfach dafür ausgesprochen, das Gesetz endgültig abzuschaffen. Eine deutliche Erhöhung der Schuldenobergrenze könnte Teil des geplanten „Big Beautiful Bill“ sein, dass Trump im Sommer durch den Kongress bringen möchte.

Dabei handelt es sich um ein umfassendes Gesetzespaket, das Steuersenkungen und Ausgabenreformen umfasst, darunter die Verlängerung der Trump-Steuervergünstigungen von 2017 und neue Steuerbefreiungen, wie keine Steuer auf Trinkgelder oder Überstunden. 

Die Entscheidung zur Schuldenobergrenze ist eng mit dem Gesetz verbunden, da es eine Erhöhung der Grenze um vier bis fünf Billionen Dollar enthält – unter anderem, um die Steuersenkungen zu finanzieren. Politisch ist das Gesetzespaket sehr umstritten, da Prognosen verschiedener Wirtschaftsexperten eine Ausdehnung des Staatshaushaltsdefizites der USA um bis zu 2,4 Billionen Dollar sehen.

Wie ist die aktuelle Lage?

Derzeit leert das US-Finanzministerium den Treasury General Account (TGA) zur Bedienung der Staatsausgaben. Dabei handelt es sich um das „Konto“ der Regierung bei der Federal Reserve. In den letzten Jahren ist der TGA immer wieder reichlich aufgefüllt worden, da ein Streit bis zur letzten Minute zwischen beiden politischen Lagern mittlerweile regelmäßig nach Erreichen der Schuldenobergrenze vorkommt.

Eine Grafik aus der Datenbank der St. Louis Federal Reserve
Quelle: FRED, Federal Reserve Bank of St. Louis

Seit Jahresanfang sind etwa 500 Milliarden Dollar aus dem TGA entleert worden. Das entspricht einer Netto-Liquiditätsinjektion in die Märkte, da es sich bei dem TGA um einen isolierten Topf bei der Federal Reserve handelt. Die US-Steuersaison im April hat das TGA temporär wieder ansteigen lassen. Unternehmenssteuern und Quartalssteuern könnten im Juni zu einem weiteren temporären Anstieg führen. Laut Finanzminister Bessent dürfte das TGA jedoch bis August ausgetrocknet und die USA nicht mehr zahlungsfähig sein.

Was bedeutet das für die Märkte?

Aktuell steigt die Liquidität durch die Entleerung des TGA, was ein positiver Faktor für die Kursentwicklung von Vermögenswerten ist. Vor allem Bitcoin profitiert davon aufgrund seiner starken Korrelation mit der Liquidität an den Märkten.

Gleichzeitig schwindet aufgrund der Schuldenobergrenze das Angebot an T-Bills am Markt, da immer mehr kurzlaufende Anleihen auslaufen und das Finanzministerium aktuell keine neuen Anleihen ausgeben kann. Seit der starken Zinserhöhungsphase der Federal Reserve, die 2022 ihren Anfang genommen hat, ist eine Menge Kapital aufgrund der lukrativen Zinsen in Geldmarktfonds geflossen. Aktuell stecken mehr als sieben Billionen Dollar in Geldmarktfonds. Die hohe Nachfrage und das seit Anfang des Jahres schwindende Angebot von T-Bills haben die Zinsen kurzlaufender Anleihen nach unten gedrückt. Das macht diesen Markt – zumindest etwas – weniger attraktiv für Investoren.

Das heißt isoliert betrachtet, solange die Schuldenobergrenze aktiv bleibt, die Liquiditätsausweitung weitergeht und Geldmarktfonds weniger Kapazität für Kapital anbieten, könnte das Umfeld positiv für Aktien und Bitcoin bleiben. Sobald das Finanzministerium wieder neue Anleihen ausgeben kann, wird die Entleerung des TGA aufhören und es wird voraussichtlich eine neue Flut an T-Bills auf den Markt kommen.

Kolumne von Alexander Mayer
Der Tag „X“ in den USA droht im August – was das für Bitcoin bedeutet · Uhr · decentralist.de
Der Tag „X“ in den USA droht im August – was das für Bitcoin bedeutet
Kolumne von Alexander Mayer
Wieso immer mehr Unternehmen auf Bitcoin setzen · Uhr · decentralist.de
Wieso immer mehr Unternehmen auf Bitcoin setzen
Kolumne von Alexander Mayer
Warum bald noch mehr Geld in die Märkte strömt · Uhr · decentralist.de
Bitcoin
Kolumne von Alexander Mayer
Der Bitcoin-Zyklus hat das Potenzial, in eine Verlängerung zu gehen · Uhr · decentralist.de
Der Bitcoin-Zyklus hat das Potenzial, in eine Verlängerung zu gehen

Laut Meinungen wie unter anderem von Analysten von Barclays könnten zwischen 1,4 und 2 Billionen Dollar neue T-Bills bis Ende 2026 ausgegeben werden. Dies wird die Renditen kurzlaufender Anleihen wieder steigen lassen und Kapital in Geldmarktfonds ziehen. Gleichzeitig dürfte das Finanzministerium den Treasury General Account wieder auffüllen, was die Liquiditätsentwicklung an den Märkten hemmen dürfte. 

Angenommen eine Einigung wird bis Ende Juli erreicht, könnte in diesem Zeitraum durchaus eine Schwächeperiode für die Märkte und vor allem für den Bitcoin-Preis anstehen – auch in Kombination mit den üblichen saisonalen Mustern des Marktes, der im Sommer oft schwächelt. Das dritte Quartal ist historisch betrachtet das schwächste für Bitcoin.

Was bedeutet das langfristig?

Den USA bleibt keine andere Wahl, als die Schuldenobergrenze anzuheben, da sonst ein Zahlungsausfall droht und dies sehr schwerwiegende Konsequenzen für die globalen Märkte hätte. Zudem wird laut Trumps geplantem „Big Beautiful Bill“ ersichtlich, dass weiterhin kein Abbau des Staatshaushaltsdefizits in Aussicht steht. Die Regierung scheint weiterhin den Plan zu verfolgen, sich aus den Schulden durch ein starkes Wirtschaftswachstum, angetrieben von Deregulierung und Steuersenkungen, „herauszuwachsen“. Kein unmögliches, aber ein sehr schwieriges Unterfangen.

Das wiederum stellt weiterhin eine wachsende Vertrauenskrise in das Dollar-System in Aussicht. Ausländische Käufer für Staatsanleihen fallen vermehrt weg, während der Bedarf nach neuen Krediten wächst. Eine geldpolitische Lösung wird wahrscheinlicher. Eine geplante Änderung der Fremdkapitalrisikoregelungen für US-Geschäftsbanken dürfte hier das Mittel der Wahl sein, wie in meiner letzten Kolumne beschrieben.

Das stellt, in Kombination mit weiterer geldpolitischer Lockerung in anderen Teilen der Welt, eine weitere Ausweitung der Liquidität durch geldpolitische Einflussnahme in Aussicht und liefert den Spielraum dafür, dass der Bitcoin-Kurs weiter klettern kann. Einerseits durch die reine Liquiditätsentwicklung im langfristigen Bild und andererseits durch den damit einhergehenden weiteren Vertrauensverlust in die Fähigkeit der USA, das aktuelle System stabil zu halten.

Denken Sie langfristig!

Mit welcher Strategie die USA aus ihrer Schuldenkrise herauskommen wollen und warum das für eine massive Bitcoin-Rally sorgen kann, erfahren Sie in der aktuellen Analyse auf decentralist.

onvista Premium-Artikel

Kolumne von Stefan Riße
Noch immer lässt die Blockchain-Revolution auf sich wartengestern, 14:30 Uhr · Acatis
Noch immer lässt die Blockchain-Revolution auf sich warten
Wirecard
"Im Prinzip war das ein Panikkauf"19. Juni · onvista
"Im Prinzip war das ein Panikkauf"

Das könnte dich auch interessieren